„Yes, but…“ verlangsamt die Digitalisierung und die Innovation der Immobilienbranche

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Mario Schmalzl kennt die Digitalisierung aus der Sicht des Immobilienunternehmens und aus der Sicht des Digitalisierungsberaters Er sieht die Chancen ...

... Mario Schmalzl kennt die Digitalisierung aus der Sicht des Immobilienunternehmens und aus der Sicht des Digitalisierungsberaters Er sieht die Chancen er kennt die Risiken und er versucht die Hindernisse aus dem Weg zu räumen Ein Jahr nach unserem letzten Blogbeitrag vor der ersten Digitalize Bau Immo sprechen wir erneut über die Entwicklungen in der Immobilienwirtschaft Und dabei scheint die Stimmung ein bisschen ernüchtert Das Tempo der digitalen Transformation ist deutlich langsamer als erwartet Dabei bremsen die Angst vor der Veränderung vor Fehleinschätzungen und Budgetengpässen aber auch die phänomenale Lage des urbanen Immobilienmarktes Man muss ja nichts verändern wenn alles perfekt läuft Im Interview berichtet Mario wo es spannende Möglichkeiten gibt welche Hindernisse man aus dem Weg räumen muss und wie sich Unternehmen für Innovation öffnet

Alexander: Unseren letzten Blogbeitrag im Februar 2017 haben wir mit der Frage begonnen: „Wie haben sich der Stellenwert und die Rolle der IT in Unternehmen der Immobilienbranche gewandelt?“ Du hast dabei die Rolle des CIO als Businessbeschleuniger betont. Wie sieht es damit heute in der Praxis aus?

Mario: Ich habe mir den Artikel gerade noch einmal durchgelesen und muss gestehen, ich war wohl ob der vollmundigen Versprechen sich auf diese neuen Bereiche zu fokussieren etwas zu optimistisch.

Die Realität ist: Die Rolle wird viel zu wenig wahrgenommen. Erfolgreich Digitalisierung voranzutreiben ist schwierig! Zwar sind schnell Leuchtturmprojekte gefunden, mit denen man ein Statement setzen kann, nachhaltige Veränderungen schmerzen allerdings zuallererst einmal und über diese Hürde kommen die wenigsten Veränderungsprozesse.

Das ist sogar dann schmerzhaft, wenn Veränderungen vom Vorstand eines Unternehmens kommen aber beinahe unmöglich, wenn sich die zweite Ebene wie z.B. ein CIO in die Führungsrolle für solch einen Veränderungsprozess begibt.

Es erfordert Mut, Rückendeckung und Budget von der Geschäftsleitung und ein gewisses Durchhaltevermögen um wichtige Veränderungsprozesse auch zu Ende zu führen. In der notwendigen Kombination findet man das in Österreich leider nur selten.

Die meisten Unternehmen der Immobilienbranche in Österreich, egal welcher Größe, haben Schwierigkeiten mit der Digitalisierung tatsächlich ins Laufen zu kommen. Zu groß sind Ängste, Widerstände und die Furcht vor dem Scheitern. Sobald die Notwendigkeit einer fundamentalen Änderung allerdings evident ist, wird es genau dafür aber leider zu spät sein.

Alexander: Geht es der Immobilienbranche zu gut um die Digitalisierung ernst zu nehmen?

Mario: Auch das ist ein Problem: wir schwimmen schon lange auf einer Welle nicht abreißen wollenden Erfolges, nutzen diese Phase aber zu wenig für notwendige Investitionen in Kundenorientierung. Denn das wird de facto zum wichtigsten Aspekt der Digitalisierung für die Immobilienbranche werden:

Sobald sich die Marktparameter verändern – und die Frage ist nicht ob sondern wann – werden wir wieder großflächig einen Käufer- bzw. Mietermarkt erleben und darauf sind viele Unternehmen nicht eingestellt. Plötzlich wird es keinen Überhang an Interessenten für Objekte in gewissen Lagen mehr geben und dann wird derjenige erfolgreich sein, der den Kunden im richtigen Moment, mit dem richtigen Angebot und der richtigen Geschichte ansprechen kann. Das gelingt nur mit intelligenter Digitalisierung und ich kenne im Moment nur eine Handvoll Unternehmen der Branche, die sich ernsthaft darauf vorbereiten.

