Ist der Immobilienmakler eine gefährdete Spezies?
Heimo Rollett hat ein Buch herausgegeben mit dem Titel ‚Der Tod des Maklers und seine Rückkehr als Held‘. Es ist die Auseinandersetzung mit der Zukunft der Immobilien Makelei. Denn die Digitalisierung macht auch vor der Immobilienwirtschaft nicht halt und diese greift in vielen Branchen die Mittler an, die zwischen Kunde und Produzent stehen. In diesem Interview nimmt Heimo dazu Stellung, erklärt Begriffe wie MLS und bespricht die rechtlichen Bedingungen.
Alexander Ghezzo: Du hast Dich in der letzten Zeit stark mit dem Thema ‚Zukunft der Immobilienmakler ‘ beschäftigt. Deren Geschäfte laufen doch sehr gut. Warum denkst Du, spüren sie trotzdem gerade so einen Veränderungsdruck?
Heimo Rollett: Bis auf eine bekennen sich alle Parteien in Österreich explizit zum Bestellerprinzip, also zu einem anderen Honorarsystem. Das haut alles über den Haufen. Und die Digitalisierung beginnt gerade erst die Immobilienwirtschaft zu erfassen. Im Ballungsraum und für bestimmte Immobilien brummt das Geschäft, das ist völlig richtig. Aber mit neuen Ideen wie Matching-Plattformen und ähnlichem kann sich das schlagartig ändern.
AG: Die Digitalisierung bringt ganz neue Möglichkeiten. Wo siehst Du dabei das größte Potential für die Immobilienmakler?
HR: Etwas verkürzt gesagt: Makler sollten ihr Geschäftsmodell konsequent analysieren und sich fragen, wo sie wirklich Wertschöpfung schaffen und was mit Technologie besser gemacht werden kann. Es geht nicht um ein entweder-oder, sondern um ein Ergänzen oder Ersetzen von wenig effizienter Knochenarbeit durch kommode Technik-Tools.
AG: Kannst Du etwas mehr über MLS erzählen und wie Makler dies nützen können/sollen?
HR: Ein echtes MLS (Multi Listing System) ist eine sehr interessante Alternative zu unserem derzeitigen System. Es handelt sich um eine zentrale Datenbank, in der so gut wie alle Objekte eines Marktes mit einer hohen Datentiefe gespeichert sind. Jeder Makler ist verpflichtet ein neues Objekt z.B. innerhalb von 24 Stunden in das System einzuspeisen. Gleichzeitig können alle Makler, die eine Nachfrage haben, auf die Datenbank zugreifen und die richtigen Objekt anbieten. Das führt zu mehr und schnellerem Geschäft, und macht es wett, dass Provisionen geteilt werden.
Beispiel: Im Großraum Toronto in Kanada sind in 90 Prozent der Transaktionen zwei Makler beteiligt. Sie teilen sich die Provision. Das stört niemanden, weil man einfach doppelt so viel Geschäft macht, das privat zu privat Geschäft nur 2,5 Prozent beträgt (in Österreich gehen 60 Prozent am Makler vorbei) und die durchschnittliche Vermarktungszeit eines Objekts 28 Tage beträgt.
AG: Wie schaut es mit den rechtlichen Gegebenheiten aus? Gibt es hier Anpassungsnotwendigkeit?
HR: Ja, das wäre wichtig. Für ein MLS müsste aber vor allem eine Organisation Regeln der Zusammenarbeit aufstellen. Derzeit versucht das die Wirtschaftskammer, mal sehen wie erfolgreich das wird. In Österreich tun sich Makler schwer, die Adressen von Objekten zu nennen – das hat auch rechtliche Gründe. Oder sie dürfen nicht wie in Deutschland Leistungen nach einem Tarifsystem anbieten, bei dem der Kunde einzelne Leistungen zu klar definierten Preisen beziehen kann.
Ich persönlich halte außerdem die Doppelvertretung für extrem schwierig. Mediation ist toll, aber nicht immer notwendig. In der Praxis kann nicht einer zwei unterschiedliche Seite vertreten, das ist paradox. Sie ist ein Grund für viele unzufriedene Kunden und das schlechte Image der Makelei.
AG: Siehst Du den Makler-Beruf tatsächlich als gefährdet, oder wird das Risiko übertrieben?
HR: Natürlich wird sich der Beruf verändern. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Das gilt für Bäcker, Reisebüros, Banken, die Musikbranche und alle anderen. Auch für Makler. Wer unternehmerisch denkt, bereitet sich jetzt auf später vor und ist dann überdurchschnittlich erfolgreich. Andere schlafen und verschwinden. Das ist ja etwas ganz Normales.
AG: Wie wichtig findest Du die grafische Aufbereitung mit Bildern und Fotos usw. bei Immobilienangeboten?
HR: Das ist jetzt nur ein mini-kleiner Aspekt der normalen Vermarktung von Objekten, aber ich halte es für selbstverständlich, dass möglichst viele Fotos, ordentliche Grundrisse und zunehmend weitere Visualisierungen in einem Inserat zu finden sind. Es macht doch keinen Sinn, wenn ich mir einen Besichtigungstermin ausmache, weil ich zu wenig Vorinformationen habe, mir also die Zeit nehme, der Makler Aufwand hat und nach 30 Sekunden merkt man, dass das Objekt uninteressiert ist. Genau das ist ineffizient – für alle.
Mehr zum Wandel des Makler-Berufs und wie man sich darauf vorbereiten kann im Buch „Der Tod des Maklers und seine Rückkehr als Held“, erschienen im Linde Verlag.
Heimo Rollett moderiert auf der GBB