Nachwachsende Rohstoffe weisen den Weg – nachhaltige Verkehrsschilder

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Wie vielen Verkehrsschildern sind Sie heute schon über den Weg gelaufen? Stellen Sie sich vor, all diese Schilder wären nicht aus Alu, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen, all diese Schilder müssten nicht extrem energieintensiv hergestellt werden und all diese Schilder würden im Sommer nicht vor Hitze glühen und die Abende aufheizen. Dieser Vision widmet sich Elke Kaltenhauser, Geschäftsführerin der ITEK Verkehrs- und Beschilderungstechnik. Im Gespräch berichtet sie über Carbon Footprint von Schildern, über die verwendeten Rohstoffe und über die Erfahrungen z.B. bei den Projekten mit der Asfinag.

Ghezzo: Ökologische Beschilderung aus verrottbaren Materialien: Kann das ein langlebiges Alu-Schild ersetzen? Wie sieht so ein Schild in mehreren Jahren aus?

Kaltenhauser: Die eingesetzten Materialien (Bambus und Accoya) sind geprüft und nach der für Verkehrszeichen geltenden Norm (EN12899-1) zertifiziert – sprich: sie erreichen die gleichen Belastungswerte von Aluminium-Schildern bzw. liegen bei Wind- und Belastungstests sogar noch höher. Wir gewähren 25 Jahre Haltbarkeitsgarantie auf die Schilder und sogar 30 Jahre auf die Steher. Bambusschilder werden bereits seit 2017 in Holland eingesetzt und weisen keine Beschädigungen aus. Bambus bleibt im Laufe der Jahre unverändert, während Accoya (Steher und Laschen) einen leichten Grauschleier erhalten – das hat aber keinerlei Auswirkung auf die Funktionstüchtigkeit.

Ghezzo: Welche Materialien sind im Einsatz und wo sind dabei die technischen Herausforderungen? Wie schaut es mit Verfügbarkeit der Rohstoffe aus?

Kaltenhauser: Für die Schilder wird Bambus eingesetzt, für Steher und Befestigungen wird Accoya (eine spezielle Holzart) verwendet. Die von uns verwendete Bambussorte wird in China in FSC-zertifizierten Plantagen in Kleinbauernstrukturen angebaut, unter kontrollierten Bedingungen geerntet und weiterverarbeitet. Dann erfolgt der Schiffstransport nach Niederlande und von dort wird das Material zu uns geliefert. Inkl. Berücksichtigung des Transportwegs weist Bambus trotzdem noch sehr geringe CO2-Bilanz auf (1 to Bambus bindet nämlich 1,6 to CO2 – unter Berücksichtigung des Produktionsprozesses und des Transportwegs nach Niederlande und weiter zu unserem Firmenstandort ergibt sich immer noch folgende CO2-Bilanz: 1 kg Bambus = 0,89 kg CO2eq während 1 kg Aluminium eine Bilanz von 17,33 kg CO2eq (wiederum berechnet bis zur Anlieferung an unserem Firmenstandort) erreicht.). Bambus wächst in seiner Hochblüte bis zu 1 m pro Tag – dadurch, dass der Bambus unseres Lieferanten ausschließlich in FSC-zertifizierten Plantagen angebaut und geerntet wird, wird Raubbau vermieden. Es wird nur so viel Bambus geerntet, wie nachwächst – und es wächst ständig nach. Daher ist hier – anders als bei Rohstoffen, die aus dem Boden abgebaut werden müssen – keine Begrenzung zu erwarten – Bambus wächst auf natürlichem Wege ständig nach.

Bei Accoya (wird für Steher und Laschen verwendet) schaut es wie folgt aus: es handelt sich hier um eine spezielle Kiefernart, die in Neuseeland in ebenfalls FSC-zertifizierten Plantagen gesetzt und geerntet wird. Das Holz wird dann acetyliert (laienhaft: Wasser wird dem Holz entzogen und die Leerräume werden mit Essig gefüllt) und nach Graz geliefert. Die Acetylierung verhindert das Morschen des Holzes. Die CO2-Bilanz (wieder inkl. Transport von Neuseeland nach Europa, Acetylierung usw. und Anlieferung zu uns): 1kg Accoya = 1,453 CO2eq. 1 kg. Alu = 17,33 Co2eq. Auch hier ist hinsichtlich Verfügbarkeit keine Begrenzung gegeben – weil durch die FSC-Zertifizierung kein Raubbau betrieben werden darf und daher genügend Holz zum Weiterwachsen und sich Vermehren übrig bleibt.

Zu Aluminium ist zu sagen, dass 80% des Bauxits in China unter verheerenden Umweltschäden (Waldrodungen, Rotschlamm Klärschlamm, hoher Energie- und Wasserverbrauch für die Herstellung) abgebaut wird. Der Abbau erfolgt meist von Großkonzernen, die örtliche Bevölkerung leider unter dem Abbau und das lokale Gebiet wird zerstört. Auch Aluminium wird dann über den Seeweg nach Europa zur Weiterverarbeitung geliefert. Es wird nämlich gerne kritisiert, dass wir die Rohstoffe von so weit her holen, aber dabei wird eben übersehen, dass Aluminium auch nicht bei uns „wächst“.

