Energiewende braucht Speicher: Österreichische Alternative zur Lithium Ionen Technologie

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Energiespeicher sind ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Im Zuge unserer Konferenz “Close the Circle“ haben wir dazu das österreichische Unternehmen CellCube kennengelernt, das uns durch zwei Dinge besonders beeindruckt hat: erstens ist das Unternehmen weltweit erfolgreich tätig und zweitens bietet es mit seiner Vanadium Redox-Flow Batterie, die ihre Speicherkraft auch nach 20 Jahren behält, eine Alternative zur Lithium Ionen Technologie. Dazu haben wir Alexander Schönfeldt, CEO von CellCube – Enerox GmbH, interviewt und nachgefragt, wie Blackouts vorgebeugt werden können, wie Österreich in Sachen Energiewende im internationalen Vergleich steht und wie Vanadium Redox-Flow funktioniert.

Ghezzo: Ausfallsicherheit, die Angst vor einem echten Blackout, auch die Herausforderung durch die Integration erneuerbarer Energien: Wie erleben Sie das bei Ihren Kunden?

Schönfeldt: Immer mehr Kundenanfragen konzentrieren sich auf das Thema elektrische Autonomie. Industrie- und Gewerbebetriebe suchen einerseits nach Möglichkeiten, um an ihren Betriebsstandorten grünen Strom durch erneuerbare Energieerzeugungsquellen selbst zu produzieren, und sich – in Kombination mit einem Energiespeicher – mehrheitlich vom Stromnetz abzukoppeln bzw. dieses nur im Bedarfsfall zu nutzen. Andererseits möchten sich Betriebe durch Energiespeicher für den Fall eines Stromausfalls absichern. Ein mehrstündiger Stromausfall bedeutet, je nach Branche, große finanzielle und womöglich auch soziale Verluste, wenn es sich um einen Betrieb in der kritischen Infrastruktur handelt. CellCube bietet durch seinen Langzeit-Energiespeicher eine ideale Lösung zur Blackout-Vorsorge und Autarkie. Strom kann über mehrere Stunden bis zu mehreren Tagen gespeichert werden und ohne Selbstentladung im Bedarfsfall genutzt werden. Ein CellCube Energiespeicher ist aufgrund seiner langen Lebenszeit von über 25 Jahren nachhaltig und bietet Sicherheit und Optimierung für die Erneuerbaren-Anlagen von Betrieben.

Ghezzo: Wir erleben eine Zeit, in der fossile Energie teurer wird und alternative Energien noch zu wenig ausgebaut sind. Welche Rolle spielen Energiespeicher bei der Energiewende?

Schönfeldt: Energiespeicher spielen eine zentrale Rolle in der Energiewende – sie machen die derzeit preis- und umweltfreundlichsten Energien, gewonnen aus Photovoltaik und Wind, rund um die Uhr verfügbar. Der Ausbau von günstigen erneuerbaren Stromquellen geht einher mit erhöhter Volatilität im Energienetz. Mit einem Energiespeicher wird Stabilität geschaffen und gleichzeitig kann das volle Potential erneuerbarer Energien ausgeschöpft werden. CellCube identifiziert mit seinen Kunden individuelle Lösungen für spezifische Anwendungsfälle, um den Betrieb ihrer Speicher wirtschaftlich hoch attraktiv zu gestalten.

Ghezzo: CellCube ist ein österreichisches Produkt. Sie haben Kunden und Projekte auf allen Kontinenten. Was können wir in Österreich in Sachen Energiewende von anderen Ländern lernen?

Schönfeldt: Das Bestreben, den Ausbau von Erneuerbaren voranzutreiben, und mit entsprechenden Langzeitspeicherlösungen eine stabile und C02 neutrale Energiewirtschaft zu gewährleisten, ist rund um die Welt zu beobachten. Generell nehmen diese Bemühungen und auch das Bewusstsein für erneuerbare Energien weltweit zu, was sich auch in entsprechenden Förderprogrammen vieler Regierungen zeigt. In Österreich sind wir mit einem sehr hohen Anteil an erneuerbarer Stromerzeugung auf einem guten Weg. Unser Stromnetz ist im europäischen und internationalen Vergleich in einem guten Zustand. In den Bereichen der lokalen oder dezentralen Stromerzeugung sowie der Netzanschlüsse und der Umsetzungsverordnungen hinken wir jedoch massiv hinterher. In anderen Ländern ist dies nicht unbedingt besser, aber die Verwendung von insbesondere Langzeit-Speichern ist eine häufig genutzte bzw. anerkannte Lösung für diese Probleme. Deshalb ist es wichtig, die gute Ausgangslage als Startvorteil zu nutzen und mit Innovation und Dezentralisierung in der Energieversorgung das Ziel einer emissionsneutralen Zukunft, bei einer Verwendung von bis zu 100% erneuerbarer Energie, zu erreichen. Trotz des beschlossenen Ausbaugesetzes in Österreich gibt es noch sehr viele Umsetzungshürden hinsichtlich der Verbesserung der erneuerbaren Stromerzeugung und der damit verbundenen Stromspeicherung ‚hinter dem Zähler‘. Eine mögliche Chance lässt sich Österreich gerade entgehen. Anders als in anderen Ländern wird z.B. bei der Errichtung von Wind- und Solarparks keine verbindliche Speichernutzung vorgeschrieben, obwohl dies nachweislich die CO2 Reduktion verbessert. Die auf EU-Ebene beschlossene REDIII Richtlinie würde die Kollokation mit Wind- oder PV-Anlagen ermöglichen – in Österreich wurde dies nicht umgesetzt. Auch die aktuell viel beachtete RE-Power Initiative der EU setzt viel auf Erneuerbare. Der Speicher wurde hier unbewusst oder bewusst schlicht vergessen, obwohl eine Umsetzung der Ziele (inklusive der für grünen Wasserstoff) gar nicht ohne einen Langzeit-Speicher wirtschaftlich sinnvoll funktioniert. Der öffentliche Bereich wie auch die Industrie lassen hier viel Potential zur Erreichung der CO2 Ziele ungenutzt liegen.

