Einreichung zum GBB-Award: Aus Grauwasser wird ein Green & Blue Konzept

by Alexander Ghezzo

Eine weitere Einreichung zum GBB-Award im Brennpunkt: Diesmal geht es um die Aufbereitung von Wasser im Kreislauf eines Gebäudes. Wasserknappheit im mediterranen Raum während der Sommermonate und der immense Verbrauch in modernen Immobilien – vor allem in Hotels – waren die Herausforderungen, denen sich ein EU-Forschungsprojekt angenommen hat. Herausgekommen ist ein Konzept, das auch gleich zu einer Innen- und Außenbegrünung beiträgt. Theresa Heitzlhofer von alchemia-nova GmbH, institut für innovative phytochemie & kreislaufwirtschaft erzählt im Interview über das Produkt vertECO.

Autor: Alexander Ghezzo

Ghezzo: Das Produkt vertECO hat sich aus einem europäischen Forschungsprojekt heraus entwickelt. Worum ging es dabei? vertECO

Heitzlhofer: vertECO wurde im Rahmen des EU Forschungsprojektes „demEAUmed“ (FP7, Grant agreement No. 619116) entwickelt und validiert. Ziel war, Wasserkreisläufe in Mediterranen Tourismusorten zu schließen. vertECO ist eine von acht Lösungen, die im Rahmen des Projektes in einem Hotel in Lloret de Mar (Spanien) zum Einsatz kam.

Mediterrane Räume stehen in den Sommermonaten vor besonderen Herausforderungen. Klimatisch bedingt sind die Sommermonate durch geringen Niederschlag gekennzeichnet. Gleichzeitig sind in diesen Monaten die meisten Touristen vor Ort und verbrauchen große Mengen Frischwasser. Hotelbetriebe bezahlen hohe Rechnungen für die Wassernutzung ihrer Gäste, die sich in den Urlaubswochen wohl fühlen möchten und nur selten auf einen reduzierten Wasserkonsum achten. Tägliches Duschen nach dem Baden im Meer, oftmaliges Wäsche waschen, Entspannung am Pool und in den Wellnessbereichen der Hotelbetriebe, etc. führen zu einem hohen Wasserverbrauch. Diese Situation führt in manchen mediterranen Ländern zu der unangenehmen Situation, dass für andere Prozesse, wie landwirtschaftliche oder industrielle Produktion, zu wenig Wasser zur Verfügung steht. Da der Tourismussektor mehr Einkommen bringt als Agrikultur, wird das Wasser bevorzugt für touristische Einrichtungen verwendet und Nahrungsmittel werden zunehmend importiert.

Arbeitsplätze in der landwirtschaftlichen Produktion gehen zurück, Flächen verbrachen und erodieren. Die Abhängigkeit von Einnahmen aus der Tourismusindustrie nimmt zu – und mit ihr die Abhängigkeit von Frisch- und Brauchwasser. Hier setzt das Produkt vertECO – vertikales Ökosystem an, indem es Grauwasser einer touristischen Einrichtung mit minimalem Energieaufwand in Brauchwasser verwandelt, dabei die Inhaltsstoffe des Abwassers in der pflanzlichen Biomasse speichert und so für eine potentielle Wiederverwendung (Produktion von Dünger für landwirtschaftliche Produktion) verfügbar macht.

Ghezzo: Wie schaut vertECO in der Praxis aus? Welchen Aufwand bedeutet es für Nutzer und Verwalter von Immobilien?

Heitzlhofer: vertECO funktioniert mit Grauwasser, das bedeutet, dass eine separat geführte Grauwasserleitung notwendig ist. Das anfallende Grauwasser wird in einem Tank zwischengespeichert und von dort mit einer Pumpe konstant in die oberste Etage der Anlage geleitet. Von hier mäandriert das Wasser mittels Schwerkraft durch das vertikale Ökosystem. An der Austrittsstelle wird das Wasser abermals in einem Tank gespeichert, und von hier zu seinem weiteren Verwendungsort gepumpt. Derzeit (2018-2022) wird vertECO im Rahmen des EU Projektes „HOUSEFUL“ (H2020, Grant agreement No. 776708) für Gelb-, und Schwarzwasser weiterentwickelt.

Besonders energieeffizient ist vertECO, wenn es mit Tageslichtbeleuchtung arbeitet (solarbasierte Photosynthese). Auch die Pumpen können mit Solarstrom betrieben werden.
vertECO ist eine wartungsarme Installation. Alle drei Monate müssen Pflanzen zurück geschnitten, gegebenenfalls ersetzt werden. Diese Tätigkeiten können von Mitarbeitern vor Ort, aber auch im Rahmen eines Wartungsvertrages von alchemia-nova durchgeführt werden.

