Hotellerie in der Transformation: nachhaltig, digital und attraktiv für tolle Mitarbeiter*innen

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Kaum eine Branche hat in den Jahren der Pandemie mehr Federn lassen müssen als die Hotellerie. Einbußen zwischen 50 und 80%, viele Mitarbeiter*innen haben nicht nur die Betriebe, sondern gleich die Branche verlassen und jetzt, wo man sich vorsichtig wieder auf eine Auslastung wie 2019 freuen durfte, bringt die Ukraine-Krise den nächsten Dämpfer. Gerade jetzt sind auch noch die staatlichen Hilfen weg und in Asien sorgen weitere Lockdowns für Probleme. Schwierige Zeiten also noch immer, aber genau in solchen Zeiten ist der Austausch umso wichtiger. Deswegen bereiten wir auch 2022 unsere Hotel Optimal Konferenzen vor und laden dazu unser Hotellerie Advisory Board ein, über die aktuellen Trends und Herausforderungen zu sprechen.

Mit dabei: Kurt Hummel, General Manager, Das Sieben Ivona Meissner, Director of Hotel Development Austria & CEE at BWH Hotel Group Nicolai Padoan Elisabeth Perwanger, Country Manager Upscale hotels und Geschäftsführerin Austria bei Deutsche Hospitality Angelika Ponecz, General Manager im Grand Ferdinand Hotel in Wien Oliver Röhrl, Hoteldirektor, Strandhotel Seehof Stefan Urdl, CIO, Vienna House Matthias Winkler, CEO, Hotel Sacher Wien

Die Erwartungen der Gäste sind gestiegen

„Die Menschen sind die gleichen geblieben, wollen aber immer mehr und auch immer weniger dafür bezahlen“, so nimmt Sacher CEO Matthias Winkler die aktuelle Entwicklung wahr. Auch Kurt Hummel vom ‚Das Sieben‘ berichtet von gestiegenen Erwartungshaltungen, aber auch davon, dass Angebote in Richtung seelischer und körperlicher Gesundheit vermehrt angenommen werden. So konnte er den Spa- und Wellnessbereich ausbauen und sein Angebot erweitern.

Leider hat die Solidarität aus der Corona Zeit nicht allzu lange gehalten und so bleibt die Wertschätzung oder gar Dankbarkeit gegenüber dem Hotelpersonal aus. Vorbei ist die Toleranz gegenüber einer reduzierten Menükarte oder kürzeren Öffnungszeiten.

Die Preissensibilität der Kund*innen ist durchaus mit dem Risiko verbunden, dass Dumpingpreise den ganzen Markt destabilisieren. Nicolai Padoan – Hotel Asset Manager- bricht hier eine Lanze für dynamisches Pricing und Revenue Management. „Wir dürfen uns nicht schämen, für mehr Leistung auch mehr Geld zu verlangen.“, so der Experte. Auch die Konzentration auf Neukundengewinnung sieht er als notwendig, da Gäste, die nur einmal kommen, deutlich mehr Geld ausgeben, als wiederkehrende Gäste. Hier zu investieren, lohnt sich allemal, zumal – so Angelika Ponecz, Direktorin des Grand Ferdinand – die Abhängigkeit von den Buchungsplattformen wieder stark gestiegen ist. Dabei konzentriert sich das Sacher z.B. auf Marketing in Amerika und Deutschland.

Sorgenkind ist der Business Gast. Online Meetings machen einige Reisen unnötig. Auch im MICE Segment fehlen die interkontinentalen Kunden und große Unternehmen sind zurückhaltend. Das KMU wird als Zielgruppe dazu immer interessanter. Und Hybrid-Meetings möglich zu machen, schafft einen weiteren Benefit für den Kunden, sagt Ivona Meissner.

Und wie steht es mit den Mitarbeiter innen

Die Erwartungen der Mitarbeiter*innen sind hoch, so Elisabeth Perwanger, Österreich-Geschäftsführerin bei Deutsche Hospitality. So viel Flexibilität wie möglich bieten, das ist das Gebot der Stunde, sonst werden Mitarbeiter*innen ganz schnell abgeworben. Viele Häuser haben die 4-Tage-Woche bereits eingeführt oder arbeiten daran, andere richten sogar ihre Öffnungszeiten nach der Verfügbarkeit ihrer Mitarbeiter*innen.

Was die Mitarbeiter*innen auf jeden Fall nicht mehr wollen: sich mit umständlichen IT-Systemen herumschlagen, unnötige Wege zurückzulegen und unangenehme Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen.

Für Stefan Urdl von Vienna House ist das Aufrechterhalten der Kommunikation im Unternehmen ganz essenziell, um Mitarbeiter*innen ans Unternehmen zu binden und sie auf dem Laufenden zu halten, also einen gemeinsamen Spirit zu schaffen.

Schwierig ist die Rolle des angestellten leitenden Managers, so Kurt Hummel. Dieser sitzt in einer Sandwich-Position zwischen den Interessen der Stakeholder. Elisabeth Perwanger sieht die Notwendigkeit einer Anpassung der Erwartungshaltung aller Beteiligten an die wirtschaftliche Situation. Nur wenn das Nachbarhaus mehr Gehalt für die gleiche Leistung bietet, muss man schon sehr fantasievoll sein, die besten Köpfe zu behalten.

