Weiterbildung weiterdenken Teil I: Ein Lebens-Projekt

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Es wartet auf Sie

Aus über 15 Jahren Erfahrung in der Weiterbildung möchte ich einen kleinen Ein- und Ausblick geben, was echte Lernerlebnisse sind, wozu sie führen können und wie Unternehmen und Menschen so richtig davon profitieren können. Lassen Sie sich inspirieren, irritieren und konfrontieren mit ein paar unkonventionellen Ideen, die vielleicht genau für Sie der nächste Schritt sind: Viel Erfolg und viel Freude beim Adaptieren und Ausprobieren!

Weiterbildung weiterdenken hat das Ziel, zu neuen Wegen in der Weiterbildung zu inspirieren, damit Menschen und Unternehmen ihr Wissen vertiefen und es sinnstiftend und inspirierend anwenden können. Gleichzeitig sollen die Weiterbildungskosten der Unternehmen auch wirklich jeden Euro wert sein! Wenn es stimmt, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihr wichtigstes Asset sind, und wenn es stimmt, dass sich Österreichs und Europas Wirtschaft durch Wissen einen Standortvorteil erhält, dann ist es höchste Zeit, diese Superkräfte durch kreative neue Wege in der Weiterbildung zu mobilisieren.

Autorin: Gudrun Ghezzo

Was inspiriert mich, darüber zu schreiben?

Aus- und Weiterbildung bezeichne ich als meine Leidenschaft. „Weiterbildungsjunkie“ nennen mich manche Freunde, und das nicht nur, weil ich dem österreichischen Anspruch an akademische Titel durchaus gerecht werde: auch die Anzahl meiner Zusatzqualifikationen und Kursen, die ich belegt habe, kann sich sehen lassen – von persönlichkeitsbildenden Themen bis zu technischen Hardcore-Themen spannt sich hier der Bogen.

Schon als Schülerin war ich keine einfache Konsumentin von Bildung – hinterfragt habe ich alles: Den Inhalt, die Hintergründe und vor allem die didaktischen und pädagogischen Konzepte. An den Physikunterricht erinnere ich mich besonders gut: Die Materie hat mich interessiert, aber ich habe sie nicht sofort begriffen. Also habe ich nachgefragt – und nicht selten war die Antwort des Lehrers „lern es doch einfach auswendig“. Ich habe mich geweigert, tiefer nachgefragt – sehr zum Leidwesen meiner MitschülerInnen, denn plötzlich waren auch die Herleitung und die physikalische Erklärung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik Prüfungsstoff und nicht nur die Aussage selbst.

In den Neunziger und Zweitausender Jahren, in denen ich zwei Universitäten besucht habe, habe ich mich an vergleichsweise schlecht gestalteten Vorlesungen, Seminaren und Übungen gestört. Ich musste feststellen, dass viele Universitäten zwar nach außen ihren Bildungsauftrag großschreiben, UniversitätsdozentInnen und ProfessorInnen jedoch zur Ausübung ihres Jobs völlig ohne pädagogische bzw. didaktische Grundausbildung zugelassen werden. Auch ich habe als Forschungsmitarbeiterin an der Uni ohne entsprechendes Vorwissen Lehrveranstaltungen gehalten.

Dabei habe ich festgestellt, dass es mir unmöglich ist, fertige Konzepte einfach zu übernehmen und 1:1 umzusetzen. Wie viel Zeit es bedarf, richtige Lernerlebnisse zu gestalten anstatt einfach sein Wissen weiterzugeben, ist mir in dieser Phase eindrucksvoll bewusstgeworden. Aber jede Minute, jeder Gedanke war es wert, spendiert zu werden! Der Lohn dafür: Viele Studentinnen und Studenten, die ihre Begeisterung für das Fachgebiet der Mikrobiologie und Biotechnologie entdeckt haben und einen Rüffel vom Institutsleiter, die Forschungsarbeit dürfe nicht wegen „dem bisschen Lehre“ hintangestellt werden.

