WISSEN ROCKT: Real Estate Kickoff - Wie kommt die Immobilienbranche aus dem Tief? Herausforderungen und Chancen 2024

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Veranstaltungen müssen Impact haben. Nach einer Ghezzo: Wissen rockt! Konferenz sollen die Teilnehmer*innen nützliches Wissen, Inspiration und Netzwerkkontakte mitnehmen. Und um das sicherzustellen, laden wir Protagonist*innen der Immobilienbranche ein, um aktuelle Herausforderungen, spannende Lösungen und Innovationen zu diskutieren und daraus unsere Konferenzprogramme zu designen. Am 17. Jänner trat dazu unser Fachbeirat Bau- und Immobilien zusammen und hat folgende relevante Themen zur Sprache gebracht:

Leitzins und die Entwicklungen der Immobilienbranche

Die Entwicklung des Leitzinses ist wesentlich an die Entwicklung und Chancen der Immobilienbranche geknüpft. Roland Pichler drückt die allgemeine Hoffnung aus: „Im ersten Halbjahr sollten die Zinsen wieder sinken und das Marktumfeld wieder positiver werden.“

Wobei die Zinsen ja im Grunde gesehen gar nicht besonders hoch sind, meint Herwig Teufelsdorfer, im Vergleich zu vor 15 Jahren.

Das Problem ist, dass wir eine ungewöhnlich lange Phase an positiver Entwicklung auf dem Immobilienmarkt hinter uns haben. In diesem Umfeld sind so manche Grundtugenden des Immobiliengeschäfts in Vergessenheit geraten. Die Goldgräberstimmung hat dazu geführt, dass man auch ohne großes Immobilien-Knowhow erfolgreich sein konnte und Finanzierungen bekommen hat. Es steht also wieder eine Professionalisierungsphase an, schließt sich auch Peter Ulm an.

Weiters meint Dietmar Reindl: „Dass gerade in Österreich so prominente Marktteilnehmer Pleite gehen, ist nicht gerade eine gute Basis für das Vertrauen von Investoren, die dazu noch jede Menge Alternativen zur Immobilie vorfinden.“

Wohnen: Das Problem mit den Mieten und dem Eigentum

Was Wohnungseigentum betrifft, läuft gerade alles sehr schleppend, meint Thomas Drozda. In aktuellen Projekten setzt man deswegen auch Mietkauf Konzepte um: „Freifinanzierte Wohnungen bieten wir entweder in der Mietkauf- oder Eigentumsvariante an; beim Mietkaufmodell wird eine Anzahlung in der Höhe von 25 % geleistet und der verbleibende Kaufpreis ist innerhalb der nächsten 5 Jahre fällig, wobei der Hauptmietzins auf den Kaufpreis angerechnet wird.“

Zum Einbruch bei der Nachfrage nach Eigentumswohnungen trägt die hohe Steuerlast auf Einkommen genauso bei, wie die hohen Auflagen und langen Genehmigungsverfahren bei Bauprojekten. Es gibt zwar Förderungen von Seiten der Stadt Wien. Da braucht es jedoch deutlich mehr. Wohnbau müsste auch von Seiten der Politik als Priorität gesetzt werden. Sowohl Jenni Wenkel als auch Roland Pichler sehen den klaren Trend zu großen Wohnungen (drei bis vier Zimmer) in Miete. Ein bis zwei Zimmer Wohnungen werden kaum nachgefragt. So denkt die Union Investment über Wohnungszusammenlegung nach, um diesem Trend nachzukommen.

Die Mieten steigen zwar, aber der Kauf ist u.a. durch die KIM-Verordnung für viele kaum realisierbar.

Claudia Brey setzt auf eine Langfrist-Strategie bei der Entwicklung und Vermarktung von wertvollem, nachhaltigem Wohnraum. Man müsse aber darauf achten, wann man Angebote auf den Markt bringt.

Positive Effekte in Sachen Leistbarkeit ergeben sich vielleicht durch die fallenden Grundstückspreise, soweit diese realisiert werden. In Anbetracht dieser schwierigen Marktlage besteht das Risiko, dass Nachhaltigkeitsaspekte hintangestellt werden, zumal Investoren und Nutzer diesen wenig Priorität einräumen.

Bei der anstehenden CO2 Bepreisung und den Berichtspflichten kann das teuer werden, prophezeit Nadja Pröwer. Eugen Otto probiert deswegen moderne Technologien an eigenen Objekten aus und hat dabei sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Ungelöst ist dabei auch, welche Konsequenzen die Verschärfungen in der Regulierung der Lieferkette mit sich bringt.

Immer noch fehlt es an umfassenden Tools, um die wichtigsten Kennzahlen von Immobilienportfolios bereit zu machen für das ESG Reporting, so Nadja Pröwer.

ESG und Taxonomie bleiben wichtig

Nachhaltigkeit ist aus vielerlei Gründen nicht mehr wegzudenken. Neben den vielen Regularien in diese Richtung, haben sich die Immobilienunternehmen dem Thema langfristig verschrieben. So wird die Immofinanz laut Katrin Gögele-Celeda hier auch weiterhin investieren. Energie-Autarkie, Photovoltaik, nachhaltige Kühlung und Fassaden Begrünung, sind Schwerpunkte, die Bestandshalter setzen. Auch bei ÖBB Immobilien prüft man laut Claudia Brey den Ausstieg aus Öl und Gas.

