Wie begeistert man die Generation Z für die Hotellerie? Die Gäste und Mitarbeiter*innen der Zukunft

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Die Gen-Z in der Arbeitswelt füllt mittlerweile Bände von Fachliteratur. Es gibt Branchen, die sich mit dieser Generation leichter tun, weil sie deren Forderungen und Bedürfnisse besser erfüllen können. Und dann gibt es Branchen, die sich damit sehr schwertun. Die Hotellerie zählt wohl eher zu zweiter Kategorie. Arbeitszeiten abends und am Wochenende, viel Servicetätigkeiten mit geringer Mitgestaltungsmöglichkeit und wenig Chancen auf Homeoffice sind Themen, die junge Menschen wohl eher nicht motivieren. Entsprechend findet schon jetzt eine Überalterung in der Personalstruktur der Hotellerie statt, hat Sebastian Novak – selbst junger Hotelmanager – in seiner aktuellen Masterarbeit festgestellt. Er selbst hat als junger Manager schon einiges an Praxiserfahrung in der Hotellerie gesammelt. Im Interview mit Alexander Ghezzo teilt er die Erkenntnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit. Das Thema wird natürlich auf der Veranstaltungsreihe HOTEL OPTIMAL aus verschiedenen Perspektiven behandelt werden.

Alexander Ghezzo: Was ist neu bei der Gen-Z? Was unterscheidet sie von X und Y?

Sebastian Novak: Um es auf den Punkt zu bringen: deren charakteristische Einstellung gepaart mit den Umständen ihrer Zeit. Sie wissen, was sie wollen und sind stark geprägt von der Digitalisierung, da sie die erste Generation ist, welche vollends im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist und sich diese Techniken nicht erst später beibringen musste. Eine weitere Besonderheit ist die starke emotionale Bindung an die eigenen Eltern. Die Generation Z wird stärker unterstützt (auch in finanzieller Hinsicht) als Generationen zuvor und mutiert somit verstärkt zum Nesthocker. Auch eine längere Bildungszeit (höhere Schule, FH, Universität) ist zu beobachten. An die Schulzeit wird noch ein Studium angehängt (dies erklärt auch die aktuell hohe Quote an Studenten) oder ein Jahr Au-Pair bzw. Interrail. All dies ist der hohen Erwerbsquote ihrer Eltern geschuldet, die in aller Regel die erste Generation seit der Nachkriegszeit sind, welche bereits ein Erbe angetreten hat und somit über einen Kapitalpolster verfügen, welche sie gerne für die Ausbildung und Entwicklung der Kinder einsetzt. Somit hat die Gen-Z nicht denselben großen Druck wie die Millennials, sich rasch eine existenziell eigenständige Lebensgrundlage zu schaffen. Somit können sie es sich auch leisten, eine unzufriedenstellende Arbeitsumgebung nicht länger zu dulden und nicht das erstbeste Jobangebot am Markt anzunehmen.

Alexander Ghezzo: Wie passt die Gen-Z in die Arbeitsmodelle und Arbeitsprozesse der Hotellerie?

Sebastian Novak: Diese Frage ist ein Punktlandung. Aktuell befinden wir uns diesbezüglich noch in der Findungsphase, wie insbesondere die Dienstleistungen wie der Tourismus und die Anforderungen von NewWork mit allen Vor- und Nachteilen zusammenpassen können. Die Forschung zur Gen-Z befindet sich aktuell noch am Anfang, da die Jugendlichen aufgrund ihrer längeren Ausbildungszeit erst wenige Jahre am Arbeitsmarkt sind oder gerade frisch in diesen eintreten.

Einfacher wird es künftig sicherlich nicht, dass die Unternehmen es all ihren Mitarbeitern rechtmachen können. Allerdings ist es unabdingbar, sich den verändernden Trends am Arbeitsmarkt anzunehmen und entsprechende Modelle und Angebote zu implementieren, um jede Altersgruppe anzusprechen.

Das Generationenmanagement der Zukunft wird eine Herausforderung. Jedes Unternehmen sollte unbedingt jede Generation bei sich vertreten haben, um hinsichtlich der sich verändernden Bedürfnisse nicht den Anschluss an kommende Generationen (z.B. GenAlpha) und wiederum deren Bedürfnisse zu verlieren, so der deutsche Generationenforscher Rüdiger Maas, der vom bekannten Domino-Generationeneffekt warnt. Das ist ein auf sich aufbauendes System.

Alexander Ghezzo: Wie passen sich Hotelbetriebe an? Was, wenn in Zukunft junge Leute nicht mehr in der Hotellerie arbeiten wollen?

