Die Eventbranche ist sicher eine der Wirtschaftszweige die durch die Coronakrise am stärksten getroffen war. Allein die kleinteilige Struktur, die Abhängigkeit von der Möglichkeit der persönlichen Begegnung und der totale Umsatzentgang in der Hauptsaison hat schon einige Unternehmen zum Aufgeben gezwungen.
Jetzt geht es darum, wie es mit Events weitergehen kann. Passen die aktuellen Regelungen, bzw. sind sie transparent genug? Welche Chancen und Ideen gibt es zur Digitalisierung von Events? Wie sieht der Event der Zukunft aus?
Dazu haben wir uns mit Eventprofis mit unterschiedlichem Background und Blickwinkel auf den Veranstaltungen zusammengesetzt und diskutiert, natürlich online und mit einem Publikum aus Eventveranstaltern, Hoteliers, Consultants und Marketingexperten, die sich durch Chat auch persönlich einbringen konnten.
Mit Gudrun Ghezzo haben diskutiert:
- Michael Ghezzo, Confare
- Erik R. Kastner Bundessprecher von Eventnet Österreich der Wirtschaftskammer Österreich
- Erich Kulicska, eventtechnik.com
- Barbara Leithner, Managing Director bei Reed Exhibitions Austria
- Charlotte Steenbergen, European Forum Alpbach




Die aktuellen Vorgaben und Auflagen und ihre Praxistauglichkeit
Für Events gelten aktuell immer noch diverse Einschränkungen, die sich jedoch nach und nach lockern. Klar: eine Pandemie und der Einbruch der Wirtschaft können nicht völlig ohne Konsequenzen für die Branche bleiben. Was uns Eventmanagern das Leben schwer macht, sind zwei Dinge:
- Planungsunsicherheit: Das Forum Alpbach, so berichtet Charlotte Steenbergen, hat sich früh entschieden, seinen großen Sommerevent völlig umzukrempeln, mit einem kleinen „physischen“ Anteil vor Ort und einer starken Onlinekomponente. Aktuell hätte man aber doch einen Event mit nur leichten Anpassungen durchführen können.
Beim Carinthischen Sommer hat man sich zu einer gegenteiligen Strategie entschieden und weiter an der Umsetzung gearbeitet. Letztlich wurde das Programm dann mehr als halbiert. Wie man es macht… Die Ungewissheit führt dazu, das Geld verbrannt wird, oder Chancen ungenutzt bleiben. - Die politischen EntscheidungsträgerInnen kennen sich zuwenig mit den Anforderungen des Eventgeschäfts aus.
Erik R. Kastner ist Chef von Opus-Events und Bundessprecher von Eventnet Österreich der Wirtschaftskammer Österreich. In seinen Gesprächsrunden mit BundesministerInnen Köstinger, Schammböck undCo stellte er fest, dass diese durchaus überrascht sind, wenn sie erfahren, dass für viele Eventdienstleister das gesamte Frühjahr ohne eine einzige gestellte Rechnung vorüberging. Vielleicht sei man in dieser Branche zu wenig organisiert, um auf die eigene Situation aufmerksam zu machen, meint Erik. Den Entscheidungsträgern in der Politik muss klar werden, dass man Events nicht einfach aus- und einschalten kann. Für einige Events braucht es Jahre der Vorbereitung und mit einer Absage geht ein ganzer Jahresumsatz flöten. Noch dazu sind über 90% der 6000 Unternehmen aus dem Eventbereich EPUs, die momentan gerade 1000€ Notfallhilfe bekommen.
Behaltefristen nach der Kurzarbeit sind für Kleinstunternehmen eine große Schwierigkeit. Erik meint dazu: „Auf Pressekonferenzen werden Dinge versprochen die dann von denen, die sie umsetzen müssen, nicht gehalten werden können.“
Je nach Event und Unternehmensart haben die aktuellen Einschränkungen unterschiedliche Auswirkungen. Während das Forum Alpbach nun sehr gut mit den aktuellen Auflagen zurechtkommt, kann Reed Exhibition damit wenig anfangen.
Michael Ghezzo von Confare fasst das so zusammen: „Was für Theater und Kino passt, passt nicht für Events!“. Ihm ist noch unklar, wie er Maßnahmen wie fixe Sitzplätze und Masken. bei seinen Kongresses umsetzen wird.
Auch für Reed Exhibition sind die Beschränkungen auf 1250 Personen, die Messen unmöglich macht.