Ghezzo: Welche Pflanzen sind den besonders geeignet? vertECO kann man ja innen und außen anwenden?

Heitzlhofer: Für den Innenraum sind eine Vielzahl an Pflanzenarten getestet und folgende Arten ausgewählt worden: Verschiedene Arten Sumpfpflanzen (z.B. Typha, Iris,…), Gräser (Carex, Cyperus,…), tropische und subtropische Pflanzen (Ficus, Spathiphyllum, Epipremnum,…)

Die Pflanzenauswahl für den Außenraum ist abhängig von der klimatischen Situation. Derzeit (2019-2021) wird im Rahmen des nationalen Forschungsprojektes „LooPi. BETA VERSION“ (BMVIT, Stadt der Zukunft, 6. Ausschreibung) an einer Artenzusammensetzung für die mitteleuropäische, kontinentale Klimazone gearbeitet.

Ghezzo: Gibt es vertECO schon in der praktischen Umsetzung? Wie sind da die Erfahrungen?

Heitzlhofer: Seit 2015 befindet sich eine vertECO-Anlage in den Räumlichkeiten von alchemia-nova, welche mittlerweile etliche Tests und Experimente von Diplomstudierenden, Projektpartnern und natürlich uns selbst überstanden hat. Die Anlage hat sich als äußerst robust erwiesen, und hat über die Zeit noch an Schönheit zugelegt.
Die Anlage im Hotel Samba in Spanien (Projekt „demEAUmed“, siehe oben) hat eine Kapazität von 1-1,5m3 Grauwasser pro Tag. In 3 Jahren Projektlaufzeit wurden etwa 1.000 m3 Grauwasser gereinigt. Auf Wunsch des Hotelbetreibers steht die Anlage immer noch vor Ort, obwohl das Projekt bereits abgeschlossen ist und alle anderen Technologien aus dem Projekt abgebaut wurden. Der Hotelbetreiber berichtet von zufriedenen und staunenden Gästen, die die Anlage nicht missen möchten. Seit Projektende wurden weitere etwa 500 m3 Abwasser gereinigt.

Ghezzo: Was steckt denn hinter dem Namen alchemia nova?

Heitzlhofer: alchemia-nova wurde ursprünglich in Wien im Jahr 2000 von Hanswerner Mackwitz gegründet, einem Öko-Pionier der ersten Stunde. Nach seinem Tod im Jahr 2010 wurde alchemia-nova umstrukturiert und von einem 2-3-köpfigen Institut zu einem 30-köpfigen F&E-Unternehmen mit internationalem Profil geführt. Seit 2006 ist alchemia-nova Cradle to Cradle® Partner und voll und ganz den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verschrieben. Heute ist alchemia-nova Vorreiter in Mitteleuropa in diesem Bereich und seit 2018 auch in Südeuropa.

Ghezzo: Wie geht es mit dem Unternehmen weiter? Welche weiteren Innovationen dürfen wir erwarten?

Heitzlhofer: alchemia-nova entwickelt gemeinsam mit internationalen und nationalen Partnern weitere Technologien, die dem Leitmotiv „low-tech in combination with ICT“ folgen, unter anderen ein Toolkit, um Gebäude kreislauffähig zu machen (inklusive Biogasanlage auf Haushaltsgröße, Abwasserreinigung mit integrierten Pflanzenkläranlagen, innovative Kompostierbehälter für die Rückgewinnung organischer Nährstoffe); einen begrünten Wintergarten zur Raumluftreinigung und Klimatisierung; eine begrünte Fassade in Kombination mit PV-Modulen. Weiters arbeitet alchemia-nova an Kreislaufwirtschafts-Konzepten und Umsetzungsstrategien für Gemeinden im Mediterranen Raum (beispielhaft auf den griechischen Inseln Mykonos, Tinos, Lesvos), für Städte sowie Betriebe. Ein besonderer Schwerpunkt ist bio-basierte Industrie, vor allem, wenn es um die Erzeugung und Wiederverwertung von Bio-Kunststoffen geht. Hier Prozessketten zu beleuchten und zu optimieren, ist eine spannende Herausforderung für die MitarbeiterInnen von alchemia-nova.

Die GBB Awards werden auf der 10. GBB Green & Blue Building Conference  am 12. November vergeben.

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