Rasanter Wandel formt die Immobilienwirtschaft – Worauf man dabei (rechtlich) achten muss

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Rasanter Wandel formt die Immobilienwirtschaft – Worauf man dabei (rechtlich) achten muss

Insolvenzen im Immobilienbereich, unsichere Entwicklung was Zinsen angeht und gleichzeitig ein Transformationsprozess hin zu ESG und Nachhaltigkeit – in so wilden Zeiten braucht es Rechtssicherheit. Wir haben in Vorbereitung unseres Immobilientages mit Peter Fassl von HSP Rechtsanwälte gesprochen und gefragt, wie er den Markt einschätzt, bzw. worauf man in Verträgen jetzt mehr achten sollte.

Alexander Ghezzo: Der Immobilienbereich hat in den letzten Monaten einiges an Federn lassen müssen. Trotzdem hört man nun wieder positive Signale aus dem Markt. Wie nehmt Ihr das aktuell wahr?

Peter Fassl: Zum jetzigen Zeitpunkt sind die positiven Signale, von denen immer wieder die Rede ist, für uns noch nicht spürbar. Man muss jedoch abwarten, wie sich das Wohnbaupaket, insbesondere die geplante Gebührenbefreiung für Eigenheime, sowie die zuletzt angekündigte Zinssenkung tatsächlich auf den Markt auswirken werden. Es bedarf noch Zeit, um festzustellen, ob diese Maßnahmen eine signifikante Verbesserung der Lage im Immobiliensektor bewirken können. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass der Markt dadurch positive Impulse erhält.  

Alexander Ghezzo: Reichen die Maßnahmen, um wieder Schwung in den Markt zu bringen?

Peter Fassl: Die Initiativen der Regierung im Bereich Wohnbau sind bestimmt ein Schritt in die richtige Richtung, um den Immobilienmarkt anzukurbeln. Allerdings denke ich nicht, dass die Maßnahmen ausreichen, um die gewünschte Dynamik wiederherzustellen und den Markt nachhaltig zu stärken. Unseres Erachtens müsste beispielweise auch der Zugang zu Finanzierungen erleichtert werden, insbesondere im Hinblick auf die Kreditvergabe ( KIM-VO). Wesentlich ist bestimmt auch, dass die angekündigte(n) Zinssenkung(en) auch tatsächlich stattfinden.

Alexander Ghezzo: Welche rechtlichen Themen werden in dieser Situation besonders relevant? Worauf sollte man gerade jetzt besonders aufpassen?

Peter Fassl: Aktuell gewinnen insolvenzrechtliche Aspekte bei der Vertragsgestaltung zunehmend an Bedeutung. Insbesondere müssen mögliche Anfechtungstatbestände berücksichtigt werden, da Käufer:innen aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage aktuell verständlicherweise ein erhöhtes Sicherheitsbewusstsein an den Tag legen. Des Weiteren nehmen Beratungen im Zusammenhang mit Restrukturierungen merklich zu.

Alexander Ghezzo: Was kann man aus Eurer Sicht von der Signa Insolvenz lernen? Die Firmenstruktur – so heißt es zumindest – war unnötig kompliziert. Welche learnings zieht man daraus?

Peter Fassl: Wir haben uns nicht im Detail mit der Struktur der Signa beschäftigt. Wir gehen aber davon aus, dass es bei der Signa – wie auch bei anderen Unternehmen im Immobilienbereich – Projektgesellschaften für einzelne Projekte sowie eigene Gesellschaften für die unterschiedlichen Unternehmenszwecke gibt. Das erscheint auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich. Problematisch dürften – wie man den Medien entnehmen kann – die Zahlungsflüsse zwischen den einzelnen Gesellschaften, Kreditgewährungen untereinander sowie wechselseitige Besicherungen sein. Dies dürfte zu der immer wieder zitierten Intransparenz (Stichwort: konsolidierte Bilanz) geführt haben. Ob die Firmenstruktur der Signa unnötig kompliziert war, können wir als Außenstehende nicht beurteilen.  

Alexander Ghezzo: ESG und Taxonomie sind Themen, die für viele Unternehmen noch enormen Aufwand bedeuten. Welche Rolle spielen Sie für Euch? Was macht Ihr um „nachhaltig“ zu sein?

Peter Fassl: ESG und Taxonomie sind mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Wirtschaftslebens geworden. Sie sind die Grundlage für viele Investitionsentscheidungen. Aber auch für die Aufnahme von Finanzierungen wird es als Unternehmen immer wichtiger, die ESG- und Taxonomie-Kriterien zu erfüllen. Der Aufwand ist sicherlich gegeben, wird sich aber hoffentlich in der Zukunft bezahlt machen. Auch wir als reines Dienstleistungsunternehmen sind bestrebt, nachhaltig zu handeln und für dieses Thema Bewusstsein zu schaffen. Im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen wir auch, mit Ressourcen möglichst sparsam umzugehen, diese effizient zu nutzen und unsere Umweltauswirkungen zu minimieren. Letztes Jahr haben wir unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht erstellt, um unsere Bemühungen in diesem Bereich zu dokumentieren und zu verstärken.

Alexander Ghezzo: Jetzt kommt nun auch KI: welche rechtlichen Themen müssen Immobilienunternehmen dabei beachten?

Peter Fassl: KI ist zweifellos auf dem Vormarsch und kann den Unternehmen das Leben in vielen Bereichen erleichtern. Insbesondere bei der Automatisierung standardisierter Abläufe und der Auswertung von Daten bietet KI immense Potenziale, Zeit und Geld zu sparen. Aus rechtlicher Sicht ist es wichtig, die bevorstehende KI-Verordnung (AI Act) der EU zu beachten. Unter anderem werden darin Regelungen zur Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung von KI-Systemen festgelegt.

Alexander Ghezzo: Wie geht es dem eher krisenresistenten Zinshausmarkt und wohin bewegt sich da die Kurve?

Peter Fassl: Der Zinshausmarkt war zuletzt, beeinflusst insbesondere auch durch hohe Zinsen und restriktive Kreditvergaben, stark rückläufig. Angesichts der voraussichtlichen Zinssenkungen ist es durchaus möglich, dass wir in naher Zukunft dennoch eine Stabilisierung und Erholung des Marktes erwarten können.

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