Natürlich sind ESG und Taxonomie auch im Neubau wichtig. „EU Taxonomie Konformität wird in Zukunft die Voraussetzung für einen erfolgreichen Verkauf sein“, stellt Martina Maly Gärtner fest. Das spiegelt sich im Holzbaufokus der UBM wider. Dabei setzt Maria Maly-Gärtner zusätzlich darauf, dass durch den Einsatz nachhaltiger Technologien Betriebskosten eingespart werden und somit höhere Mieten akzeptiert werden. Im Leopoldquartier werden u.a. Geothermie und Photovoltaik eingesetzt wird, was CO2 Neutralität im Betrieb bringt.

Nachhaltigkeit hat zwar an Fahrt verloren – so erlebt es Dietmar Reindl im Gespräch mit Investoren. Dennoch ist das Produzieren und Halten von „Stranded Assets“ ein reales Risiko, meint Herwig Teufelsdorfer. Peter Ulm ergänzt: „Verkaufen kann man nur noch, was strengen Nachhaltigkeitskriterien entspricht.“

Anpassungen an die neue Realität

„Es beweist sich wieder einmal, dass antizyklisches Handeln Sinn macht.“, analysiert Herwig Teufelsdorfer weiter und sucht entsprechend nach Akquisemöglichkeiten, um das Portfolio zu erweitern. Aus Peter Ulms Sicht werden die Margen für Developer deutlich geringer, dennoch werden Transaktionen stattfinden. Professionalisierung ist jetzt wichtig. Geld muss in allen Bereichen, in Planung, Baustelle und in der Umsetzung zusammengehalten werden. Developer müssen sich jetzt mit dem Markt und dessen Anforderungen auseinandersetzen. Denn die Banken sind derzeit nicht so kooperationsbereit wie noch vor einigen Jahren.

Auch Jenni Wenkel sagt: Strengstes Liquiditäts- und Kostenmanagement ist wichtig. Und das bedeutet auch mittelfristig sanften Personalabbau durch Altersteilzeit, bzw. Nicht-Nachbesetzen von Stellen.

Anpassungen muss es immer noch bei Bewertung und bei Kaufpreisen geben.

Moderne Technologien sind ein Ansatz, um Kosten zu sparen. So soll der Holzmodulbau laut Martina Maly-Gärtner Immobilienentwicklungen beschleunigen. Viel Knowhow muss in den Immobilienbestand fließen. „Wichtig ist jetzt auch, sich um die Mieter*innen zu kümmern, dranzubleiben und zu schauen, was sie bewegt. Hier braucht es Risikomonitoring, um schnell reagieren zu können. Das steht stark im Fokus“, sagt Katrin Gögele-Celeda. Claudia Brey hat dafür ein aussagekräftiges Beispiel: Am Westbahnhof wurde ein Ärztezentrum eröffnet, das zwar in Sachen Mieterträge kein Überflieger ist, jedoch den Standort aufwertet.

Ähnliches macht die ARWAG mit einem Kindermuseum, berichtet Thomas Drozda.

Das Büro

Corona und der anhaltende Trend zum Homeoffice haben den Büromarkt nachhaltig verändert. Bei der Verwertung einer aktuellen Immobilie berichtet Maria Maly-Gärtner, dass die Nachfrage nach kleinteiligeren Flächen gestiegen ist; hier ist bei der Entwicklung die Flexibilität der Flächen zu beachten. Der UBM selbst ist es wichtig, die Mitarbeiter*innen wieder zurück ins Büro zu bekommen und dafür setzt man z.B. auf „jeden zweiten Freitag frei“, als Alternative zu Homeoffice.

Laut Katrin Gögele-Celeda ist es auch ihren Mietern wichtig, Mitarbeiter*innen wieder im Büro zu haben und sie bieten deswegen Services wie Fitness-Möglichkeiten, Massagen u.ä. an. Eugen Otto meint dazu aus eigener Erfahrung: „Neue Arbeitswelten brauchen auch einen örtlichen Wechsel.“ Das alte Büro fit dafür zu machen wäre viel zu umständlich und teuer gewesen, weswegen ein großer Teil seines Unternehmens umgezogen ist.

Conclusio

Es bleibt turbulent und die Insolvenzen der letzten Monate werden noch weitere Opfer nach sich ziehen. Damit ist die Party offiziell vorbei und es geht – wie schon nach der Finanzkrise – darum, Vertrauen zu Banken und Investoren aufzubauen, Professionalität zu zeigen und flexibel auf die Marktbedürfnisse zu reagieren. Gier und überbordende Ansprüche haben jetzt keinen Platz mehr. Und wichtiger denn je ist für die Unternehmensführung das Thema „Leadership“.

 

Wissensaustausch und Netzwerk sind essenziell! Und dazu gibt es unsere Konferenzen.
Unser Fachbeirat Immobilien 2024 fand mit folgenden Teilnehmer*innen statt:

 

Claudia Brey, Geschäftsführerin, ÖBB Immobilien GmbH

Thomas Drozda, Vorstandsdirektor, ARWAG Holding

Katrin Gögele-Celeda, Country Manager Austria & Adriatic, IMMOFINANZ

Martina Maly-Gärtner, COO, Member of the Board, UBM Development

Roland Pichler, Managing Partner, DWK DIE WOHNKOMPANIE

Nadja Pröwer, Head of ESG & Building Consultancy, CBRE Austria

Eugen Otto, Managing Principal, Otto Immobilien

Dietmar Reindl, Executive Owner, baumhouse

Herwig Teufelsdorfer, Mitglied des Vorstands, S IMMO AG

Peter Ulm, Director, VÖPE

Jenni Wenkel, CIO, Union Investment Real Estate AG

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