Ghezzo: Vanadium Redox-Flow Batterien: Was ist die Grundlage dieser Technologie und wie unterscheidet sie sich z.B. von Lithium-Ionen-Technologien?

Schönfeldt: Die Unterschiede sind vielfältig und überzeugend. Vanadium Redox-Flow Systeme bestechen durch ihre Sicherheit, Verlässlichkeit und Langlebigkeit. In einer CellCube Batterie wird Energie nicht in einer geschlossenen Batteriezelle, sondern im Vanadium-Elektrolyt gespeichert, welches zwischen Tanks und den Zellen über Pumpen zirkuliert wird. Dadurch können Leistung und Kapazität, also die Speicherdauer, für jedes Projekt unabhängig voneinander ausgelegt werden. Das Vanadium-Elektrolyt einer Redox-Flow Batterie wird über die gesamte Laufzeit nicht aufgebraucht und es ‚degradiert‘ nicht, d.h. dass die Speicherkapazität auch nach über 20 Jahren Laufzeit noch so groß ist wie am Tag 1. Nach seiner Nutzung kann es ausgepumpt und an einem neuen Speicherort problemlos wieder eingesetzt werden. Unsere nachhaltige Energiespeicherlösung steht im Einklang mit dem Konzept von erneuerbarer Energie. Auch sicherheitstechnisch sind die Vanadium Redox-Flow Systeme zu bevorzugen, denn sie sind nicht brennbar oder explosiv. Die Vorteile sind überzeugend, und jedes Projekt im stationären Speicherbereich, welches aktuell Lithium Batterien vorsieht, sollte noch einmal hinsichtlich Sicherheit und Nachhaltigkeit überprüft werden.

Ghezzo: Wie sieht es mit den Kosten für Ihre Lösung im Vergleich aus?

Schönfeldt: Die Frage ist berechtigt, wenngleich schwierig zu beantworten. Aktuell werden alle Alternativen mit Lithium Batterien verglichen. Doch wenn die Vanadium Redox-Flow Batterie mindestens zwei- bis dreimal so lange hält und Kosten für Sicherheit, Umwelt und Entsorgung nur selten im direkten Technologievergleich berücksichtigt werden, wird unsere Technologie als teurer wahrgenommen. Um die Kosten jedoch ins richtige Licht zu rücken, sind die sogenannten „Levelized Costs of Storage“ ein sehr guter Vergleichsfaktor. Diese Kennzahl gibt die Kosten der gespeicherten kWh über die Lebensdauer des Speichers an. Anschaffungskosten relativieren sich so über die lange Lebensdauer des Speichers und bei Speicherdauern und Anwendungsfällen von mehr als 4 bzw. 6 Stunden ist die Vanadium Redox-Flow Batterie bereits heute wettbewerbsfähig. Im aktuellen Kostenausblick wird diese Technologie die Lithium Batterie im stationären Bereich langfristig ersetzen.

Ghezzo: Beeindruckend ist die Recyclebarkeit Ihrer Produkte. Wie funktioniert das in der Praxis?

Schönfeldt: Wir folgen stark dem Re-Use Ansatz, so können bei unseren neueren Systemen bis zu 85% des gesamten Materials, aus dem eine CellCube Batterie besteht, wieder genutzt werden. So wird, wie bereits erwähnt, z.B. das Elektrolyt nach Ende einer Batterielaufzeit direkt für ein neues Kundenprojekt zum Einsatz gebracht. Die Container, die das Gehäuse einer Batterie bilden, wie auch sämtliche Einbauten können weiterverwendet werden. Die hochwertigen Rohstoffe unserer Energie-Zellen, der sogenannten ‚Stacks‘, werden von Experten geprüft und je nach Zustand auseinandergebaut und recycelt. In Vereinbarung mit unseren Kunden werden Anlagen nach Ende der Laufzeit zurückgenommen und können runderneuert oder ‚refurbished‘ wieder in den Markt gelangen. Wir konzentrieren uns in der Beschaffung für die Produktion einer CellCube Batterie auf Vermeidung und planen die Recyclefähigkeit aller Teile.

Ghezzo: Welche weiteren Entwicklungen können wir von Ihnen erwarten?

Schönfeldt: Unser aktueller Fokus liegt auf industriell genutzten Großbatterien in Megawatt-Größe, welche von Industriekunden und Energieanbietern in Container-Form genutzt werden. Unsere sehr erfolgreichen Klein- und Gewerbespeicher im Kilowatt-Bereich überarbeiten wir gerade und können diese dann Mitte 2023 in neuem Gewand, mit besserer Effizienz und zu interessanten Preisen anbieten.

Parallel arbeiten wir mit großen Konzernen am Gigawattspeicher der Zukunft, damit die extremen Mengen an Wind- und Sonnenkraft optimal über das Stromnetz transportiert werden können.

Aufgrund unserer marktführenden Erfahrung arbeiten wir auch an sehr innovativen Projekten u.a. in den Bereichen von grünem Wasserstoff, Hybrid-Tankstellen (Strom/Wasserstoff) und Dekarbonisierung der Schifffahrt, bei der sich andere Speichertechnologien sehr schwertun.

 

Mehr dazu auf unserer Konferenz MUNICIPAL TRENDS

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