Alexander: Die Digitalisierung der Bau und Immobilienwirtschaft konzentriert sich aktuell auf bestimmte Bereiche. Welche Potentiale siehst Du in diesen Bereichen:

Mario: Informations- und Wissensmanagement

Das Thema ist zwar weder neu noch „sexy“ dennoch gibt es momentan viele konkrete und erfolgreiche Umsetzungen. Es gibt nach wie vor zu viele falsche Daten und teure Fehler, die mehr als einmal gemacht werden … für diese Lösungen lässt sich also ein echter ROI darstellen

Visualisierung, 3D usw.

Diese Bereiche finde ich etwas gehypt … die Schwierigkeit ist, dass technisch viel mehr möglich ist, als momentan genutzt wird, weil z.B. VR Brillen oder 3D Modelle noch nicht in unserem Alltag als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden.

BIM, Lean Construction

Das ist ein sehr sinnvoller Themenblock, ich kenne aber keine Implementierung wesentlicher Größe bei der das Thema in voller Breite genutzt wird. Es gibt zu viele Standards am Markt, viele kleinere Player wollen sich nicht voll transparent machen und kostengünstig sind diese Systeme auch nicht. Es gibt also zu viele Hürden für einen erfolgreichen Einsatz in der Breite. Die Veränderung der Marktlage wird evtl. den notwendigen Druck für den Durchbruch von BIM Lösungen schaffen.

IOT und Smart Building

Ich glaube das wird schnell unseren Alltag erobern. An Dinge, die uns unsichtbar und automatisch mehr Komfort bieten gewöhnt man sich sehr schnell. Auch hier vermag die Technologie mehr zu können als es derzeit Anwendungsfälle gibt, das wird sich aber, denke ich, schnell ändern.

 Alexander: Wo siehst Du noch interessante Lösungen?

Mario: Energieautarkie und kleine, smarte power grids basierend auf Blockchain finde ich spannend. Auch individuellere (z.B. minutenbasierte, ausstattungsbasierte, …) Mietmodelle für Arbeitsflächen werden kommen. Außerdem glaube ich daran, dass sich Renditen in Richtung Serviceanbieter verlagern werden. Concierge Dienste und Plattformen werden zukünftig neben den drei „L“s einen wesentlichen Erfolgsfaktor einer Immobilie ausmachen.

Alexander: Innovation wird im Zuge der Digitalisierung zu einem ganz zentralen Thema.  Was soll ein Unternehmen auf der Suche nach Innovation tun?

Mario: Ich mache mit meinen Kunden immer eine spannende Übung: Sie sollen in die Rolle eines Startups schlüpfen und unter der Prämisse unlimitierter Möglichkeiten überlegen, wie Sie das Kerngeschäft Ihres Unternehmens „disrumpieren“ könnten. So entstehen spannende Ideen die zeigen, wo man Verbesserungspotential hat, ohne an die vielen „yes, but“ zu denken.

Wenn man mit Innovationsvorhaben garantiert scheitern will sucht man sich zu Beginn eine Technologie oder Tool aus oder rückt zu allgemeine Ziele wie „mehr Umsatz“ in den Fokus.

Grundsätzlich sollte man problemorientiert denken und versuchen ein wichtiges Bedürfnis von Kunden oder Mitarbeiter deutlich besser zu lösen als bisher. Aus „rethinking the basics“ entstehen die spannendsten Ideen, wenn man es moderiert mit einem Externen angeht und alle Gedankenspiele zulässt.

Treffen Sie Mario Schmalzl auf der Digitalize Bau+Immo 2.0:

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