Energieautarkie ist keine unleistbare Utopie
Die Sanierung des Immobilienbestands ist wirtschaftlich, ökologisch und rechtlich die Herausforderung für die Bau- und Immobilienwirtschaft - und sie ist der einzige Weg um die Klimaziele zu erreichen, womit Sanierung auch immer mehr zur Verpflichtung wird. SEM Energie- und Gebäudemanagement liefert nachhaltige Energielösungen jeder Größenordnung und setzt dabei auf Innovation, wie z.B. Speicherlösungen, alternative Energieerzeugung und Contracting Modelle, damit auch die Finanzierung im Griff ist.
Wir haben Johann Schild von SEM Energie- und Gebäudemanagement im Vorfeld zu unserem 5. Ghezzo Immobilientag über Energieautarkie, Contracting-Businessmodelle und die Umrüstung bestehender Objekte in Richtung ESG befragt.
Alexander Ghezzo: Die Energiewende kann gar nicht schnell genug gehen: Welche Lösungen gibt es da?
Johann Schild: Für einige kann es nicht schnell genug gehen, auf der anderen Seite gibt es am Weg dorthin immer wieder Stolpersteine. Ja, wir glauben daran, dass eines Tages die Energiewende – speziell in Bestandsgebäuden sehr rasch über die Bühne gehen soll und auch muss. Das wird eine große Herausforderung, aber wir haben uns mit standardisierten Tools dafür gerüstet. Ich denke da in erster Linie an fertig überlegte Verrohrungskonzepte durch Objekte, welche aktuell noch mit Gasthermen beheizt werden oder an durchgedachte Containerlösungen für Wärmepumpenanlagen oder Pelletsanlagen, wenn der Platz im Keller einer Immobilie nicht ausreicht.
Alexander Ghezzo: Energieautarkie ist keine unleistbare Utopie: Von welchen Praxisbeispielen könnt Ihr berichten?
Johann Schild: Heute betreiben wir eine breite Palette an alternativen Energieerzeugungsanlagen:
- Wärmepumpen mit allen verfügbaren Energiequellen Luft | Wasser | Geothermie
- Biomasse-Fernwärme-Anlagen für Städte und Dörfer oder kleinere Nahwärmenetze für kommunale Inselbereiche
- Photovoltaik
- Thermische Solaranalgen
Speziell hervorheben möchte ich die Referenz „Heizen und Kühlen mit Flusswasser für das Quartier Schnirchgasse in 1030 Wien“. Bereits drei Jahre versorgen wir die dort errichteten Wohn- und Gewerbeimmobilien mit einer gesamten Fläche von 120.000 m² täglich mit Wärme und Kälte und haben dafür keine einzige Kilowattstunde an konventioneller Energie aufgewendet. Die Energiequelle ist das Wasser aus dem angrenzenden Donaukanal. Mit einer Wärmepumpenanlage wird die Primärenergie auf die gewünschte Form veredelt. Die dafür erforderliche elektrische Energie kommt ausschließlich aus der Energie von Wind, Sonne und Wasser. Jährlich sparen wir so im Vergleich zu Gas 3.120 Tonnen CO2.
Alexander Ghezzo: Investoren müssen aktuell Kosten und ROI voll im Griff haben: Wie reagiert Ihr darauf?
Johann Schild: Für alternative Energieversorgungssysteme sind immer hohe Startinvestitionen erforderlich. Wir bieten dafür die Lösung in Form von Contracting-Modellen. Wir verfügen über ein transparentes Vertragswerk für Finanzierungen von Energieanlagen über lange Laufzeiten nachvollziehbar darstellen zu können. Das Zusammenspiel zwischen Bauherrn, Nutzer und Contracter ist darin klar, fair und gesetzesfonform geregelt, wodurch alle Vertragspartner über ihre Rollen, Aufgaben, Rechte und Pflichten Bescheid wissen.
Alexander Ghezzo: Wenn wir mal in Richtung Sanierungsbedarf schauen: Tut sich schon ausreichend im Umrüsten bestehender Objekte?