Ghezzo: Wie ist denn der preisliche Unterschied zu anderen Beschilderungsmöglichkeiten?

Kaltenhauser: Der preisliche Unterschied vor 2 Jahren war noch ziemlich hoch – für ein Bambusschild musste man ungefähr 1,5x so viel bezahlen wie für ein Aluminium-Schild, für einen Steher sogar das 3-fache. Mittlerweile ist der Aluminiumpreis so stark angestiegen, dass wir ca. bei 20% Preisunterschied bei den Schildern liegen und ca. bei 100% bei den Stehern. Wir müssen aber dazu sagen, dass der Produktionsprozess für die Steher extrem arbeitsintensiv ist. Die Herstellung eines Accoya-Stehers benötigt ca. 40 min Arbeitszeit, während die Aluminium-Rohre fertig zugekauft werden und dann nur noch auf die gewünschte Länge zugeschnitten werden (ca. 5 min Arbeitszeit). Man darf aber dabei auch nicht vernachlässigen, dass die komplette Wertschöpfung des Accoca-Stehers in Österreich bleibt – während die Wertschöpfung des Alu-Stehers in Saudi-Arabien oder China erfolgt.

Ghezzo: Sie haben schon einige sehr interessante Projekte u.a. mit der Asfinag. Wie sind da Ihre praktischen Erfahrungen? Welche Learnings haben Sie mitgenommen?

 

Kaltenhauser: Der Einsatz unserer Ecoguide-Beschilderung hat enormes Echo hervorgerufen – europaweit wurde über unsere „Holz-Schilder“ berichtet, dementsprechend groß war auch das Interesse von anderen europäischen Ländern an unserer nachhaltigen Produktlinie. Die ASFINAG selbst präsentiert dieses Projekt selbst gerne als best-practice-Beispiel, weil mit wenig Aufwand sehr viel CO2 eingespart werden konnte. Mittlerweile stehen die Ecoguide-Schilder bereits seit ca. 9 Monaten im Einsatz und unter ständiger Beobachtung – und es gibt keinerlei Probleme. Was uns auch sehr freut ist, dass wir sehr oft beobachten konnten, dass AutofahrerInnen, die an diesen Raststationen Halt machten, sich unsere Beschilderung ganz genau anschauten. Für uns interessant war aber die Montage – wie kommen unsere Kunden mit der Montage zurecht? Wir haben hier Montageanleitungen schriftlich mit dem Lieferschein übermittelt und auf den Befestigungen und Stehern Aufklebern mit einem QR-Code angebracht, wo ein Video zur Montageanleitung hinterlegt ist. Damit war auch die Montage kein großes Problem.

Ghezzo:  Beschilderungen aus Aluminium erzeugen ja auch Hitze-Inseln. Wie schaut das mit Ecoguide aus?

Das ist natürlich ein weiterer, wesentlicher Vorteil unserer Ecoguide-Beschilderung. Bambus und Accoya nehmen keine Hitze auf und können somit auch keine Hitze abgeben – während Aluminium sich bei Sonneneinstrahlung extrem erwärmt und diese Hitze dann auch wieder abgegeben wird. Somit können wir hier wesentlich zur Hitzeeindämmung beitragen. Leider haben wir es noch nicht geschafft, einen Gemeindeplatz oder einen Stadtplatz mit Ecoguide auszustatten, um die Hitzeeinsparung auch messen zu können. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier bald Gehör finden – angesichts der immer heißer werdenden Sommer und der Versiegelung von Flächen wird auch dieses Thema immer wichtiger.

Ghezzo: Welche weiteren Anwendungen gibt es und welche anderen Schwerpunkte setzt ITEK?

Kaltenhauser: Wir entwickeln unsere Produktpalette ständig weiter – mittlerweile können wir bereits Gemeindeleitsysteme, Straßenbezeichnungen, Hausnummerntafeln und Firmenbeschilderungen in nachhaltiger Weise umsetzen. Innenbeschilderung wird das nächste große Thema sein, das wir in Ecoguide umsetzen möchten. Mich persönlich würde es sehr freuen, wenn wir bald ein Wanderwegs- und/oder Radwegsprojekt umsetzen könnten – das ist für mich einfach stimmig und harmonisch! Aluminium-Schilder und Steher am Berg? Nein danke, wenn es dafür Alternativen gibt – und die können wir hier bieten. Aber leider benötigt es noch sehr viel Überzeugungsarbeit, die entsprechenden Stellen von dem eingeschlagenen Weg abzubringen und neue Wege zu beschreiten.

Treffen Sie Elke Kaltenhauser persönlich auf unserer Konferenz MUNICIPAL TRENDS

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