Oliver Kahn, Michael Altrichter, moderne Unternehmensführung und zeitgemäße Zertifizierung – „The road to“ TÜV SÜD Leadership Symposium

by Alexander Ghezzo

 

TÜV Süd, 2018 (c)wildbild

Alexander Langer verantwortet bei der TÜV SÜD Landesgesellschaft Österreich den Bereich Management Service und Zertifizierung. Klar, dass sich bei einer Organisation, die ständig Verbesserungspotentiale bei anderen Unternehmen aufzeigt, viel Know-how ansammelt; und auch klar, dass es sich für alle lohnt, sich darüber auszutauschen. Das ist der Grundgedanke einer Veranstaltung, die wir gerne unterstützen, zumal es auch für uns die perfekte Möglichkeit bietet, uns auszutauschen, Wissen zu teilen und Teil eines Konferenzprogramms zu sein, das nur so wimmelt von Executive Managern und inspirierenden Menschen, wie Oliver Kahn und Michael Altrichter.
Im Interview habe ich Alexander Langer gebeten uns über seine Learnings „On the road to“ TÜV SÜD Leadership Symposium zu erzählen. Ich wollte auch von ihm wissen, was das Streben etablierter Organisation hin zu Startup Mentalität und Flexibilität für die Zertifizierungswelt bedeutet. Dabei geht Alexander Langer auch auf die eigenen internen Silos und die Herausforderungen ein, Menschen zu begeistern, welcher Generation sie auch angehören.

Autor Alexander Ghezzo

Ghezzo: Warum gibt es am 3. April 2019 das TÜV SÜD Leadership Symposium erstmals in Österreich?

Langer: Das TÜV SÜD Leadership Symposium ist eigentlich ein Wunsch unserer Kunden.
Zertifizierungskunden haben unseren Auditoren regelmäßig kommuniziert, dass neben kompetent abgewickelten Zertifizierungsverfahren bzw. Audits auch der Wunsch nach weiterführenden Events des TÜV SÜD vorhanden ist. Dieser Wunsch war die Grundidee für das TÜV SÜD Leadership Symposium 2019.
Das TÜV SÜD Leadership Symposium ist ein Teil der Strategie, die Bekanntheit des TÜV SÜD in Österreich zu festigen und auszubauen.

Ghezzo: Was wollen Sie mit dem TÜV SÜD Leadership Symposium bewirken?

Langer: Einfach gesagt: Wir wollen Antworten geben auf jene Fragen, die den leitenden Organisations-Verantwortlichen unter den Nägeln brennen.

Um diese Zielsetzung sowohl informativ als auch spannend umzusetzen, haben wir uns mit unserem Partnerunternehmen Ghezzo entschieden, ein Advisory Board abzuhalten. Dabei wurden die Themen erhoben, welche die Unternehmerlandschaft in den nächsten Jahren prägen.
Da sind dann auch Themen dabei, die auf den ersten Blick gar nicht so neu wirken, wie z. B. das Bereichs- oder Kostenstellen-Denken. Wir fassen dieses Thema als „Silo-Denken“ zusammen. Kommt uns doch allen bekannt vor, oder? Aber wie gehen wir damit in Zukunft um und wie lösen wir derartige Aufgabenstellungen? Forcieren wir eventuell sogar so manchen Silo?

Zusätzlich gibt es aber auch Antworten zu aktuellen Fragestellungen, wie z. B. Generation Y und Generation Z. Das sind die Herausforderungen, die unmittelbar anstehen.

In Kombination mit weiteren „Dauerbrennern“, wie z. B. Vertrieb, Führen von Teams, Zertifizierungen, Erfüllung von Anforderungen und Nachhaltigkeit ergibt das eine Mischung, die eine wesentliche Frage ergibt: Die Frage nach den tatsächlichen „Unternehmenswerten“.

Dieses Symposium soll uns einen Spiegel vorhalten und uns Anleitung für ein besseres Managen geben.

Ghezzo: Bei der Programmgestaltung des TÜV SÜD Leadership Symposiums haben Sie sich sehr daran orientiert, welchen Herausforderungen Führungskräfte heute gegenüberstehen. Welcher Programmpunkt ist denn für Sie in Ihrer beruflichen Situation derjenige, bei dem Sie sich am meisten wiederfinden?

Langer: Es gibt hier zwei richtige Antworten:
1. In meiner persönlichen beruflichen Situation ist es das Thema „Zertifizierungen“ 😉

Aber das ist bei meinem Job ja geradezu logisch.

2. Im Detail kristalliert sich es bei diesen Zertifizierungen/Audits immer wieder ein „Dauergast“ heraus: Das richtige Personal zu finden und zu halten. Das bedeutet u. a. auch unterschiedliche Herangehensweisen bei „jungen“ und „weniger jungen“ MitarbeiterInnen. Das ist die große Herausforderung für Organisationen. Da sind ManagerInnen gefragt.

