Unsere CO2 Bilanz: Herausforderungen und Learning

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Lina Pieroth, am Weg zum Bachelor of Arts für Umwelt und Betriebswirtschaft, hat unsere erste CO2-Bilanz erstellt. Wir haben nachgefragt, wie das für sie war und Erstaunliches erfahren - zum Beispiel, dass ein Auto mitunter genauso viel CO2 verbraucht wie ein Flugzeug, warum die Vermeidung von Food-waste z.B. auf Konferenzen und Mülltrennung im Büro wichtig sind und was ihr in Bezug auf Nachhaltigkeit bei Ghezzo besonders gefallen hat. Ein Interview.

Lina Pieroth

Alexander Ghezzo: Du hast unsere CO2 Bilanz nun fast abgeschlossen. Wie schätzt du den praktischen Nutzen ein? Wo liegt der?

Lina Pieroth: Ich glaube, dass unsere erste CO2-Bilanz primär dazu dient uns ein Gefühl für die Zahlen zu geben und uns hilft diese einzuordnen. Ich hatte einige Momente, in denen ich überrascht über den Impact bestimmter Handlungen war. Ein Schlüsselmoment war hier definitiv der Vergleich der CO2 Emissionen, die auf gleicher Strecke durch Flugzeug und PKW entstehen. Erschreckend, dass ein Auto auf gleicher Strecke sogar klimaschädlicher sein kann. Ein weiterer Moment, der mich überrascht hat, ist der enorme Stromverbrauch auf unseren Konferenzen, im Vergleich zu unserem Büro. Am Tag einer großen Konferenz ist der Stromverbrauch ähnlich zu unserem Jahresverbrauch im Büro. Das sind Werte, bei denen wir uns einfach komplett verschätzt hätten. Durch die CO2-Bilanz bekommen wir die Möglichkeit einen besseren Bezug zu diesen Zahlen zu bekommen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Nur wenn wir genau wissen, was unsere größten CO2-Treiber im Unternehmen sind, sind wir überhaupt erst in der Lage dagegen vorzugehen. Das sind für mich die Vorteile unserer ersten CO2-Bilanz. Die nächsten Jahre ist für mich der größte Nutzen Referenzwerte zu haben und so Stück für Stück unsere Emissionen zu reduzieren. Eine einzige Bilanz ist wenig aussagekräftig. Natürlich wird das Gefühl für die erhobenen Daten besser, aber wirklich einschätzen, wie klimafreundlich das eigene Unternehmen wirtschaftet, kann man dadurch noch nicht. Wirklich spannend ist für uns glaube ich wirklich, die eigene schrittweise Verbesserung zu sehen und auch zu merken, welche Maßnahmen am effektivsten sind.

Alexander Ghezzo: In deinem Studium hast Du dich viel mit den theoretischen Aspekten der Nachhaltigkeit beschäftigt, bei uns und unseren Partnern/Kunden/Veranstaltungen hast Du viel über die unternehmerische Realität erfahren. Gab es für dich Aha-Effekte? Wie sehr sind Theorie und Praxis in Harmonie?

Lina Pieroth: Prinzipiell hat mir mein Studium einfach ein gutes Grundlagenwissen in wirtschaftlichen und nachhaltigen Aspekten vermittelt. Dadurch kann ich unter anderem prinzipielle Abläufe in Unternehmen einordnen und gut nachvollziehen. Gleichzeitig habe ich ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie wichtig bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit in Unternehmen sind und welche Möglichkeiten des nachhaltigen Wirtschaftens es gibt. Aber natürlich arbeitet jedes Unternehmen unterschiedlich und mein Studium beschäftigt sich größtenteils mit großen und mittelständischen Unternehmen. Umso spannender ist es zu sehen, wie ein so kleines Unternehmen funktioniert und wie die einzelnen Unternehmensbereiche ineinander übergehen. Aber natürlich sind dadurch viele theoretische Aspekte aus meinem Studium nicht so relevant, wie beispielsweise das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Pflicht zur nicht finanziellen Berichterstattung.

