Von der Lochkarte bis zur Mobilität und IOT – Digitalisierung der Immobilienbranche mit Rück- und Ausblick

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Vor 50 Jahren gab es den Begriff Proptech noch nicht. Wohl aber gab es Unternehmen, die sich der Bau- und Immobilienbranche gewidmet haben und diese mit der damaligen Computertechnik zusammenbrachten. Domizil+ begleitet seit damals die Bau- und Immobilienwirtschaft und hat in dieser Zeit viel über den gesamten Immobilienzyklus gelernt. Norbert Klingenschmid ist Geschäftsführer des Unternehmens, das sich als Komplettanbieter für die Branche positioniert. Im Interview berichtet er über die Entwicklung der Digitalisierung bis hin zu den aktuellen Trends. Wichtigste Herausforderung dabei: Mobilität. Damit einher geht die Notwendigkeit, Sicherheit zu garantieren. Im Interview erfahren Sie, wie man mit diesem Thema bei domizil+ umgeht.

Autor Alexander Ghezzo

Ghezzo: domizil+ begleitet die Immobilienbranche schon über viele Jahre. Was hat sich in dieser Zeit an den Anforderungen und dem digitalen Know-how der Hausverwaltungen verändert?

Klingenschmid: Angefangen hat alles vor ca. 50 Jahren. Damals ging es noch hauptsächlich darum, die Themenbereiche Finanzen, Buchhaltung und Rechnungswesen abzudecken. Die Computertechnologie steckte noch in den Kinderschuhen. Wir arbeiteten mit Lochkarten. Das kennt heute ja fast niemand mehr.

In den letzten 20 Jahren kamen dann immer mehr Bereiche hinzu. Stichwort Facility-Management, Archivierung oder Workflow. Die Anforderungen an die EDV unterliegen einem Wandel, dem wir uns stets anpassen.

Der aktuelle Trend geht in Richtung Mobilität. Per App können diverseste Aufgaben schnell und einfach vor Ort eingegeben, abgefragt und abgearbeitet werden. Uns geht es aktuell nicht mehr nur darum, die eigenen Mitarbeiter (Hausverwalter etc.) mit mobilen Funktionalitäten zu versorgen, sondern vielmehr gleich alle beteiligten Stakeholder einer Immobilie (Prüf- und Wartungsdienste, Professionisten, Mieter/Eigentümer etc.) mit einzubinden. Damit lässt sich eine Arbeitsgeschwindigkeit und ein Servicelevel erreichen, der seinesgleichen sucht.

Der nächste große Schritt lautet dann IoT (Internet of Things). Diverse techn. Ausstattungen und Bauteile von Immobilien bekommen Sensoren, die die Daten automatisch versenden bzw. unmittelbar in die Datenbank einspeisen. Das erspart einerseits viel Zeit und liefert andererseits Daten zur Früherkennung von bevorstehenden Fehlfunktionen. So können beispielsweise Geräte repariert oder ausgetauscht werden bevor sie kaputtgehen oder größeren Schaden verursachen. Hier sind die Anwendungsfälle schier unbegrenzt.

Ghezzo: Im Lebenszyklus einer Immobilie sammeln sich ja unendliche viele Daten, die für ganz unterschiedliche Prozesse und Funktionen da sind. Als Komplettlösungsanbieter müssen Sie mit dieser Komplexität umgehen und Ihren Kunden das dahinterstehende Wissen transparent machen. Wie gehen Sie dabei vor und was sind die Herausforderungen?

Klingenschmid: Unsere Aufgabe als Komplettlösungsanbieter ist es, allen Abteilungen unserer Kunden Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, damit diese effizient arbeiten können. Die größte Herausforderung besteht darin, dass alle Beteiligten ihren Nutzen daraus ziehen und in weiterer Folge auch zusätzliche Daten verlässlich eingeben, selbst wenn sie im Arbeitsworkflow nicht unmittelbar davon profitieren sondern nur die nachgelagerten Abteilungen. Dies startet beispielsweise bei der Bauabteilung, geht weiter zum Verkauf, bindet Interessenten mit ein, geht weiter über die Rechtsabteilung und mündet letztendlich in der Hausverwaltung. Nur wenn alle Abteilungen bzw. Beteiligten mit der Software arbeiten und diese als unternehmensweite und sogar unternehmensübergreifende Wissensdatenbank nützen, kann gewährleistet werden, dass auch wirklich alle ihre Vorteile daraus ziehen – nämlich abteilungsübergreifende, umfassende und aktuell gewartete Informationen.

Ghezzo: Als etabliertes Unternehmen sind Sie jetzt umgeben von jeder Menge Proptechs, die von der Immobilienwirtschaft mit offenen Armen empfangen werden. Sind das für Sie Konkurrenten oder potentielle Partner?