Sie werden jetzt vielleicht fragen: „Warum dieses und nicht die anderen Themen des Symposiums?“
Kurz beantwortet führen sämtliche Themen dazu, dass weitere MitarbeiterInnen benötigt werden. Z. B. führt ein funktionierender Vertrieb dazu, dass weiteres Personal benötigt wird. Personal für die Produktion und die Dienstleistung, Personal für Kommunikation, etc.

Zusätzlich kommt es dann vor, dass innerhalb einer Firma „die da oben“ oder „die da drüben“ „keine Ahnung“ haben. Da sind wir dann bei den „Silos“.

Silo-Themen beschäftigen auch TÜV SÜD. Wir sind da ganz offen und daher ist auch der CEO der Region Central Eastern Europe des TÜV SÜD, Herr Rentsch bei der Diskussionsrunde dabei.

Manche Silos mögen ja gut performen. Viele Organisationen haben auch tatsächlich einige „gute Silos“. Aber NUR durch das perfekte Zusammenspiel ALLER Silos entsteht das gemeinsame Ganze: Das ist dann ein High-Performance-Team. Dazu wird Oliver Kahn ganz spannende und für so manchen von uns überraschende Dinge schildern.

Ghezzo: Was waren für Sie die interessanten Erkenntnisse bei der Gestaltung der Konferenz?

Langer: Es gibt hier mehrere interessante Facetten:

1. Digitalisierung ist nicht mehr ganz oben auf der ToDo-Liste der Organisationen.

2. Zertifizierungen nach z. B. ISO 9001 wird von vielen Verantwortlichen als eine der wenigen Möglichkeiten gesehen, die eigene Organisation „durch einen neutralen Betrachter auf den Prüfstand zu stellen“.
Bei Innenrevisoren, Wirtschaftsprüfern, Kundenaudits, etc. muss man bestehen und „durchkommen“. Die ISO 9001 erlaubt aber auch, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Dadurch besteht durch eine 3rd party Zertifizierung die Möglichkeit sich zu verbessern.
Ich will diese Haltung und Sichtweise der Unternehmensverantwortlichen noch stärker bei Audits durch den TÜV SÜD zum Vorschein bringen. Daran arbeiten wir bei TÜV SÜD bereits.

3. Unternehmenskultur, Unternehmenswerte sowie nachhaltiges Wirtschaften werden noch ernster genommen als bisher. Erfolgreiches Wirtschaften ist mehr als Umsatz, Rendite, ROI, EBIT, EBITDA, etc.

4. Eine interessante Erkenntnis, die mich persönlich betrifft: Ich gehöre schon der Generation X an 😉 … Das wird verständlicherweise nicht jeden interessieren …. Aber diese Erkenntnis könnte für jeden für sich persönlich eine bedeutende sein.

Ghezzo: Was erwarten Sie denn von Oliver Kahn? Was kann ein Profifußballer ManagerInnen mitgeben?

Langer: Meine Antwort auf sowohl Ihre erste als auch Ihre zweite Frage: Sehr viel.
Ich habe bereits vor unserem Advisory Board an Oliver Kahn als Keynote-Speaker gedacht. Ein erstes – sehr persönliches – E-Mail sendete ich bereits im Sommer 2018 an Oliver Kahn.

Dieser erste Gedanke, Herrn Kahn als Keynote-Speaker zu gewinnen, hat sich in mir umso mehr ausgeprägt, je mehr die Themen für das Symposium im Laufe des Herbst 2018 erarbeitet wurden.

Zur Klarstellung: Fußball ist ein Teamsport. Zum Team zählen nicht nur die 11 Personen, die am Platz stehen. Da gehören auch die Spieler auf der Ersatzbank, auf der Tribüne, im Krankenhaus, in den Nachwuchs-Mannschaften, etc. dazu. Der Trainerstab, das Management, das Präsidium usw. Die Fans sind die wichtigste interessierte Partei. Zusätzlich gibt es die Schiedsrichter, die Sponsoren, die nationalen und internationalen Verbände, die Mitstreiter uvm.

Fußball ist ein Milliarden-Business mit vielen Beteiligten.

Oliver Kahn polarisierte und war damit in seiner aktiven Laufbahn eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die das Milliarden-Business Fußball mitprägte – auf und neben dem Platz.

Oliver Kahn steht für Erfolg. Erfolg mit einem Team wohlgemerkt – egal ob der FC Bayern oder das deutsche Nationalteam.
Aber er durchlebte auch schwierige Phasen. Er hat regelmäßig vorgemacht, was es heißt aufzustehen.
Das wird Oliver Kahn den TeilnehmerInnen am Symposium mitgeben. Er wird auf das Führen von High-Performance-Teams und auch den Umgang mit Rückschlägen eingehen und er wird mitdiskutieren bei einer hochkarätigen Runde zu den Werten von Unternehmen.

Ich freue mich darauf wirklich sehr.

Ghezzo: Welche Trends im Bereich Zertifizierungen sind für Sie aktuell spannend?