Dass das Thema Weiterbildung im weitesten Sinne zu meiner Berufung und zu meinem Beruf werden soll, habe ich mit 27 zutiefst erkannt und verinnerlicht und gegen das Fachgebiet der Biotechnologie eingetauscht. Neben den bis dahin wahrgenommenen Defiziten hat mich vor allem meine erste „richtige“ berufliche Station – ein Beratungs- und Trainingsunternehmen inspiriert, diesen Weg einzuschlagen: Hier habe ich Menschen kennengelernt, die meine Ansprüche übertroffen haben, mich begeistert haben und mir gezeigt haben, dass die Ideale in der Weiterbildung auch Realität sein können. In diesem Unternehmen hat mein Wirken in der Weiterbildung einen fruchtbaren Anfang genommen.

Wachsend und lernend habe ich mich im Nebenberuf schließlich auch der Schulbildung geöffnet und ein paar Jahre an einer Schule unterrichtet. Später habe ich hauptberuflich in ein Unternehmen gewechselt, um die strategische Organisationsentwicklung von innen heraus zu begleiten, bis ich schließlich in meiner derzeitigen beruflichen Heimat angekommen bin: Gemeinsam mit meinem Mann, dem Weiterbildung und Vernetzung ein besonderes Anliegen ist, in unserer eigenen Firma zu arbeiten, zu gestalten und zu leben. Dabei setzen wir auf viele Dimensionen des Lernens: vom klassischen Vortrag bis hin zum systemischen Coaching, von Bildungsberatung bis zum zielgruppenfokussierten individuellen Gestalten, Ausarbeiten und Durchführen von Weiterbildungen.

Was bringt es Unternehmen, sich damit auseinanderzusetzen?

Weiterbildungsbudgets stehen sehr oft ganz oben auf der Liste, wenn es darum geht, Einsparungen zu treffen. Schließlich kann der ROI von Weiterbildungen nicht direkt gemessen werden. Leider werden Weiterbildungsausgaben auch nur äußerst selten an den eigentlichen Zielen gemessen, die mit der Weiterbildung eigentlich erreicht werden wollten. In weiterer Folge werden Sie einige Anregungen finden, die Ihnen helfen, Weiterbildungen sinnstiftend zu planen und auch durchzuführen.

Auch die ISO 9001, die Norm, die Anforderungen an ein QM System festlegt, und die vielen Unternehmen als Zertifizierungsgrundlage dient, schreibt vor, dass die Wirksamkeit von Weiterbildungen festgestellt werden muss – eine Forderung, die oft unerfüllt bleibt – nicht zuletzt, weil niemand so recht weiß, wie das geschehen soll. „Weiterbildung weiterdenken“ gibt auch hierzu einige Antwortmöglichkeiten.

Und Hand aufs Herz: Wie viel geben Sie im Jahr für Weiterbildung aus? Wieviel davon ist nicht gesetzlich gefordert? Welcher Anteil des vermittelten Wissens führt wirklich zu Erkenntnis und wird später tatsächlich im Arbeitsalltag angewandt? Oft bleiben bei diesem Zahlenspiel nicht mehr als 10 oder 20 Prozent übrig. Hier liegt Ihr Gestaltungs- und Optimierungsspielraum!

Wo beginnt Weiterbildung?

In den folgenden Ausführungen möchte ich mich auf jene Aspekte der Weiterbildung fokussieren, die im Zentrum meiner derzeitigen Tätigkeiten stehen: Menschen und Unternehmen, die Wissen aufbauen und gewinn-bringend einsetzen möchten. In jedem Aus- und Weiterbildungsformat unterscheide ich dabei zwischen Inhalt und didaktischem Konzept und möchte diese im Weiteren auch getrennt betrachten.

Weiterbildung beginnt für mich immer bei dem Wunsch, mehr Wissen anwenden zu können. Dabei kann Anwendung direkt in einer Aufgabe geschehen oder als Hintergrund verfügbar sein, sozusagen den Handlungshorizont erweitern.

Doch wo kommt der Wunsch her? Nicht bei allen Menschen ist das Bedürfnis nach Weiterbildung gleich stark ausgeprägt, sondern muss gelegentlich von außen angestoßen werden. Doch auch das gelingt nicht immer, dann können gemeinsam vereinbarte Ziele entscheidend sein: Mitarbeitergespräche, persönliche Gespräche, Anteil nehmen und Anteil haben lassen sind hierbei Möglichkeiten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Wunsch selbst entwickeln können.

