Kreislaufwirtschaft mit Matratzen: 1,4 Millionen Matratzen landen jährlich in Österreich auf dem Müll
Unfassbare 1,4 Millionen Matratzen werden bei uns jährlich entsorgt. Lineare Nutzung, die keineswegs mehr zeitgerecht ist. Für die Hotellerie bietet MATR eine Lösung, die Kreislaufwirtschaft implementieren soll. In Vorbereitung unserer Konferenz für die Stadthotellerie haben wir mit Verena Judmayer - Co-Founderin und Vortragende bei der Hotel Optimal City gesprochen um mehr über diese Lösung zu erfahren.
Alexander Ghezzo: Kreislaufwirtschaft mit Matratzen: Wie funktioniert das organisatorisch und technisch?
Verena Judmayer: MATR hat es sich zur Aufgabe gemacht, Matratzenabfälle zu vermeiden und Hotels in die Lage zu versetzen, ihren Gästen ein erstklassiges, nachhaltiges Schlaferlebnis zu bieten.
Unsere Einzigartigkeit liegt in der Tatsache, dass wir die erste kreislaufwirtschaftliche Matratzen Lösung in Österreich entwickelt haben. MATRs Lösung basiert auf den höchsten kreislaufwirtschaftlichen Designprinzipien der Wiederaufbereitung, Wiederverwendung und des Recyclings und umfasst eine Premium-Matratze sowie ein innovatives Geschäfts- und Servicemodell, das den Kreislauf für Hotels schließt.
Unsere innovative Matratze wird nachhaltig in der EU mit grüner Energie hergestellt und besteht aus nur zwei hochwertigen Materialien, Stahl und Polyester, die langlebig und zu 99 % recycelbar sind und immer wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt werden (kein Downcycling oder Deponierung/Verbrennung). Zusätzlich verfügt unsere Matratze über einen Click-on-Click-off-Kleber und ist modular aufgebaut, um eine Aufarbeitung und Wiederverwendung für Kunden der zweiten und sogar dritten Lebenszeit zu ermöglichen, was zu einer Lebensdauer von mehr als 30 Jahren führt, bevor sie wieder vollständig in den Materialkreislauf zurückgeführt wird. Dank unseres integrierten Produktpasses können wir unsere Materialien nachverfolgen und den Rücknahmeprozess für unsere Kunden erleichtern.
Unser Geschäftsmodell hat Auswirkungen auf unsere gesamte Wertschöpfungskette. Hotels können bei uns Matratzen kaufen oder mieten und zusätzliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die Zeit und Geld sparen, z. B. Installation und Aufarbeitung. Unser Ansatz und unser Design führen zu einem CO2-Fußabdruck, der 50 % geringer ist als der herkömmlicher Matratzen, und wir stehen erst am Anfang.
Alexander Ghezzo: Ihr versprecht eine 50% Reduktion des CO2 Fußabdrucks pro Matratze. Wie sehr ist das in der Hotellerie von Bedeutung?
Verena Judmayer: Die Reduktion des CO2-Fußabdrucks pro Matratze um 50% ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der aufkommenden Nachhaltigkeitsvorschriften, denen die Hotellerie in den nächsten 3-5 Jahren gegenüberstehen wird. Regulierungen und Initiativen wie die EU Green Deal Taxonomie, der EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sowie ESG- und CSRD-Berichterstattung zeigen, dass es jetzt an der Zeit ist, sich auf die bevorstehenden Veränderungen vorzubereiten.
Die Bedeutung der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks pro Matratze wird angesichts einiger relevanter Statistiken besonders deutlich. Die Hotellerie trägt bereits etwa 1% der globalen Emissionen bei, wie von der UNWTO bestätigt, und dieser Anteil wird voraussichtlich weiter steigen, da die Nachfrage in der Branche kontinuierlich wächst[1].
Zusätzlich ist es für die Hotellerie von entscheidender Bedeutung, ihre CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren, um die selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen und innerhalb der auf der COP21 vereinbarten Schwelle von 2°C zu bleiben. Bis zum Jahr 2030 wird eine Reduzierung um 66% und bis 2050 sogar um 90% erforderlich sein. Diese Maßnahmen sind notwendig, um den nachhaltigen Fortbestand der Branche sicherzustellen und ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten[2].
[1]United Nations Climate change (2018) Retrieved from: https://www.google.com/url?q=https://unfccc.int/news/un-works-with-global-hotel-industry-to-reduce-emissions&sa=D&source=docs&ust=1694178178599577&usg=AOvVaw0temqS6DhUNBxcI9ZWGSLe
[2] United Nations Climate change (2018) Retrieved from: https://unfccc.int/news/un-works-with-global-hotel-industry-to-reduce-emissions
Alexander Ghezzo: Wie viele Matratzen verbraucht die Hotellerie in Österreich? Was passiert bisher damit?
