Der Sanierung von all jenen Immobilien mit gegliederter oder strukturierter Fassade hat die die Firma Gassner & Partner viel Forschung und Entwicklung gewidmet und das Ergebnis ist eine patentierte Lösung, bei der die Tramköpfe vor Schäden geschützt werden. Im Interview erzählt Paul Wegerer über den wirtschaftlichen Nutzen und den wissenschaftlichen Background.
Autor: Alexander Ghezzo
Ghezzo: Thermische Sanierung durch Innendämmung – Was ist das Besondere an Ihrer patentierten Lösung?
Wegerer: Die Innendämmung hat unter Baupraktikern leider nach wie

Thermisch sanierte Fassade
vor keinen guten Ruf, weil sie in vielen Fällen zu Bauschäden geführt hat. Doch eigentlich kann man das Risiko eines Feuchteschadens infolge der Dämmmaßnahme sehr gut im Vorfeld berechnen. Außerdem kann mittlerweile mittels dreidimensionaler hygrothermischer Simulation das tatsächliche Schadensrisiko bestimmt werden und somit eine wirtschaftliche Betrachtung des Schadensrisikos an einer Innendämmmaßnahme erfolgen. Das Besondere an unserer patentierten Technologie ist, dass durch die lokale Temperierung der Balkenköpfe das Schadensrisiko minimiert werden kann. Dabei entspricht der Energieaufwand nur einem Bruchteil der durch die Dämmmaßnahme eingesparten Energie. Weil durch die Tramkopftemperierung das Schadensrisiko deutlich gesenkt wird, trägt unsere Lösung entscheidend zur Steigerung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bei.
Ghezzo: Warum haben Sie angefangen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Wegerer: Betrachtet man das Thema Innendämmung rein mit dem Ziel einer Energieeffizienzsteigerung, liefert die Tramkopftemperierung einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Nachhaltigkeit in der Bestandssanierung, vor allem dann, wenn wir auch den Faktor „Erhaltung alter Substanz“ berücksichtigen wollen. Natürlich ist es bauphysikalisch und in den meisten Fällen auch kostentechnisch effizienter, die Fassade an der Außenseite zu dämmen. Allerdings wird dadurch die gegliederte Fassade des Altbestands vernichtet oder sie muss aufwendig in EPS-Profilen nachgebildet werden. Die Tramkopftemperierung ermöglicht jedoch den Erhalt des äußeren Erscheinungsbildes bei gleichzeitiger bestmöglicher Energieeffizienzsteigerung.
Während meiner langjährigen Tätigkeit an der TU Wien am Forschungsbereich Bauphysik, folgte mein Zugang zu diesem Thema rein wissenschaftlichen Interessen. Das Patent entstand in einem von der FFG geförderten „bridge-Projekt“ von TU Wien, Forschungsbereich Bauphysik und Gassner & Partner Baumanagement GmbH. Dabei wurden umfangreiche Untersuchungen in einer Doppelklimakammer durchgeführt, wo die Temperierung und deren Auswirkungen auf den Balkenkopf und das umgebende Mauerwerk unter verschiedensten Randbedingungen untersucht wurden. Ausschlaggebend für das Projekt war ein großes Sanierungsvorhaben in Wien, zu dem ich im Zuge meiner Tätigkeit an der TU Wien als wissenschaftlicher Berater beigezogen wurde. Die Komplexität und die noch während der Bauphase entstandenen Schäden infolge der Innendämmung waren bei diesem Sanierungsprojekt beispielhaft und letztlich ausschlaggebend für die Entwicklung der Tramkopftemperierung. Das ursprüngliche Patent wurde nach dem Projektabschluss von der Gassner & Partner Baumanagement GmbH gekauft. Derzeit wird die Technologie im Hinblick auf die Praxistauglichkeit weiterentwickelt.
Mein Einstieg in dieses Thema erfolgte bereits 2008, als ich meine Diplomarbeit zum Thema Innendämmung an der TU Wien verfasste. Damals war die Problematik der Holzbalkenköpfe noch nicht so präsent – schon gar nicht in der Praxis. Aber in der wissenschaftlichen Forschung lieferten wir damals die Grundlagen, um heute dieses Problem mittels dreidimensionaler hygrothermischer Bauteilsimulation lösen zu können. In der internationalen Forschungskooperation lernten wir viel über probabilistische Bemessungsmethoden, die z.B. in der Statik Gang und Gebe sind, sich aber in der Bauphysik bis heute nicht durchgesetzt haben.
Ghezzo: Mit welchen Problemstellungen ist man bei der Sanierung im Denkmalschutz konfrontiert?
Wegerer: Die Problemstellung beschränkt sich nicht nur auf den Denkmalschutz. Der Einsatz unserer Technologie betrifft

Thermische Sanierung durch Innendämmung
hauptsächlich Gebäude mit gegliederter Fassade – oder allgemein gesprochen mit einer Fassade, die außen nicht verändert werden soll oder darf. Nur ca. 1% des österreichischen Gebäudebestands ist denkmalgeschützt. In Wien wurden jedoch 20% der Gebäude vor 1919 errichtet und davon sind ein Viertel – das sind ca. 8000 Gebäude – typische Gründerzeithäuser mit einer gegliederten Fassade. Diese stehen teilweise in Schutzzonen, wo die Fassade von Gesetz her nicht verändert werden darf. Genau das ist unsere primäre Zielgruppe mit einem enormen Erweiterungspotential, wenn man den Faktor „Erhaltung von kulturellem Erbe“ mit einrechnet. Das betrifft nicht nur Wien, sondern sämtliche historische Städte Mittel- und Nordeuropas.
Ghezzo: Wie sieht es denn mit dem Thema Förderungen aus?
Wegerer: Bei diesem Thema verlasse mich auf meine Kollegen bei der Ulreich Bauträger GmbH. Sie behandeln sämtliche Förderanträge. Ich sehe mich rein in der technisch-wissenschaftlichen Betrachtung des Themas. Seit meinem Wechsel in die Privatwirtschaft 2018 versuche ich, die theoretischen Ansätze der universitären Forschung mit den Problemen der Baupraxis zu verknüpfen. Die Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse ist in der Praxis oftmals nicht so einfach…
Ghezzo: Gibt es schon praktische Erfahrungen mit Ihrer Lösung?
Wegerer: Neben den umfangreichen Tests in der Doppelklimakammer an der TU Wien haben wir eine Demonstrationswohnung im Gebäude Eckertgasse 10 eingerichtet. Dort wurde bereits seit 2013 in einer innengedämmten Wohnung ein Monitoring durchgeführt, um genau zu sehen, was tatsächlich mit den Holzbalkenköpfen passiert, wenn die Fassade innengedämmt wird. Die Messdaten aus dieser Wohnung waren wichtige Validierungsdaten für unsere Simulationsbeispiele. Vor zwei Jahren wurde das Monitoring umgebaut und die Tramkopftemperierung dort installiert. Diese Wohneinheit ist somit unser Testobjekt, um die Erkenntnisse aus der Klimakammer im realen Einsatz zu bestätigen.
Derzeit überprüfen wir die Machbarkeit und die Rentabilität einer Innendämmung in Kombination mit der Tramkopftemperierung für ein großes Eckhaus mit stark gegliederter Fassade.