Sebastian Novak: Das ist leider bereits Realität. Laut der Beschäftigungsanalyse von WIFO und AMS erfolgt seit 2010 eine kontinuierliche Überaltertung des Personals in der Tourismusbranche – heißt: es treten immer weniger junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den touristischen Arbeitsmarkt ein, sodass das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigt. Das schrumpfende Interesse an einem Job im Tourismus spüren auch die Ausbildungseinrichtungen. Meine ehemalige Tourismusschule beispielsweise läuft momentan nur mehr mit einem Jahrgang pro Ausbildungsschwerpunkt – früher waren es zwei. Ein wesentlicher Grund hierfür war sicherlich auch die Pandemie. Und die Universitäten mit Studien im Bereich Tourismus haben ebenfalls vermehrt Schwierigkeiten, die Klassen in zufriedenstellendem Maße zu besetzen. Eine der Universitäten, die ich besucht habe, hat meinen Studiengang sogar komplett aufgelassen.

Aber: es zeigt sich auch, dass das Ausbildungsniveau der aktuellen Beschäftigten im Tourismus seit 2010 dafür entsprechend gestiegen ist. Mittlere bzw. Höhere Schulen sowie Universitäten erfuhren eine wahren Boom innerhalb des letzten Jahrzehnts. Allerdings sind Lehre und Pflichtschule in absoluten Zahlen immer noch der höchste Bildungsabschluss der überwiegenden Mehrheit der im Tourismus Beschäftigten.

Hotelbetriebe werden sich jedenfalls etwas überlegen müssen, wie sie ausbalancierte Rahmenbedingungen in ihren Betrieben schaffen, sodass sowohl die jungen Generationen als auch die älteren Generationen zufrieden sind. Besonders von der Gen-Z kamen Präferenzen in Richtung freies Arbeiten, Home-Office, 4-Tage-Woche und Führung auf Augenhöhe. Eine Führungskraft, die nur ihre eigenen Ziele verfolgt, führt in den meisten Fällen zu sofortigen Wechselabsichten – Gehälter sind längst nicht mehr Hauptkriterium in der Jobauswahl.

Alexander Ghezzo: Wir haben immer wieder gehört, dass Praktika in der Hotellerie fast abschreckende Erlebnisse waren. Was hast Du im Zuge Deiner Arbeit erfahren und worauf sollte das Hotelmanagement Acht geben?

Sebastian Novak: Ich persönlich habe sowohl positive, als auch negative Beispiele während meiner Praktika erlebt. Sowohl den viel gefürchteten rauen Umgangston und Extradienste, gestrichene Ruhetage und nicht erfasste Überstunden als auch Gleitzeitmodelle und freies Arbeiten nach eigener Verantwortung. Ich habe sehr früh auch schon Betriebe kennenlernen dürfen, wo Empowerment bereits frühzeitig gelebt wurde und sogar wir Praktikanten Entscheidungen, die letztendlich mit Geld zu tun hatten, eigenständig treffen durften. Natürlich sind in jungen Jahren aufgrund der Unerfahrenheit auch Fehler passiert, allerdings haben wir das Hotelteam und auch das Management auf Augenhöhe wahrgenommen. Dies hat auch rasch dazu geführt, dass wir gelernt haben, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen und uns trotz der befristeten Anstellung als vollwertiger Teil des Teams gesehen haben.

Wie mit einem umgegangen wird – egal ob Praktikum oder regulärer Berufsalltag – hängt einerseits stark vom oberen Management, andererseits aber auch von der direkten Führungskraft ab.

Wie gesagt: bei der Gen-Z spielt genau dieses Verhältnis zur Führungskraft eine große Rolle. Sie wünscht sich diese gewisse Greifbarkeit, regelmäßiges Feedback, aber auch Abstand und Vertrauen, um eigenständig arbeiten zu können. Wenn das nicht sichergestellt ist, sind die Jungen auch gleich wieder weg und suchen sich was anderes.

Was die Gestaltung von Praktika angeht, die mit den Bedürfnissen der Generation Z übereinstimmen sollen, muss Vieles neu gedacht werden. Man sollte den jungen Leuten nicht das Gefühl geben, eine billige Urlaubsvertretung zu sein, welche nur „vorübergehend“ hier ist. In vielen Jugendlichen steckt so viel Interesse und auch Potenzial bzw. neue Ideen für das eigene Unternehmen. Hier geht es darum, diese auch entsprechend zu nutzen und die jungen Köpfe an einen Tisch zu holen, diese kreativen Ideen zu ordnen und mit ihnen gemeinsam kritisch auf Praxistauglichkeit zu prüfen. Sie sind unvoreingenommen und beurteilen Situationen im Betrieb neutral und ohne das ganze Hintergrundwissen – und das kann auch ziemlich erfrischend sein!

Und wenn man ihnen zuhört und sich Zeit nimmt, kann man viel Inspiration mitnehmen, was man vielleicht anders machen könnte. Das geht natürlich nicht während des Serviceablaufs, aber ein paar Stunden pro Woche reichen dafür schon – sei es beim Afterwork, oder beim Betriebsausflug zu den Lieferanten.