Verena Judmayer: Jedes Jahr landen in Europa 30 Millionen Matratzen im Abfall[1]. Dies entspricht 20,000-mal des Eiffelturms. Nur in Österreich landen jedes Jahr 1,4 Millionen Matratzen auf Deponien, werden verbrannt oder in minderwertige Produkte umgewandelt. Das Hauptproblem dieses Abfallproblems ist, dass Matratzen für eine lineare Nutzung konzipiert sind, die letztendlich nach einmaliger Verwendung als Abfall endet. Zudem sind Recycling-Technologien unzureichend effektiv oder nicht skalierbar. Nach ihrer Entsorgung landen 60% der Matratzen auf Deponien und 40% werden verbrannt, obwohl “85% ihres Gewichts durch fachgerechte Zerlegung recycelt werden können”[2]. Matratzen, die auf Deponien landen, benötigen eine beträchtliche Zeit, um sich zu zersetzen, während Matratzen, die verbrannt werden, schädliche Abgasemissionen erzeugen. Beides stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit und die Umwelt dar[3].
Wenn wir uns die Hotelbranche ansehen, verfügt Österreich über rund 10.844 Hotels und ähnliche Einrichtungen, und der durchschnittliche Austauschzyklus für Matratzen beträgt etwa 5 Jahre[4]. Man kann sich also vorstellen, welche enorme Abfallmenge in der Branche entsteht. Insgesamt kann man sagen, dass die derzeitigen Lösungen für Matratzen zu einem erheblichen weltweiten Abfallproblem führen, das den Klimawandel negativ unterstützt und nach innovativen kreislaufwirtschaftlichen Lösungen verlangt.
[1] European Commission (2023). Retrieved from: https://greenbestpractice.jrc.ec.europa.eu/print/pdf/node/139 on January 16th 2023
[2] European Commission (2023). Retrieved from: https://greenbestpractice.jrc.ec.europa.eu/print/pdf/node/139 on January 16th 2023
[3] Blair J. & Mataraarachchi S.: A Review of Landfills, Waste and the Nearly Forgotten Nexus with Climate Change. Environments. 2021; 8(8):73. Retrieved from https://www.mdpi.com/2076-3298/8/8/73 on February 28th 2023
[4] WKO (2023). Online available at Tourismus und Freizeitwirtschaft in Zahlen 2023
Alexander Ghezzo: Wie schaut es mit Kosten aus? Sind Hotels bereit mehr für nachhaltige Lösungen zu bezahlen?
Verena Judmayer: Wir haben festgestellt, dass Hotels vor allem auf den Preis und die Qualität achten. Nachhaltigkeit ist immer ein zusätzlicher Bonus, aber keine zentrale Wahl bei der Kaufentscheidung. In unserem Fall bei MATR handelt es sich um ein Premium-Produkt, das in unserem Marktsegment preislich konkurrenzfähig ist, so dass wir sehen, dass der Markt gut reagiert, obwohl Nachhaltigkeit im Kaufprozess manchmal ein nachträglicher Gedanke ist.
Wir sehen jedoch, dass sich die Branche hier verändert, vor allem, weil Themen wie ESG und Kreislaufwirtschaft immer bekannter werden. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass Hotels in den nächsten Jahren bereit sein werden, mehr für nachhaltige Lösungen zu zahlen. Aber es muss auch Beweggründe für Hotels geben, dies zu tun: mehr Aufklärung über das Thema ist notwendig und Steuererleichterungen oder Anreize für Hotels, die "grüner" einkaufen, sollten unserer Meinung nach die neue Norm sein. Auf diese Weise können wir die Branche gemeinsam auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft unterstützen.
Alexander Ghezzo: Wo kann man den Eure Matratzen bereits erleben?
Verena Judmayer: Wir sind stolz darauf, mit wegweisenden Hotels in ganz Österreich zusammenzuarbeiten. Sie können eine luxuriöse Nacht auf einer MATR-Matratze im Hotel Altstadt Vienna, Hotel TOPAZZ LAMEE Vienna, Hotel Beethoven Vienna und Sportlers Hotel in Sölden genießen. Viele weitere werden bald folgen!
Alexander Ghezzo: Wie geht es mit Matr weiter? Welche Vision habt Ihr mittelfristig? Matratzen gibt es ja schließlich auch außerhalb von Hotels und außerhalb von Österreich.
Verena Judmayer: Wir haben große Ziele. Unsere Vision ist es, in einer Welt aufzuwachen, in der Abfall kein Problem mehr ist. Wir fangen natürlich mit dem Thema Schlaf und Matratzen an, aber wer weiß, was wir als nächstes machen werden. Ein Thema, das wir derzeit genauer untersuchen, sind digitale Lösungen die die Kreislaufwirtschaft unterstützen. Und natürlich haben wir Ambitionen, unsere Lösung auch außerhalb Österreichs einzusetzen, um Hotels bei der Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Wenn Sie daran interessiert sind, mehr zu erfahren, können Sie unsere Updates über unsere sozialen Kanäle verfolgen: LinkedIn, Instagram und Facebook.
Und im Web: MATR
Und auf der HOTEL OPTIMAL CITY am 12. Oktober