Fokus Sanierung am Beispiel von Bodenbelägen

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Sanierung ist auch in öffentlichen Gebäuden das Thema der nächsten Jahre. Weitere Bodenversiegelung soll vermieden werden, die Potentiale bestehender Flächen genutzt werden und selbstverständlich soll auch auf Gesundheit und Komfort nicht vergessen werden. Dabei spielen Kosten, auch im Lebenszyklus, eine zentrale Rolle. Dazu haben wir in Vorbereitung der 4. Municipal Trends mit Judith Mader von Gerflor gesprochen und Einsichten in spannende aktuelle Sanierungsprojekte bekommen.

Alexander Ghezzo: Gerflor findet man in Schulen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen. Was sind dabei die Herausforderungen? Worauf kommt es dabei an?

Judith Mader: Jedes Segment hat seine besonderen Herausforderungen, aber gerade in Einrichtungen, die von vielen Menschen tagtäglich besucht werden, ist es die Strapazierfähigkeit und die Reinigungsfähigkeit, auf die das größte Augenmerk gelegt wird. Technisch ausgefeilte Oberflächenvergütungen bewirken, dass Schmutz nicht so leicht haftet, sich einfach und ressourcenschonend entfernen lässt, dass der Boden vor Mikroverkratzungen geschützt ist. Besonders im Gesundheitswesen muss der Bodenbelag die intensiven Reinigungsintervalle und Desinfektionen oder andere Chemikalien auch langfristig überstehen.

In Schulen sind es die Verkratzungen die den Schulwarten die größten Kopfzerbrechen bereiten, in Kindergärten sind es die vielen bunten Farben, die zur kreativen Gestaltung anregen.

Pflegeheime, speziell Heime für demenzkranke Patienten, stellen auch optische Ansprüche an den Boden, nicht jedes Dekor ist förderlich für die Bewohner und so wurden viele unsere hier eingesetzten Dekore von DSDC (Dementia Services Developement Centre) als geeignet zertifiziert.

Alexander Ghezzo: Linoleum ist ein sehr interessanter Werkstoff, den man überall antrifft, aber über den man wenig weiß. Woraus besteht Linoleum eigentlich?

Judith Mader: Die Rezeptur von Linoleum ist seit über 100 Jahren nahezu unverändert, es besteht aus Leinöl, Holz, Kalkstein, Jute und Harz – also aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als wir zum ersten Mal das DLW Werk in Delmenhorst besucht haben, überall roch es nach Linoleum, ein vertrauter und für mich sehr angenehmer Geruch, der mich an meine Schulzeit erinnerte – ich muss natürlich dazu sagen, dass ich sehr gern zur Schule ging! Durch die Oberflächenvergütung riecht Linoleum heutzutage allerdings nicht mehr, wenn es verlegt ist.

 

Alexander Ghezzo: Ihr produziert nach dem Cradle to Cradle Prinzip. Aber was heißt das konkret? Kommt der Boden dann auch wieder zu Euch zurück? Wie setzt Ihr Kreislaufwirtschaft auch wirtschaftlich konkret um?

Judith Mader: Viele unserer Bodenbeläge sind Cradle to Cradle zertifiziert, denn es ist uns ein Anliegen, wertvolle Rohstoffe wieder in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Mit den Produktionsabfällen passiert das bei allen Belägen in unseren Produktionsstätten seit vielen Jahren. So steigen auch die Prozentsätze an eingesetztem Recyclat stetig an, es liegt bei manchen Produkten beispielsweise schon bei beachtlichen 80 - 100%, der Durchschnitt ist ca. 25%.

Wir bieten auch ein Second Life Programm an, wo Baustellenabfälle und auch Altbeläge zurückgeholt und recycelt werden, entweder zu sog. Second Life Produkten, aber der Anteil an geprüftem Recyclat aus Altbelägen in neuen Produktionen steigt auch an. Ich würde mir vom österr. Markt noch mehr Engagement wünschen, da in Österreich wohl das Recycling von Altfenstern schon sehr gut funktioniert, Böden werden aber zumeist thermisch verwertet. Ein Rücktransport nach Deutschland ins Recyclingwerk ist nur sinnvoll bei großen Mengen und in Österreich gibt es kein Bodenrecycling.

Alexander Ghezzo: Wie schaut es mit Innovation aus? Kann man ein Produkt wie Linoleum noch weiter entwickeln? Gibt es Zukunftstrends wie smarte Bodenbeläge?

Judith Mader: Linoleum ist bereits sehr hoch entwickelt, die Praxistauglichkeit der Inhaltsstoffe ist seit mehr als 100 Jahren gut belegt, die Oberflächenvergütungen schützen den Bodenbelag und machen ihn noch langlebiger. Hier drehen wir die Stellschrauben am Produktionsverfahren, um es noch nachhaltiger zu machen, wie z.b. durch eine PV-Anlage auf dem Produktionsstandort in Delmenhorst.

