Energiekosten bleiben hoch -Chancen für Immobilienunternehmen!?

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Gestiegene Energiekosten und der allgemeine Druck in Richtung Energiewende rücken die thermischen Qualitäten eines Gebäudes wieder richtig in Zentrum der Aufmerksamkeit. Heizkosten entscheiden ganz schnell mal über die Leistbarkeit. Fritz Mühlener von IfEA ist Experte in Sachen Energieausweis. Im Interview loten wir aus, wie sich die Energiepreise weiter entwickeln werden und welche Chancen für die Immobilienbranche in Sicht sind, sei es bei Sanierung, sei es bei Neubau.

Ghezzo: Beim Immobilientag 2021 hatten Sie die steigenden Energiekosten schon vorausgesagt. Wir erleben jetzt eine enorme Beschleunigung dieser Dynamik. Wie soll die Wohnungswirtschafts drauf reagieren?

Mühlener: Thermisch sanieren und Heizungen erneuern – jedenfalls einen Plan dazu haben. Jeder Plan beginnt mit einem guten Energieausweis. Ein guter Energieausweis wird von einem Experten (hochwertige Ausbildung und Erfahrung) mit einer Vor-Ort-Befundung erstellt. Ideal ist z.B. auch ein Energieausweis der im 3D-Verfahren erstellt wurde. Die gesetzlich verpflichtenden Sanierungsvorschläge sind individuell erstellt und nicht aus der „Konserve“.

Ghezzo: Welche mittelfristigen Entwicklungen in Sachen Energiepreise erwarten Sie? Kommt nach der Ukraine Krise wieder eine Entspannung?

Mühlener: Nach Regen kommt immer Sonnenschein, die einzige Frage ist, wann wieder Regen kommt. Der Klimawandel ist real, daher wird Energie langfristig teurer werden – jeder Energieträger.

Ghezzo: Die radikalen Veränderungen, die uns gerade so aus dem Konzept bringen – Pandemie, jetzt Krieg in Europa, Klimakrise wird spürbar -, können uns aber auch dazu bringen Dinge radikal neu zu denken. Wo sehen Sie da Chancen für die Immobilienwirtschaft?

Mühlener: Immobilien sind gefragt und erfahren eine laufende Wertsteigerung – für die Immobilienwirtschaft sind die Krisen, frech formuliert, mehr Chance als Belastung und Bedrohung. PV-Anlagen rechnen sich in der Zwischenzeit und Energiegemeinschaften bilden eine mögliche Alternative für die Zukunft hinsichtlich Energieverteilung in Unternehmen.

Ghezzo: EU-Taxonomie treibt gerade alle um. Wie bewerten Sie diese?

Mühlener: Wie immer bei Änderungen – wer rechtzeitig darauf schaut, dass er es hat, wenn er es braucht, ist bei den Siegern. Verlierer haben eine Ausrede, Sieger haben eine Strategie! Die Nachhaltigkeit von Gebäuden sind schon jetzt ein Finanzierungsparameter, neben Lage, Lage, Lage. Künftig sind auch klimaaktiv-Zertifizierungen für einen Sanierungsplan möglich. Eine ausgezeichnete Möglichkeit die Sanierung langfristig zu planen und ein perfektes Ziel (Technik und Kosten) zu definieren.

Ghezzo: Wie steht es dabei um die Relevanz des Energieausweises?

Mühlener: Der Energieausweis ist hinsichtlich Energieverbrauch und thermischer Qualität der Gebäudehülle die Basis aller Überlegungen. Ohne qualitativ hochwertigen Energieausweis geht es nicht. Wer dies noch immer anzweifelt bzw. über die Sinnhaftigkeit von HWB und fGEE nachdenkt, hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Jedenfalls sollte der Immobilienexperte wissen, was jeweils ein guter und schlechter Wert ist. Jedes Inserat einer Immobilie entlarvt die Anbieter – wer trotz gesetzlicher Vorgabe (inkl. Strafandrohung) die beiden Werte nicht anführt, handelt fahrlässig.

Ghezzo: Alle reden von Bestandsaufwertung und Sanierung. Wo sind da die größten Hemmnisse?

Mühlener: Eine sehr alte Studie aus Deutschland (leider nicht mehr auffindbar) hatte einmal zum Ergebnis, dass die zwei größten Hemmnisse für die Gebäudesanierung die Sicherheit das Richtige zu machen und die organisatorische Durchführung inkl. Schmutz und sonstige Unannehmlichkeiten sind. Hier braucht es die richtigen Partner, dann ist die Sanierung keine Abenteuerreise, sondern eine durchgeplante Pauschalreise. Natürlich sind aktuell Fixpreise schwierig zu erhalten bzw. teilweise nicht möglich. Ein Sanierungsplan ist unumgänglich. Ein Haus oder eine Wohnung mit einem HWB über 150 kWh/m²a und einem fGEE deutlich über 1,0 wird nicht mehr vermietbar sein. Wenn doch, dann mit hohen Abschlägen bei der Miete – und schon rechnet sich die Sanierung.

Treffen Sie Friedrich Mühlener persönlich auf unserem Ghezzo Immobilientag 2022

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