Klingenschmid: Es gibt tatsächlich sehr viele Proptechs, die Apps anbieten, welche oftmals auch sehr gut gemacht sind. Diese decken aber meistens nur einen kleinen Bereich der Gesamtimmobilie ab. Als Komplettlösungsanbieter begleiten wir aber möglichst alle Prozesse, sorgen für Transparenz und liefern die Instrumente zur Verarbeitung und Auswertung der Daten. Unsere Aufgabe besteht nun darin, herauszufiltern, welche dieser Anwendungen unsere bestehenden sinnvoll ergänzen können, ohne dabei aber den Komplettlösungsansatz zu verlieren. Wir wollen also nicht unzählige Insellösungen miteinander verbinden sondern EINE Komplettlösung anbieten. Das war immer unser Ziel und wird es auch bleiben.

Ghezzo: Wo sehen Sie spannende Technologien und neue Features, die den Immobilienverwaltungen einen neuen Produktivitätsschub geben werden?

Klingenschmid: Hier komme ich nochmals zurück auf das Thema Mobilität. Wir stellen sicher, dass vor Ort möglichst alles abgearbeitet werden kann. Auf dem Smartphone oder Tablet können direkt bei der Immobilie die Daten eingespielt werden. Übersichtlich, einfach und schnell.

Das ist nicht nur für die Firmen sehr praktisch, sondern vor allem auch für die Bestandnehmer (Mieter bzw. Eigentümer), die vermehrt eingebunden werden sollen. Es funktioniert hier ähnlich wie beim Netbanking per App. Entdeckt der Mieter einen Mangel oder will seine Daten bei der Hausverwaltung ändern, so macht er das auch bequem über die App. Die mühsame Suche nach dem Ansprechpartner auf der Homepage, Telefonanrufe und E-Mails, die oft schnell untergehen oder mangelhaft archiviert werden, werden so obsolet. Sowohl Hausverwaltung als auch alle weiteren Firmen, die dann in den Prozess eingebunden sind, haben durch domizil+ sofort alle relevanten Informationen. Alle Bestandnehmer werden über den Schaden und dessen Bearbeitungsstatus informiert. Durch die Komplettlösung weiß jeder, was Sache ist. Das spart Zeit, Geld und schont die Nerven aller Beteiligten.

Ghezzo: Thema Cloud und Sicherheit: Sicherheit ist ja für die sensiblen Daten der Hausverwaltungen essentiell. Wie sichern Sie Ihre Daten?

Klingenschmid: Die Server stehen in einem renommierten Rechenzentrum in Wien und werden von Fachpersonal gewartet. Durch die Wahl von dedizierten Servern und einem kompletten Subnetz kann die Gefahr eines unerwarteten Datenverlustes im Rechenzentrum minimiert werden. Mit einer garantierten Uptime von 99,99% seitens des Hosters, einer 24/7/365 Verfügbarkeit mit Reaktionszeiten von 2h und garantierten HW-Tauschs innerhalb von 4h können wir für unsere Kunden Verluste aufgrund von nicht erreichbaren Servern nahezu ausschließen. Durch die Verwendung von aktuellen Frameworks (Angular & .net) und, gerade im Securitybereich, aktuellen und offenen Bibliotheken können softwareseitige Fehler vermieden werden. Die Übertragung der Daten vom Client zum Server wird durch ein verpflichtendes und durchgängiges Verwenden von SSL Zertifikaten gesichert. Der Login kann mit TOTP abgesichert werden und alle Passwörter werden nach den Empfehlungen von NIST geprüft.

Durch die Entscheidung, unsere private Cloud von den Systemen der Kunden loszulösen und lediglich einen einseitigen Abgleich zu erlauben, können unsere Kunden ihr internes Netz abschotten und schaffen hier keinerlei weitere Angriffspunkte. Der einzige erreichbare Server in diesem Szenario ist unser Webserver, welcher in regelmäßigen Abständen von einer anerkannten Sicherheitsfirma einem Pen-Test unterzogen wird.

Ghezzo: Wie geht es denn bei domizil+ weiter?

Klingenschmid: Wir sehen unsere Stärke weiterhin in der Funktion als Komplettlösungsanbieter. Es wird aber schon eine Herausforderung sein mit einer rel. kleinen Mannschaft (wir sind rd. 40 Mitarbeiter) den gesamten IT-Bedarf der Immobilienbranche abzudecken. Die künftigen Entwicklungen werden verstärkt im Online-Bereich angesiedelt sein. Geplant ist auch eine vermehrte Zusammenarbeit mit Proptechs, um den Digitalisierungsfeldern der Immobilienwirtschaft gerecht werden zu können.

Treffen Sie Norbert Klingenschmid persönlich auf der Digitalize Bau Immo 3 0 am 7 März 2019 Melden Sie sich hier an

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