Unsere Bestrebungen gehen dahin, mehr Bodenbeläge zu entwickeln, die lose zu verlegen sind, wo kein zusätzlicher Klebstoff benötigt wird. So lassen sich die Böden einfacher wieder recyceln.

Auch die Sanierung geht damit viel schneller, in Zeiten knapper Budgets und fehlender Fachkräfte kann man hier wirklich sparen, wenn der alte Unterbelag nicht entfernt werden muss, das ist oft sehr aufwändig und teuer.

Alexander Ghezzo: Kosten sparen ist aktuell wieder ein ganz wesentlicher Aspekt. Wie steht es um Anschaffungs- und Lebenszykluskosten bei Eueren Böden?

Judith Mader: Ein Bodenbelag ist eine langfristige Investition, die auch gut überlegt sein muss. Gerade bei unseren Industriebelägen, die sich durch besondere Robustheit auszeichnen, rechnen wir immer über den gesamten Lebenszyklus. Diese Produkte lassen sich lose bei laufendem Betrieb verlegen, d.h. der Produktionsstandort oder der Supermarkt muss nicht heruntergefahren oder geschlossen werden. Jeder Unternehmer weiß selbst sehr genau Bescheid darüber, was ein Tag oder eine Woche Produktionsstopp finanziell bedeutet.

Ein großes Augenmerk liegt auf der Reinigung, die sollte ebenfalls ressourcenschonend sein, das spart langfristig mehr, als man meinen möchte und natürlich muss ein Bodenbelag langlebig sein, hier liegt der Durchschnitt bei 25 Jahren. Bei fachgerechter Pflege kann ein Bodenbelag aber durchaus länger halten und auch optisch einwandfrei sein.

Alexander Ghezzo: ESG konformes Sanieren ist auch ein ganz wesentliches Thema. Merkt Ihr das schon bei Anfragen und bei Euren Kunden? Welche Rolle spielt ESG bei Bödenbelägen?

Judith Mader: Sie spielen eine große Rolle! Und unsere Kunden setzen es einfach voraus, denn den Kriterien wie Einsatz von erneuerbaren Energien, schonender Einsatz von Rohstoffen, Arbeits- und Gesundheitsschutz oder ethische Unternehmensführung hat sich Gerflor seit jeher verpflichtet, lange bevor diese als ESG Kriterien bekannt wurden. Wir sind laufend dabei, diese Verpflichtungen weiterzuentwickeln und haben mit unserem Nachhaltigkeitsprogramm WE CARE WE ACT Ziele für 2025 gesteckt und arbeiten bereits an den nächsten Schritten für 2030 und weiter. Denn nur Schritt für Schritt ist diese Evolution möglich und nachhaltig, weil sie von allen mitgetragen wird. Auch Gebäudezertifizierungen gehen stark in die gleiche Richtung, auch hier sind wir gut gerüstet, für viele unserer Produkte stellen wir auch ein „Environmental datasheet“ zur Verfügung, aus dem alle relevanten Daten wie CO2 Emissionen hervorgehen.

Sanierung ist ohnehin das Top-Thema in der Bauwirtschaft, Leerstände, verwaiste Ortszentren oder Bodenversiegelung sind leider allzu bekannte Schlagwörter unserer Zeit. Daher geht auch die Entwicklung neuer Böden in diese Richtung, wie brauchbar sind sie speziell bei der Gebäudesanierung.

Alexander Ghezzo: Welche interessanten Projekte habt Ihr in letzter Zeit verwirklicht? Wo waren die Herausforderungen dabei?

Judith Mader: Einige sehr gelungene und zukunftsfähige Projekte durften wir mit der Stadt Graz und der Stadt Wien abwickeln. Dort werden laufend Schulsportplätze oder alte Beton- und Asphaltplätze für Basketball, Volleyball, 3x3 oder auch Tennis mit unserem Outdoor-Boden Powergame+ saniert und so zu sicheren und ergonomischen Sportstätten weiterentwickelt. Ohne weitere Bodenversiegelung und ohne den alten Belag abzutragen, was nur zu sehr viel Bauschutt führen würde. Die Herausforderung bei derartigen Projekten ist immer die Skepsis gegenüber neuen Produkten. Aber mit einer Garantie über 15 Jahre und der kostengünstigen Sanierung konnten wir überzeugen. Vor allem der Sicherheitsaspekt, der Schutz vor Verletzungen bei Stürzen, die Schonung der Gelenke bei Profisportlern war ein sehr überzeugendes Argument. Und ganz nebenbei hat sich herausgestellt, dass mit dem Belag die Hitzeinseln in der Innenstadt, Beton und Asphalt produzieren ja extreme Temperaturen, entschärft werden konnten.

 

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