Alle Überlegungen das Eventgeschäft wieder wie früher durchzuführen, würden bei einer zweiten Ansteckungswelle obsolet, selbst wenn es nicht wieder zu einem völligen Shutdown käme.
Neue Geschäftsmodelle
In Sachen neuer Geschäftsmodelle hat Barbara Leithner bei Reed Exhibitions Austria radikale neue Schritte gesetzt. Corona Protection Shields aus Plexiglas wurde gebaut, verkauft und montiert. Im Reed Exhibitions Konzern konnte man international auch schon viele Erfahrungen sammeln, was Online Events und Messen betrifft. So wurde erst kürzlich eine Messe in Frankreich ganz auf Online umgestellt. Es gab Streaming, One2One Meetings, Gruppensession usw. Es hat funktioniert, aber die persönliche Komponente und der Flair einer Messe in Cannes o.ä. einer ähnlichen Location konnte sicher nicht erreicht werden.
Erich Kulicska hat mit seinem Eventtechnik-Unternehmen einige Aufträge in Sachen Außenwerbung durchführen können. Er setzt in Zukunft darauf, seinen Kunden zu ermöglichen, online und offline zu arbeiten.
Hybride Events
Und damit kommen wir schon zu den hybriden Konzepten, wie sie das Forum Alpbach durchführen wird. Darin steckt ja eine große Chance, weil man auch mit einem lokalen Event weltweit Menschen erreichen kann, sich Reisekosten spart und interessante Setups bauen kann.
Online allein, ist wohl nicht ganz das Gelbe vom Ei. Das war die einhellige Meinung auch im Publikum unserer Diskussion. „Trainings online abhalten ist zwar möglich, aber alles andere als optimal: die Dauer ist massiv eingeschränkt (mehrere Stunden sind auch mit Pausen kaum möglich), die Inhalte müssen völlig anders dargestellt werden, Praxis ist de facto gar nicht machbar, ….“ oder „Fazit: Unsere Zielgruppen sind digital so übersättigt, dass die Teilnehmerzahlen sehr gering waren, da wir ja alle stundenlang in Telkos sitzen.“
Was aber sowieso angestanden wäre, ist die Digitalisierung mancher Aspekte eines Events. 1000 Flugkilometer, um irgendwo einen Vortrag zu halten, oder für ein 20 minütiges Meeting, das ist nicht zukunftsfähig.
Sind Kunden wieder bereit für Events zu bezahlen.
Es ist ja nicht gerade so, als ob unser Geschäftsmodell gescheitert wäre. Das persönliche Treffen – das Face2Face Meeting – ist nicht zu ersetzen. Die Digitalisierung des feuchten, lauwarmen Händedrucks, die ist noch nicht erfunden, meint Erik.
Und so spürt die Eventbranche, dass ihre Kunden wieder auf Meetings hoffen. Michael Ghezzo ortet das auch bei seinen Partnern: „Unternehmen brauchen Veranstaltungen um Kunden anzusprechen, sie scharren schon in den Startlöchern, sonst ist auch ihr Geschäft gefährdet.“
Aber die Unsicherheit ist groß: Können Events wirklich durchgeführt werden? Darauf reagieren Eventveranstalter mit der Garantie einer Durchführung. Events werden auf keinen Fall abgesagt, sondern eher verschoben.
Die Zukunft der Eventbranche
Erich erzählt scherzhalber von einer Top 10 Liste an unnötigen Events unter den Eventtechnikern. Events, die reiner Selbstzweck sind, die nur dazu da sind Marketingbudgets aufzubrauchen, die wird es lange nicht mehr geben. Veranstaltungen brauchen das, was unter den HR Verantwortlichen Purpose heißt. Das fasst Michael so zusammen: „Wo sich viele gute Leute treffen, muss nachher irgendetwas besser sein!“
Erik zitiert hier den Marketingleiter eines großen Automobilkonzerns: „Wir machen Events nur mehr, um Content zu erzeugen.“ Deswegen bauen auch Reed Exhibitions Austria und European Forum Alpbach auf Content Hubs.
Gerade jetzt braucht es agiles Eventmanagement und professionelle Gestaltung. Menschen wollen sich treffen, um sich auszutauschen, zu verkaufen und zu kaufen, sich zu unterhalten und zu präsentieren. Aber der Rahmen muss wertig und sicher sein. Interaktivität und wertiger Content, sowie starke Flexibilität – das sind die Erfolgsrezepte für eine wieder erstarkende Eventbranche.