Johann Schild: Wir nehmen das hohe Interesse bei den Assetmanagern großer Immobilieneigentümer wahr. In vielen Organisationen stellen sich ESG-Management-Teams zusammen und es werden Sanierungskonzepte entwickelt. Auch wir beraten zahlreiche Kunden hinsichtlich Umrüstung auf Alternative Energieversorgungen. Alleine der entscheidende Schritt zur Umsetzung der Projekte in die Realität fehlt vielerorts noch. Da gibt es noch zu viele Hürden für die Entscheider*innen. Ich denke dabei an zahlreiche gesetzliche Hindernisse: das fehlende Erneuerbaren-Wärmegesetz, der Entscheidungsprozess innerhalb des Wohnungseigentumsgesetzes, das Mietrechtsgesetz bis hin zum Mehrwertsteuergesetz. Aber auch die Förderungsstruktur hat ihre Tücken: Für Einfamilienhäuser gibt es aktuell einen großen Fördertopf. Mehrgeschoßiger Wohnbau und Betriebe werden nicht ausreichend gefördert. Dort muss aber unserer Meinung angesetzt werden, um einen Hebel bewirken zu können.
Alexander Ghezzo: Welche Lösungen bietet Ihr gezielt fürs Sanieren an? An welchen Projekten kann man sich ein Beispiel nehmen?
Johann Schild: Als ersten Schritt bieten wir für die Konzepterarbeitung unseren Green Deal an. Dabei analysieren wir die Möglichkeiten unterschiedlicher alternativer Energieformen. In Anlehnung an die ÖNORM M7140 „Betriebswirtschaftlicher Vergleich von Energiesystemen“ vergleichen wir gesamtheitlich unterschiedliche Systeme. Wir fügen Erstinvestitionen, Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie Energiekosten zusammen und vergleichen die unterschiedlichen Systeme über die gesamte Lebensdauer. Am Ende liefern wir einen Systemvergleich als Entscheidungsgrundlage und geben eine Empfehlung ab.
Am Wissenschaftsstandort „Parkstadt Mühlheim" in Deutschland beispielsweise zeigt sich demnach, dass eine Versorgung mit Biomasse allen anderen Systemen technisch und wirtschaftlich überlegen ist.
Mit der Entscheidung des Bauherrn setzen wir die Projekte in die Realität um. Wir installieren und bleiben im Betrieb als Partner für den Bauherrn im Boot. Wir haben auf unseren Monitoringbildschirmen die Anlage im Blick und treffen daraus die Entscheidungen zu betrieblichen Optimierungsmaßnahmen. So hat der Eigentümer die Gewähr, dass die Betriebskosten im Griff sind:
Alexander Ghezzo: Auf welche künftigen Innovationen von Euch bzw. Euren Partnern dürfen wir gespannt sein?
Johann Schild: Die Palette an Innovationen in der nahen Zukunft wird vielfältig sein. Wir arbeiten an Projekten mit innovativen Speicherlösungen: Saisonspeicher, Eisspeicher oder großvolumige Batteriespeicher in Kompakt- oder auch Containerbauform. Den Öko-Strom unserer eigenen Photovoltaikanlagen wollen wir einlagern und an den Standorten unserer eigenen Wärmepumpenanlagen wieder nutzen. Auf die Lösungen zu den großen Aufgaben in der Energieversorgung freuen wir uns schon heute.
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Energetische Sanierungen, die Integration erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Gebäudeeffizienz und die Implementierung von intelligenten Gebäudetechnologien werden im Zuge des Trends zur nachhaltigen Nutzung von Bestand immer wichtiger.
Wir greifen dieses Thema auf unserem 5. Ghezzo Immobilientag auf: Christian Helmreich bringt als Referent ein Praxisbeispiel zum Thema: "Große Träume smart realisiert - Energieautarkie ist keine Utopie".
Fotos mit freundlicher Genehmigung von SEM Gebäude- und Energiemanagement.
Weitere Fotocredits gehen an ZOOMVP und SORAVIA.