Einreichung zum GBB Award: Ein Innovationslabor in Sachen Bauwerksbegrünung

by Alexander Ghezzo

Bauwerksbegrünung ist ein riesen Thema in Sachen Klimafitness von Gebäuden. Oft ist unklar: was darf man, was muss man, was geht nicht. Susanne Formanek von GRÜNSTATTGRAU hat deswegen zum GBB Award das m.u.g.l.i. eingereicht – ein Showcontainer, bei dem man aktuelle Lösungen anschauen und testen kann. Im Interview geht es um Möglichkeiten, Hindernisse und Digitalisierungsaspekte.

Autor: Alexander Ghezzo

Ghezzo: m.u.g.l.i.: Was steckt hinter diesem Konzept?

Formanek: Als neues Innovationslabor und ganzheitliche Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung befördern wir Innovationen für die grüne, smarte Stadt der Zukunft und bringen sie in die Umsetzung und wollten somit eine Infrastruktur erschaffen, die mobil ist, Lösungen für urbane Gebiete demonstriert, grün und lebendig und schließlich auch innovativ ist. Das ist m.u.g.l.i, unser grüner Showcontainer, der Bauwerksbegrünung hautnah erlebbar macht und gezielt Information und Wissen an die breite Öffentlichkeit vermittelt. Zu jeder Tag- und Nachtzeit! Er ist ein mobiler Ausstellungsraum auf Tour durch Österreich und die weite Welt und demonstriert über 16 Technologien unserer Netzwerkpartner, u.a. Fassadenbegrünungssystemen, Troglösungen, Rankgerüste, Substrate, Lösungen für effiziente Bewässerungen, Kombinationen von PV und Begrünungen bis zu Innenraumbegrünung und Lichtlösung. Mit M.U.G.L.I. wollen wir neue Impulse für mehr Grün in dicht verbauten Städten setzen und einladen Technologien „anzugreifen“ und wir wollen vor Ort mit den BürgerInnen persönlich in Kontakt treten! Dabei setzen wir auf Open Innovation Methoden und fokussieren uns bewusst auf die Schaffung eines offenen Kommunikationsprozesses, bei dem die Kreativität heterogener Partner oder „unüblicher Akteure“ genutzt wird. Dazu zählen auch digitale Maßnahmen wie u.a. ein Ideenwettbewerb und ein digitaler Greening Check.

Das Zusammentreffens von verschiedenen Welten und Sichtweisen beflügelt, daher arbeiten wir mit der Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichen Hand und der Bevölkerung an innovativen Begrünungskonzepte für die breite Anwendung in Sanierung und im Neubau.

Ghezzo: Ist M.U.G.L.I. auch eine Möglichkeit, Wirksamkeit und Kompatibilität von Lösungen zu testen?

Formanek: Ja, definitiv! Labor in dem Sinne, dass wir den Verbrauch und das Wachstum der Pflanzen und das Verhalten und Feedback der BürgerInnen messen. Es ist sehr spannend zu sehen, wer sich für welches Thema interessiert! Die Mehrheit (90% der Befragten) wurden durch das Vorbeigehen auf M.U.G.L.I. und das Thema Bauwerksbegrünung aufmerksam, blieben stehen und ließen sich dazu beraten. Rund 10% kamen auf Grund von Zeitungsartikeln oder anderen Medien zu M.U.G.L.I.. Der Wissensstand über Bauwerkbegrünung ist bei einigen schon im Ansatz vorhanden- 27 % der Befragten hatten überhaupt kein Vorwissen, 38% hatten von dem Thema Bauwerksbegrünung schon einmal gehört und 27% der BesucherInnen hatten sich mit dem Thema schon einmal auseinandergesetzt. Viele Anfragen erhielten wir beim M.U.G.L.I. bis jetzt zu den Themen Dachbegrünungen, Innenraumbegrünung, Innenhofbegrünungen, Kombinationen mit Photovoltaik, Wassermanagement und Balkon-/ Terrassenbegrünung, Beleuchtung, Artenvielfalt, Sensortechnik, Berechnung bzw. Einbeziehung der Systeme in die sommerliche Überhitzungsberechnung und natürlich auch großes Interesse besteht bei dem Thema Fassadenbegrünungen.

Ghezzo: Bei M.U.G.L.I. setzen Sie stark auf Digitalisierung. Welche Lösungen sind in dem Ausstellungscontainer integriert?