Und ein Alptraum-Szenario ist in manchen Betrieben schon Wahrheit geworden: Man hätte ausreichend Anfragen für Auslastung, aber nicht ausreichend Personal. So müssen traurige Entscheidungen getroffen werden, welche Kundenanfragen man mangels Personal ablehnen muss.

Klimaneutralität und Nachhaltigkeit als wichtigste Mission

Klimaneutralität ist das große Projekt der Sacher-Gruppe. 7-10 Jahre – so ist der Zeitplan, mind. 1 Million Euro pro Jahr

Investition. „Wir glauben, dass Klimaneutralität und Energieeffizienz kaufentscheidend sein wird!“, so Matthias Winkler. Hardware und Software wird aufgerüstet, in Mitarbeiterschulung investiert.

Wichtige Maßnahmen dazu sind: Ökostrom: dies kostet gleich mal € 100.000,- mehr pro Jahr, verbessert aber auch die Ökobilanz enorm Speisekarten überarbeiten, um Fleisch zu reduzieren Sensoren, die die Klimaanlage abschalten, sobald das Fenster geöffnet wird. Sogar ganze Stockwerke können sparsamer klimatisiert werden, wenn sie nicht belegt sind E-Mobilität für den Betrieb und die Gäste

Auch bei Oliver Röhrl dreht sich alles um Nachhaltigkeit.  Sein Haus mit 80 Betten plant die Transformation zum BIO-Hotel. Er hat allein durch den Einbau eines Blockheizkraftwerks durch Nahwärme 50% seiner Stromkosten gesenkt. Gleichzeitig beliefert er die umliegenden Häuser seiner Gemeinde mit Energie. Auch bei Elisabeth Perwanger stehen technische Investitionen an. Klimaanlage, Wasser, Haustechnik und Digitalisierung sollen durch Modernisierung eine Trendwende bringen. Inflation und Preissteigerungen machen den Weg zur Nachhaltigkeit nicht unbedingt leichter.

Im F&B Bereich gibt es auch viel zu verändern. Da steckt ein großer Hebel Richtung Nachhaltigkeit, sind Kurt Hummel und Stefan Urdl überzeugt. Auch das ist keine leichte Transformation, verlangt sie doch eine starke Veränderung im Einkaufsprozess und auch vom Gast Verständnis und Flexibilität. Greenwashing wird nicht mehr reichen und auch vom gast nicht mehr geduldet werden. „Wir müssen hier lernen, nicht nur nachhaltig zu arbeiten, sondern dies auch konsequent zu kommunizieren, nur so können wir auch das Verständnis unserer Gäste erreichen“, sind sich die Expert*innen einig.

Digitalisierung für Mitarbeiter*innenwohl und Kundenzufriedenheit

Im durchschnittlichen Hotelleriebetrieb ist die Digitalisierung noch viel zu wenig weit fortgeschritten. Die Systeme sind veraltet, die Verwaltung und Administration aufwändig und kompliziert, und das Verständnis der Mitarbeiter*innen dafür nicht vorhanden. Modernisierung ist gefragt! Doch welches IT Unternehmen ist ein zuverlässiger Entwicklungspartner?

Für die großen IT-Häuser sind die Hotels vielleicht zu wenig lukrativ, vermutet Angelika Ponecz. Doch der Bedarf ist groß. Um Mitarbeiter*innen zu entlasten, braucht es einheitliche Systeme, Standards und smarte Prozesse. Mitarbeiter*innen sollen freigespielt sein für den Gast und nicht am PC verzweifeln.

Was sich noch keiner in dieser Runde von Hoteliers vorstellen kann und will, ist die Virtualisierung des Urlaubserlebnisses. Augmented Reality, virtuelle Zimmerführung, ja vielleicht sogar das Metaverse können vielleicht Appetit auf Urlaub machen, die Reise aber nicht ersetzen. So hat die CD auch nicht das Erlebnis eines Pink Floyd Konzertes wirklich ersetzen können, meint Matthias Winkler, und erzeugt dazu gleich eine Resonanz bei uns, wo unser Motto doch lautet: Wissen rockt!

Trotzdem gilt es sich über neue Geschäftsmodelle und Ideen auszutauschen, durchaus auch mit Beratungsunternehmen.

Austausch ist wichtiger denn je

Zum Abschluss der illustren Runde der Hotel-Manger stellten wir noch die Frage nach den künftigen Investitionsfeldern: In was würden Sie investieren, wenn Sie 2% des Jahresumsatzes zur freien Verfügung hätten?

Digitalisierung – natürlich; Nachhaltigkeit – selbstverständlich; überraschende Antwort von Matthias Winkler: er würde in eine internationale Plattform zum Austausch investieren, die Hotellerie und andere Branchen zusammenbringt kreative Ideen katalysiert. Das sehen wir gleich als Auftrag, aber zuerst geht es einmal in Vorbereitung unserer Konferenzserie „Hotel Optimal“

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