Langer: Der Trend ist klar: Ein Audit ist mehr als das Prüfen von Normforderungen. Unsere Auditorinnen und Auditoren sind zusätzlich Prozess-Begleiter, die unseren Kunden Möglichkeiten vermitteln. Die Audits verschiedener Anforderungsstufen sollen integriert und kombiniert durchgeführt werden. Kompakte und ergebnisorientierte Abwicklung ist Standard.

Integriert bedeutet heute noch mehr als Qualität, Umwelt und Arbeitssicherheit in einem Audit. Heute kommen Anforderungen hinsichtlich Energiemanagement, Informationssicherheit und weitere branchenspezifische Standards hinzu. TÜV SÜD ist oftmals ein Lotse durch die teilweise fast nicht mehr überblickbare Forderungslandschaft. Weniger ist für mein Verständnis hier manchmal mehr. Es geht uns bei TÜV SÜD um den Kunden, denn dieser ist im Mittelpunkt.

Eine Auditierung/Zertifizierung nach internationalen Anforderungen, wie z. B. der ISO 9001 wird durchgeführt durch AuditorInnen von unabhängigen Prüfungs- und Zertifizierungsgesellschaften, wie dem TÜV SÜD.

Neben der Kompetenz der Auditorinnen und Auditoren wird den Aspekten Unparteilichkeit und Unabhängigkeit immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Dies vernehme ich sowohl von unseren Kunden als auch von der uns überwachenden Institution, der Akkreditierung Austria. Die wertfreie und unparteiische Ergebnisfindung aller Beteiligten im Zertifizierungsprozess steht immer stärker im Fokus.

Als TÜV SÜD verfolgen wir in Österreich den Weg, die Audits überwiegend mit Eigenpersonal – das heißt mit bei uns beschäftigten Auditorinnen und Auditoren – durchzuführen.

Dadurch gewährleisten wir sowohl eine routinierte Auditabwicklung als auch eine unvoreingenommene Entscheidungsfindung.

Ghezzo: Den „Startup-Spirit“ wollen sich auch viele etablierte Unternehmen zu eigen machen, um schnell und innovativ zu sein. Was bedeutet das für die Zertifizierung? Da prallen doch sehr unterschiedliche Welten aufeinander?

„Eigentlich Nein“ und „Doch Ja“ !!
Was ich damit meine? ….
…. „Eigentlich Nein“, weil Startup-Spirit und Zertifizierung sich absolut NICHT ausschließen. Die heutigen Zertifizierungsanforderungen stehen nicht mehr für reihenweise Ordner befüllt mit Vorgabepapieren. Insbesondere bei der ISO 9001, welche die mit Abstand meistzertifizierte Anforderungsnorm darstellt, sind diese Zeiten lange vorbei. Agile Organisationen sind heute besser denn je zertifizierbar. Es sind schlanke Systeme gefragt, die Flexibilität und Schnelligkeit mit einem risiko- und chancenbasierten Ansatz erlauben.

Und da war auch schon ein entscheidendes Wort: „Risiko“. Viele Organisation kümmern sich um die Risiken und damit „verkümmern“ sie sich. Chancen werden oftmals außer Acht gelassen.

Diese Fixierung auf Risiken existiert in sehr vielen Organisationen – unabhängig davon, ob eine Zertifizierung vorhanden ist oder nicht. Oftmals sind die hauseigenen Systeme und Regelungen darauf ausgelegt, den Risiken stärkeres Augenmerk zu schenken. Chancen werden dadurch oft nicht wahrgenommen oder „weganalysiert“.

„Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“ kommt mir dann hin und wieder in den Sinn.

„Die Anforderungen der Organisation“ zu überprüfen. Das ist beispielsweise eine Forderung aus der ISO 9001. Zu beachten ist aber, dass „die Anforderung der Organisation“ NICHT aus der ISO 9001 kommt, sondern „aus der Organisation“. Oftmals ist es die sehr komplexe und in manchen Fällen sogar widersprüchliche Regelungslandschaft der Organisation, die zum Eindruck führt, weniger schnell oder weniger innovativ zu sein.

Durch komplexe Regelungen in Kombination mit „Silo-Denken“ und mit schlechter interner Kommunikation entsteht für viele MitarbeiterInnen der Eindruck von Stillstand oder Trägheit. ……

…. Und daher „Doch Ja“, weil der Startup-Spirit auf schnelle Art und Weise oft nur „eingekauft“ werden kann. Ein „Startup-ähnliches“ Unternehmen wird man nicht von heute auf morgen. Man kann aber neue Organisationseinheiten zukaufen – auch über Nacht;-). Übrigens haben große Organisationen damit gleich den nächsten Silo im Haus …..
Es bedarf eines guten Managements, diesen Silo dann so zu integrieren, dass man gleichzeitig flexibel bleibt bzw. wird. Das ist die Herausforderung für das Management.

Alexander Langer ist Initiator und Vortragender des TÜV SÜD Leadership Symposium. Mit dabei sind u.a. die GeschäftsführerInnen und leitende ManagerInnen von Unternehmen wie Attensam, AluKönigStahl, Fronius, Pewag, Kapsch, Swietelsky, Miele, GLS u.v.a.

 

 

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