Ich glaube ein Aha-Effekt war die Bedeutung und Menge an administrativen Aufgaben. Natürlich braucht jedes Unternehmen eine gewisse Arbeitsstruktur und Organisation, um zu funktionieren, aber wie viele Dinge es zu beachten gibt, die nichts mit der eigentlichen Tätigkeit zu tun haben, war mir in dem Umfang nicht bewusst. Im Studium wird meiner Einschätzung nach mehr Fokus auf die großen Treiber und den allgemeinen Ablauf von Prozessen gelegt. Dadurch verliert man als Student*in manchmal vielleicht die kleinen, aber wichtigen Aufgaben im Hintergrund aus den Augen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass auch das wieder mit der Unternehmensgröße in Verbindung steht. Ich habe bei Ghezzo die Erfahrung gemacht, dass kleine Unternehmen unglaublich dynamisch sind und neue Dinge tendenziell häufiger ausprobiert werden, natürlich auch weil die Dimensionen sich stark unterscheiden. Dadurch gibt es nicht für alles vorgegebene Strukturen und vieles muss von Grund auf neu gedacht werden. Hierdurch entsteht eben auch ein hoher organisatorischer und administrativer Aufwand. Aber gerade als junger Mensch ist es unglaublich wichtig den ganzen Prozess mit allen anfallenden Aufgaben mitzubekommen, um später ein besseres Verständnis für solche Dinge zu bekommen und nah am Projekt zu bleiben

Aber vielleicht steht auch das wieder in Verbindung mit der Unternehmensgröße, da viele Strukturen in kleineren Unternehmen einfach nicht so strikt vorgegeben sind wie in größeren und man Projekte von Anfang bis Ende begleitet. Dadurch ist das Team für alle Teilaspekte und alles Organisatorische mitverantwortlich. In großen Unternehmen arbeiten mehrere Menschen an einem Projekt und vielleicht ist auch nicht jeder gleichermaßen involviert.

Alexander Ghezzo: Gab es Initiativen in Sachen Nachhaltigkeit, die du bei uns kennengelernt hast, die dich besonders beeindruckt haben?

Lina Pieroth: Innerhalb des Unternehmens finde ich es unglaublich inspirierend, wie Nachhaltigkeit im Büro und privat gelebt wird. Angefangen bei dem Thema Mülltrennung, über die Auswahl des Caterings und das Mitnehmen übriggebliebener Speisen auf Konferenzen und Seminaren. Außerdem finde ich es wirklich bewundernswert die Zeit und das Geld in eine CO2-Bilanz zu investieren, obwohl wir mit 7 Mitarbeiter*innen noch lange nicht zu den Unternehmen gehören, die rechtlich dazu verpflichtet sind. Gleichzeitig ergeben sich für das Unternehmen keine finanziellen Vorteile. Unsere Vorteile aus solchen Initiativen ergeben sich aus dem Wissen um den aktuellen Stand des Unternehmens und aus dem Wachstum, das alle Mitarbeiter*innen daraus mitnehmen. Ich glaube genau diese Initiativen, die erstmal keinen finanziellen Vorteil für das Unternehmen darstellen, aber Herzensprojekte von Gudrun und Alexander sind, sind die, die mich am meisten beeindrucken.

Außerhalb von Ghezzo selbst, hatte ich die Möglichkeit mit vielen Unternehmen aus verschiedenen Branchen in Kontakt zu treten. Besonders begeistert haben mich hier insbesondere Initiativen und Unternehmen, die soziale und ökologische Faktoren gleichermaßen berücksichtigen und sie nicht als Zielkonflikt betrachten. Insbesondere RepaNet und die Leidenschaft und das Expertenwissen, aber auch AfB und die wiederaufbereiteten Elektrogeräte haben mich insbesondere beeindruckt und es war schön diesen Unternehmen durch unsere Projekte auch eine Plattform geben zu können.

Alexander Ghezzo: Was waren für dich weitere Learnings bei der Arbeit bei Ghezzo: Wissen rockt?