„Du musst nur wollen, dann kannst du es auch lernen“ hat meine Oma immer zu mir gesagt. Ja schon, aber was, wenn ich eben nicht will? Was tun, wenn sich das Wollen nicht automatisch einstellt? Wenn der Wunsch hinter der Weiterbildung, den die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter hat, sich nicht mit dem Wunsch deckt, den die Organisation sieht? Dann liegt hier das eigentliche Arbeitsfeld, das es zu bearbeiten gilt.

Zwei Thesen zum Thema Weiterbildung…

„Weiterbildung kommt an, wenn innere Bereitschaft hergestellt ist“

In meinem Privatleben habe ich keine große Lust, mich mit digitalen Medien und Unterhaltungselektronik auseinanderzusetzen. Technisch würde ich schon verstehen, wie das funktioniert, aber doch wird aus mir nie eine gute Software-Programmiererin oder Unterhaltungselektronik-Verkäuferin werden – mag ich noch so viele Seminare zu diesen Themen besuchen.

Somit steht für mich die Frage nach der inneren Motivation nicht zufällig am Beginn jeder Weiterbildungsaktivität: Nachzulesen auch bei Robert Dilts‘ logischen Ebenen des Lernens kann Kompetenzaufbau nur dann erfolgen, wenn dieser auch im Einklang mit den eigenen Glaubenssätzen, Wertvorstellungen, Identität und Sinn steht. Die Gelegenheit, das zu überprüfen, sollte jedem eingeräumt werden. Und genau in diesen Ebenen findet das oben beschrieben Arbeitsfeld seine Lösungen, wenn Wunsch des Mitarbeiters und Wunsch des Unternehmens nicht im Einklang stehen. „Kompetenzaufbau bzw. -erweiterung findet statt, wenn Information auf Emotion trifft, wenn eigene Thesen entwickelt und ausprobiert werden dürfen.“

Ja, ich glaube an die typische „Vergessenskurve“: am besten können wir unsere Kompetenzen erweitern, wenn wir uns zunächst die Informationen gemerkt haben. Grundvoraussetzung dafür ist das sachliche Verstehen. Wenn wir intellektuell verstandene Inhalte mit unseren eigenen Emotionen, Erfahrungen, Wertungen koppeln können, steigert das die Merkfähigkeit extrem! Diese Kopplung sorgt auch dafür, dass wir das Gelernte gern anwenden, ausprobieren, für uns anpassen, unseren Weg dabei finden. Über diese konkreten Erfahrungen erweitern wir unsere Kompetenz. „Qualitätsmanagement“ ist für uns greifbarer, wenn wir selbst schon mal emotionalen Kontakt mit dem Thema hatten: eine unangenehme Kundenreklamation, ein qualifiziertes gutes Feedback, ein ausdrückliches Lob oder ähnliches lassen uns die theoretischen Begriffe ganz schnell in einen persönlichen Bezug bringen.

Weiterbildungsmaßnahmen haben für mich die Aufgabe, alle Stufen des Kompetenzaufbaus zu berühren: Verständliche Inhalte mit den eigenen Meinungen, Erfahrungen und Emotionen zu verbinden, Gelegenheiten zum Ausprobieren bieten, und die direkte Anwendbarkeit zu spüren und zu reflektieren. So entstehen im Menschen neue Handlungsmuster und Arbeitsweisen, neue Routinen – das ist letztendlich auch der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, einen Veränderungsprozess wirklich zu beschreiten.

Eine Weiterbildung muss ein Lernerlebnis sein, wo wirklich Erkenntnis stattfinden kann – mit allen oben beschriebenen Schritten. Lernen ist ein Prozess im Bewusstsein und im Unterbewusstsein und es ist die Aufgabe von Trainern und Trainerinnen, es zu gestalten.

Über die Praxis in Unternehmen in Sachen Weiterbildung und was es da zu verbessern gibt lesen Sie in Teil 2

Wie Gudrun Ghezzo Lernerlebnisse gestaltet erfahren sie auf unseren Seminaren und Konferenzen

Coachingskills für Führungskräfte 5 Nov 2018 6 Nov 2018

5. Nov 2018 – 6. Nov 2018

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