Six Sigma: Mach keine Fehler, spare Kosten und hab Spaß mit Mathematik und Statistik?

by Alexander Ghezzo

six sigma ghezzo

Seit mehreren Jahren bieten wir Lehrgänge zum Thema Six Sigma an und sind bei Inhouse Projekten dabei. Das Konzept von Six Sigma fußt dabei stark auf statistischen Methoden. Immer mehr Beratungskonzepte gehen weg von reiner quantitativen Unternehmenssteuerung. Verliert Six Sigma dadurch an Relevanz. Dazu haben ich unsere hauseigene Expertin Gudrun Ghezzo befragt um auch zu sehen was Six Sigma den Unternehmen bringt.

Alexander Ghezzo: Six Sigma: Bitte fass uns in drei Sätzen zusammen, was das eigentlich ist?

Gudrun Ghezzo: Ein „Null-Fehler“-Programm: Das Unternehmen muss zu aller Erst definieren, was Null Fehler im speziellen Anwendungsfall bedeutet.

Ein Kosteneinsparungsprogramm: In der Regel geht es bei Six-Sigma-Projekten darum, Einsparungen zu realisieren

Ein Organisationskonzept: stringentes Projektmanagement, Management Attention und interdisziplinäre Teams sind dabei drei wesentliche Säulen.

AG: Für welche Unternehmen ist das interessant?

GG: Obwohl Six Sigma in der und für die produzierende Industrie geschaffen worden ist, kann es in allen Unternehmen angewendet werden, für die obenstehende Ziele interessant sind. In ganz kleinen Unternehmen wird sich die Frage einer Six-Sigma-Projektorganisation aber eher nicht stellen. Da bleibt dann nur: „Copy the spirit, and not the form“

AG: Und für wen im Unternehmen?

GG: Als Green- oder Black Belts kommen alle Personen in Frage, die für Optimierungen zuständig sind. Das kann Produktion, Instandhaltung, Logistik, IT, Marketing, Finanzen und Controlling usw. betreffen.

Und definitiv muss es was für die Führungskräfte sein, denn ohne deren konkreten Auftrag und Rückhalt gelingt kein Projekt.

AG: Was waren die coolsten Projekte, die aus einer Six Sigma Ausbildung resultiert sind?

GG: Da waren Rüstzeiten an Anlagen, die plötzlich um 70% reduziert werden konnten; Optimierungen in der Produktqualität, indem die Lieferanten gleich mit ins Projekt eingebunden wurden; Anpassungen in der Produktstrategie durch tiefgreifende Analyse von Produktionsdaten; nachgewiesene Steigerung der Kundenzufriedenheit im Servicebereich, u.v.m.

AG: Gibt es Indikatoren dafür, dass man besser die Finger von Six Sigma lassen sollte?

GG: Ja, das gilt aber nicht nur für Six Sigma: Six Sigma ist stark auf Zahlen, Daten und Fakten bezogen, diese Datengrundlagen müssen gegeben sein oder zumindest geschaffen werden können. Die wichtigsten Stolpersteine sind aber, dass die handelnden Personen nicht ausreichend Zeit zur Verfügung bekommen, ein Projekt quasi zusätzlich zum Tagesgeschäft abwickeln müssen. Oder dass die Führungskräfte mit dem Auftrag zum Projekt ihre Unterstützung einstellen. Was ich leider auch schon mal erlebt habe, ist der Versuch, durch Six Sigma Projekte Führungsverantwortung abzugeben – das geht schief!

AG: Was unterscheidet den Black vom Green Belt und wie hängen sie zusammen?

GG: Typischerweise leitet ein Green Belt ein, maximal 2 Projekte. Dem Black Belt kommt die Aufgabe zu, alle Projekte in der Organisation zu überblicken, Synergien und Schnittstellen aufzuzeigen und zu managen, und auch mal selbst ein großes Projekt zu leiten. Auch hier gilt aber: Das Unternehmen muss für sich entscheiden, welche Aufgaben zu welchen Rollen passen und wer diese Rollen in der Organisation übernimmt.

AG: Six Sigma ist stark an Kennzahlen und Statistik orientiert. Dabei sprechen doch alle von Design Thinking und der Irrelevanz der Kennzahlen in der komplexen Welt. Macht das Steuern mit mathematischen Methoden noch Sinn und/oder Spaß?

GG: Um an der reinen Statistik Spaß zu finden, muss man schon einen eigenen Humor haben 🙂

Six Sigma begegnet dem folgendermaßen: Es ist schon klar, dass Zahlen, Daten und Fakten analysiert werden müssen. Die Zahlen sind dabei nicht alles, es zählen auch Fakten wie strategische Entscheidungen, Wettbewerbspositionierungen und weitere Soft Facts.

Die Six Sigma Herangehensweise ermutigt, (auch kreative!) Entscheidungen auf der Z-D-F Basis zu treffen, hier geht’s voll ins Design Thinking hinein. Und mehr noch: Während sich Six Sigma auf die Optimierung von bestehenden Prozessen und Produkten bezieht, geht DFSS (Design for Six Sigma) den Schritt weiter, neue innovative Ansätze zu verfolgen.

AG: Wo bleibt der Human Factor?

GG: Der Human Factor ist eine Kulturfrage! der ist überall drin, wo die Organisation das auch zulässt. DURCH ein Six Sigma Projekt kommt der nicht ins Unternehmen, wenn er schon drin ist, kommt er aber auch ins Six Sigma Projekt: In der Art, wie Projektaufträge formuliert werden, wie Teams zusammengesetzt werden, wie Entscheidungen für Verbesserungen getroffen werden, etc.

Ein konkretes Beispiel dazu: In der Optimierung eines Arbeitsprozesses wurden so viele Stunden eingespart, dass theoretisch 2 Personen weniger für dieselbe Arbeit erforderlich sind. Der Human Factor hierbei war, von vornherein seitens der Geschäftsleitung zu deklarieren, dass sicher niemand seinen angestammten Arbeitsplatz verliert, weil davon ausgegangen werden kann, dass mit der gewonnen Zeit viel Sinnvolles, Zukunftsweisendes, oder einfach weitere Verbesserungen umgesetzt werden können.

Zusammengefasst:

Six Sigma ist aktueller denn je, wenn man zulässt, das Projekte sauber definiert und top-down gesteuert werden, dass die Philosophie und nicht die Methoden im Vordergrund stehen, weil auch große Dinge damit angegangen und bewältigt werden können, für die neben dem daily business oft keine Zeit bleiben.

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