Lina Pieroth: Ich glaube eines der größten Learnings war die Bedeutung von Netzwerken in der Unternehmenswelt. Im Studium lernt man viele fachliche Inhalte, was dabei meistens untergeht ist, dass man die richtigen Partner, die sich für die gleiche Sache begeistern, braucht. Außerdem habe ich unglaublich viel darüber gelernt, wie wichtig gute Kommunikation und Organisationsstrukturen im Unternehmen sind. Natürlich wird das im Studium schon auch vermittelt, aber die Kommunikationswege in einem Unternehmen mitzuerleben ist viel einprägsamer. Dadurch lernt man relativ schnell einzuschätzen, welche Informationen für das gesamte Team relevant sind und somit zentral abgespeichert werden müssen, damit alles reibungslos ablaufen kann, selbst wenn mal jemand ausfällt. Allgemein habe ich, auch durch die Seminare, bei denen ich teilnehmen durfte, ziemlich viel über Kommunikation und Herausforderungen in Unternehmen gelernt. Ich hätte zum Beispiel nicht vermutet, dass einige Unternehmen so große Schwierigkeiten haben, ihre Mitarbeiter zu motivieren und dies eine der größten Herausforderungen für Führungskräfte sein kann.

Da ich vorher sehr wenige Berührungspunkte mit Social Media hatte, hat es mir sehr viel gebracht insbesondere LinkedIn sehr aktiv zu nutzen und erste Erfahrungen im Marketing zu machen.

Alexander Ghezzo: Welche Erwartungen an deine Zukunft in der Arbeitswelt nimmst du mit?

Lina Pieroth: Allein in Wien habe ich von so vielen spannenden Projekten gehört und Menschen kennengelernt, die sich für das Thema Nachhaltigkeit einsetzen. Daher freue ich mich darauf, mit der Erwartung, dass es überall Menschen gibt, die etwas Richtung Nachhaltigkeit bewegen wollen, in die Arbeitswelt gehen zu können. Es ist ermutigend festzustellen, dass es tatsächlich Menschen gibt, denen das Thema am Herzen liegt und es nicht als Marketinginstrument gesehen wird.

Außerdem habe ich zumindest die Hoffnung, dass mir auch im späteren Arbeitsleben auf Augenhöhe begegnet wird und der Umgangston im gesamten Team so ungezwungen und herzlich ist. In den 8 Monaten Praktikum habe ich gelernt, wie wichtig und motivierend dieser Aspekt für mich ist und, dass ich mir das auf jeden Fall auch für die Zukunft wünsche.

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Alexander Ghezzo: Wie fandest du Wien als Lebensraum?

Lina Pieroth: Wien als Stadt zum Leben hat mir unglaublich gut gefallen. Ich habe Wien als sehr vielseitige und lebendige Stadt wahrgenommen. Zum einen genießt man alle Vorteile einer Großstadt, wie die gute Infrastruktur und immer alle Geschäfte in der Nähe zu haben. Auf der anderen Seite bietet Wien wirklich viele Erholungsorte in der Natur und man hat es eigentlich nie weit zur nächsten Grünfläche. Ein weiterer Punkt, der Wien für mich einzigartig macht, ist der gelungene Spagat zwischen Tradition und Weltoffenheit. Auf der einen Seite macht ganz viel von Wiens Charme die Architektur und die traditionellen Kaffeehäuser aus. Aber auf der anderen Seite ist Wien sehr multikulturell und man hört gefühlt an jeder Straßenecke eine andere Sprache. Dieser Mix spiegelt sich auch stark im vielfältigen Kulturangebot wider. Hier gibt es auch wieder die traditionellere Seite mit Staatsoper und Theater und dem gegenüber steht eine total junge und moderne Art Kultur zu leben und den Menschen näher zu bringen.

Alexander Ghezzo: Was schreibst Du uns ins virtuelle Stammbuch?

Lina Pieroth: Vielen herzlichen Dank für die Möglichkeit für 8 Monate mein Praktikum bei euch machen zu dürfen. Die Erfahrung im Rahmen eines Praktikums so lange in einem Unternehmen zu sein, war wirklich bereichernd und ich konnte tief in die Unternehmensprozesse einsteigen und sogar eigene kleine Projekte übernehmen. Insbesondere für die Möglichkeit von Anfang an eine CO2-Bilanzierung zu begleiten, bin ich sehr dankbar und weiß, dass ich auf diese Erfahrung auch im späteren Berufsleben noch oft zurückgreifen kann.

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