Formanek: Durch das integrierte Energiesystem (u.a. PV am Dach und an der Fassade) und den intelligenten Wasserkreislauf wird M.U.G.L.I. größtenteils von uns autark betrieben. Damit generieren wir Messdaten zum Klima vor Ort als auch Wasser- und Energieverbrauch, diese sind mit einer IOT Lösung miteinander vernetzt. Aber wir wollen auch Impulse setzen und zeigen, dass im Bereich der Bauwerksbegrünung die Digitalisierung viel Potential mit sich bringen kann: wir organisieren Workshops und demonstrieren, u.a. mit Visualisierungen und Renderings wie Begrünungen am Gebäude aussehen können. Wir sind Partner eines Projektes (lila4green), bei dem es darum geht Augmented Reality mit Begrünungen umzusetzen. M.u.g.l.i. ist jetzt gerade in Wieselburg, wenn er im Frühjahr 2020 wieder in Wien sein wird, wird die AR App bereits ausprobiert werden können.

Wichtig ist, um das Thema „an den Mann oder Frau zu bringen“, dass Daten und Fakten auch über den Markt, GreenJobs, Trends etc. vorhanden sind – daher erstellen wir gerade mit vielen tollen Partnern einen Green Market Report, der mit einem Hackaton mit der Data4Good gestartet hat. Daneben haben wir eine neue Online Plattform entwickelt, die F&E Projekte, Objekte, Experten und Produkte online verlinkt und sie auf einer verorteten Karte darstellt und viel Information rund um das Thema Bauwerksbegrünung liefert. M.u.g.l.i. ist dort auch digitaler Form erlebbar! Mit ExpertInnen aus dem Bereich Digitalisierung zu kooperieren ist auch eine Chance für die Bauwerksbegrünung als eine Maßnahme zur Gebäudeoptimierung anerkannt und angewendet zu werden.

Ghezzo: HiTech vs. LowTech – Weniger ist mehr oder technischen Möglichkeiten ausreizen?

Formanek: Ein großes Thema! Bauen ist im allgemeinen nicht mehr einfach, sondern komplex. Es existieren gute technische und qualitätsgesicherte Lösungen! Und „In jedem low tech steckt doch ein wenig high tech“! Beispiel: Eine Pflanze braucht wie wir Menschen Wasser um zu leben. Um eine Bewässerung zu gewährleisten kann eine automatische Bewässerung eingesetzt werden, d.h. es wird high tech angewendet um Wasser zu sparen, aber auch um die Bewässerung zu sichern!

Um den künftigen Gebäudestandards gerecht zu werden, müssen wir jede Art der Bauwerksbegrünung berechenbar machen und mögliche Synergien zu anderen Gebäudeoptimierungsmaßnahmen aufgreifen z.B.: Grauwassernutzung: dabei kann die „lowTech Pflanze“ die Funktion einer highTech Entwicklung übernehmen! Die Leistungen von Bauwerksbegrünungen sind übrigens schon sehr gut berechenbar, u.a. mit einem standardisierten und einfach anwendbaren Planungs-, Evaluierungs- und Zertifizierungstool für klimaresiliente Stadtplanung und Architektur: Mit dem GREENPASS werden die Auswirkungen unterschiedlicher Gebäudeformen, Baumaterialien sowie Grüner und Blauer Infrastruktur auf das Mikroklima ihrer Umgebung sichtbar, messbar und vergleichbar. Und damit kann aufgezeigt werden wann natur basierte Lösungen (NBS) einzusetzen sind, um technologische Lösungen zu unterstützen. Somit würde ich sagen hightech unterstützt lowtech!

Ghezzo: Wieviel Aufwand ist es denn, der Natur Platz in und ums Haus zu lassen?

Formanek: Meine Meinung nach nicht viel, wobei der Aufwand abhängig ist von dem Begrünungswunsch und dem erzielten Nutzen! Am passenden Standort, mit der entsprechenden Pflege und den richtigen Produkten können sich die ausgewählten Pflanzen gut etablieren und in ihren Funktionen nachkommen: diese sind Sauerstoffproduktion, Feinstaubbindung, Schallreduktion, Kühlzweck, Energieverbrauchsenkung, Ertragssteigerung von PV Anlagen, Beschattung, Regenwasserrückhalt, Vermeidung von Hitzespitzen, Schutzfunktion der Gebäudehülle und Nahrungsquelle und Aufenthaltsort für Insekten, etc. Der Aufwand z.B.: bei unserer eigenen extensiven Dachbegrünung ist sehr gering!

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