Zinshäuser im Umbruch: Neue Chancen trotz altem Bestand

von

Beim 6. Ghezzo Immobilientag steht auch der Wiener Zinshausmarkt im Fokus – ein Segment, das durch Zinswende, ESG-Druck und politische Unsicherheiten stark unter Druck geraten ist. Thomas Gruber, Geschäftsführer von PLENUS Immobilien, ist mitten im Marktgeschehen und gibt Einblick, wie sich Käuferstruktur, Investitionsstrategien und Transaktionen verändert haben – und warum er für 2025 dennoch eine vorsichtig optimistische Prognose stellt.

Alexander Ghezzo: Wie erlebst du den Zinshausmarkt aktuell – was hat sich spürbar verändert?

Thomas Gruber: Eines der betroffensten Marktsegmente im Immobilienbereich durch die plötzlichen Zinserhöhungen Mitte 2022 war sicher das Zinshaus. Der Markt hatte sich mehr als halbiert und die erzielbaren Preise sind auf das Niveau von 2017 zurückgegangen.

Alexander Ghezzo: Welche Auswirkungen haben Zinsen, Regulierungen und Sanierungspflichten auf Kaufentscheidungen?

Thomas Gruber: Sie verunsichern die Käufer, die dann alles viel ausführlicher prüfen als früher.

Alexander Ghezzo: Was beobachtest du bei Eigentümer*innen: Wird eher abgewartet, verkauft oder investiert?

Thomas Gruber: Aktuell gibt es immer wieder private Verkäufer, die aus unterschiedlichsten Lebenssituationen heraus verkaufen. Mittlerweile ist auch bei denen angekommen, dass die 2022er Preise nicht mehr erzielbar sind. Investiert wird nur das Notwendigste.

Alexander Ghezzo: Wie realistisch ist nachhaltige Sanierung im klassischen Zinshaus – und wie sieht es mit der Refinanzierbarkeit aus?

Thomas Gruber: Es gibt keinerlei freiwillige Motivation, Verbesserungen durchzuführen. Die Ausgaben sind nicht durch künftige Einnahmen – mit der aktuellen politischen Führung – refinanzierbar. Das wird sich auf die Qualität des Bestandes dramatisch auswirken und zu einem Sinken der Wohnqualität führen.

Alexander Ghezzo: Welche Rolle spielen ESG-Kriterien bei Investor*innen – Pflicht oder bereits echter Entscheidungsfaktor?

Thomas Gruber: Im privaten Bereich gar nichts, da damit kein Vorteil, sondern nur Zusatzkosten verbunden sind.

Alexander Ghezzo: Wer kauft heute Zinshäuser – hat sich die Struktur der Investoren verändert?

Thomas Gruber: Die Käuferschicht hat sich stark verändert. Waren es zwischen 2018 und 2022 vornehmlich Händler, die gekauft und die Ware gedreht haben mit Spekulation auf einen schnellen Gewinn, so sind heute viele private Investoren am Markt, die praktisch täglich bei uns anklopfen. Der klassische Entwickler kann derzeit nichts bauen, da er zumeist seine Liquidität verbraucht hat durch die hohen, nicht geplanten Zinsbelastungen, und die aktuellen Baukosten nicht im Verkauf darstellbar sind.

Alexander Ghezzo: Wie unterscheiden sich die Strategien institutioneller vs. privater Anleger?

Thomas Gruber: Im institutionellen Bereich – Banken, Versicherungen etc. – ist das Zinshaus aktuell nicht die gesuchte Ware. Dort ist die sicherlich zu erwartende Wertsteigerung nicht darstellbar. Private Investoren sehen allerdings Chancen, sich eigene Domizile in kleineren Zinshäusern zu schaffen oder auf langfristige Wertentwicklung zu setzen. Generell ist auch zu merken, dass – aufgrund des Richtwertes – Häuser nach 1945 bzw. ab 1990 stärker gefragt sind.

Alexander Ghezzo: Wie hat sich die Dynamik bei Transaktionen verändert – geht’s langsamer, selektiver oder einfach weniger?

Thomas Gruber: Alle drei Faktoren treffen derzeit zu. Politische Entscheidungen, die Genehmigungslust von Finanzierungen bei Banken und der Wegbruch des Segments der Händler tragen hier stark bei.

Alexander Ghezzo: Was braucht es aus deiner Sicht für eine Marktbelebung – politisch, finanziell oder strategisch?

Thomas Gruber: Stabilität und Sicherheit, um wieder langfristiger planen zu können, ist sicherlich der gefragte "Schlüssel" zur Lösung. Aber auf ein Niveau von 2020/2021 wird es noch sehr lange dauern – wenn es überhaupt wieder erreicht werden kann.

Alexander Ghezzo: Worauf stellst du dich für 2025 ein: Stabilisierung, weiteres Abwarten oder neue Chancen?

Thomas Gruber: Ich gehe davon aus, dass die sich Ende letzten Jahres etablierte Preisbasis weiterhin stabilisiert. Wir verzeichnen bei PLENUS aktuell eine sehr hohe Nachfrage von täglich Investoren und kleineren Entwicklern! Also das Interesse wäre da, was sehr erfreulich ist. Diese erkennen, dass die neue Preisbasis eine große Chance für einen attraktiven Zukauf ist. Einzig und allein die Umsetzung bei den Finanzierungen – mit Banken, die sich ordentlich die Finger verbrannt haben – ist aktuell noch das Thema.

 

Sie können Thomas Gruber und Plenus in Person auf dem 06. Ghezzo Immobilientag am 06.05.2025 am Flughafen Wien treffen.

Hier geht´s zur Anmeldung.

Zurück