Alexander Ghezzo: Kommunikationskanäle wie TikTok und Instagram sind unumgänglich um mit der Gen-Z Kontakt aufzunehmen. Inwieweit hast Du Dich auch mit diesen Medien auch befasst?

Sebastian Novak: Dies bestätigt wiederum den Trend der Digitalisierung – derartige Kanäle werden besonders im Recruiting wichtiger werden. In der Hotellerie habe ich schon oft Angebote gesehen, wo man sich kreativ per Video bewerben konnte. Die halbe Candidate Journey findet in diesen Häusern über Social Media statt. Andererseits müssen die Personalabteilungen auch dementsprechend versiert und dahinter sein, rasch auf Anfragen antworten und den Kommunikations- und Content-Fluss aufrechterhalten. Zögern oder Ignorieren wird userseitig gleich mit Desinteresse bestraft. Ich persönlich habe meine halbe Jugend mit Instagram verbracht und verwende es bis heute - vorrangig, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben, die mittlerweile im Ausland leben und arbeiten.

 

Alexander Ghezzo: Wie schaut es mit der Gen-Z als Gast aus? Auch da ändern sich bestimmt die Anforderungen und Erwartungen?

Sebastian Novak: Ganz bestimmt. Hier spielen wieder die spezifischen Informationsquellen eine Rolle, welche die Generation Z für sich nutzt. In ihrem Fall sind das primär digitale Quellen. Somit müssen Betriebe hier einen Schwerpunkt setzen und diese Kanäle in ihre Vertriebsstruktur integrieren. Es gibt bereits einige Hotels, mit denen man via Messenger oder Whatsapp kommunizieren kann. Wenn dies erfolgreich im Betrieb etabliert ist und funktioniert, hat man bei der Generation Z einen klaren Wettbewerbsvorteil. Selbes gilt für den Aspekt der Nachhaltigkeit.

Generell zeigen aktuelle Auswertungen auch, dass die Generation Z häufiger, dafür aber verkürzt Urlaub macht. Der lange Sommerurlaub von 2-3 Wochen, wie wir ihn aus der Vergangenheit kennen, wurde von mehreren Wochenendtrips abgelöst. Erlebnisse sind der Gen-Z auch wichtiger als Luxus und hinsichtlich der angesprochenen Digitalisierung gehe ich davon aus, dass bei dieser und künftiger Generationen die Buchungsplattformen einen weiteren Aufschwung erleben werden – zum Leidwesen der Hotellerie.

In Bezug auf den Aspekt des Erlebnischarakters, trifft man mit Konzepten wie kleinen, funktionalen Hotelzimmern zu einem erschwinglichen Preis bzw. AirBnB-Angeboten eher die Bedürfnisse der Gen-Z als mit Luxusangeboten. Sie sind dafür bei Aktivitäten in der Destination umso spendabler.

 

Alexander Ghezzo: Mit der Gen-Z kommt eine Generation in den Arbeitsmarkt, die mit dem Smartphone groß geworden ist. Wie steht es denn mit der Digitalisierung der Hotellerie? Ist sie schon im Zeitalter von KI und Big Data angekommen?

Sebastian Novak: Mit diesem Thema beschäftige ich mich aktuell selbst sehr stark und bin offenbar nicht alleine. Wenn wir auf Fachkonferenzen eingeladen werden, gibt es aktuell zwei führende Themenschwerpunkte: Nachhaltigkeit und KI. Der Tourismus wird sicherlich von vielen Branchen in der Implementierung von Big-Data-Prozessen überholt werden, da er mit seiner  persönlichen Leistungserbringung einen exponierten und sensiblen Bereich darstellt.

Naturgemäß menschelt es ja bei uns besonders stark – wir sind nun mal Dienstleister und dürfen die sozialen Faktoren nicht vollständig umgehen. Viele Gäste kommen wegen unseren Mitarbeitern, die sie über Jahre / Jahrzehnte hinweg kennen und schätzen – und nicht wegen Programmen.

Als Konsument bin ich da eher altmodisch. Ich reise sehr viel und hatte nun binnen kurzer Zeit mehrere Erlebnisse, wo die KI-Komponente noch nicht einwandfrei funktioniert hat – sei es beim Check-In oder Telefonanruf. Der Eindruck war letztlich kein positiver.

Es wird um den Spagat zwischen persönlichem Service am Gast und Effizienz im Hintergrund gehen sowie natürlich auch um die Kompensation des fortschreitenden Arbeitskräftemangels.

Jedenfalls großes Potenzial für KI / AI sehe ich neben dem Revenue-Management im Destinationsmarketing. Die Kollegen der Landestourismusorganisationen und der Österreich Werbung sind schon wahre Experten und schaffen immer wieder coole Projekte, die mich begeistern. Da gibt es sicher noch Einiges zu entdecken.

Mehr dazu gibt es im Herbst hier:

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