Wenn einer vom Dach stürzt: Welche Verantwortung trifft den Bauherren oder Eigentümer? Wie kann man vorbeugen?
In Österreich passieren unglaublich viele Unfälle durch ungesicherte Dach- und Außenflächen – teilweise, weil im Immobilienbestand noch andere technische Anforderungen geherrscht haben, aber auch weil bei der Errichtung zu wenig darauf geachtet wurde. Karsten Schäfer ist Projektmanager Sicherheitskonzepte bei der Firma Secupohl. Im Interview geht er auf Haftungsfragen und technische Anforderungen ein.
Ghezzo: Erst vor kurzem habe ich auf einem Dach ungesicherte Arbeiten gesehen und mich gefragt: Wie oft passiert bei solchen Arbeiten wirklich was?
Schäfer: In Österreich gab es in 2018 21.933 meldepflichtige Unfälle durch Sturz und Absturz, davon waren 25 Unfälle tödlich. Diese Angaben finden sich in der Unfallstatistik der AUVA. Hier sind also nur gewerbliche, meldepflichtige Unfälle betroffen (Also Unfälle, bei denen es mindestens zu einem kurzfristigen Ausfall des Mitarbeiters gekommen ist)! Damit sind Unfälle in Verbindung mit Absturz in Österreich die zweithäufigste Todesursache bei Arbeitsunfällen. Viele dieser Unfälle könnten vermieden werden. Nahezu ALLE dieser Unfälle sind auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen. Dabei ist der größte Faktor Routine und Selbstüberschätzung! Auf den Baustellen hört man oft den Satz „Das haben wir immer schon so gemacht“ oder „Da ist bisher noch nie etwas passiert.“
Ghezzo: Welche Regeln gelten auf dem Dach eigentlich? Was muss gesichert sein? Was bleibt in der Verantwortung des Nutzers oder auch des auf dem Dach arbeitenden?
Schäfer: Grundsätzlich gelten für die Arbeitenden auf den Dächern immer die Regelungen des Arbeitsschutzes. Das heißt: Der Bereich von 2m zu einer Absturzkante gilt als absturzgefährdeter Bereich. Hier ist es verboten sich ungesichert aufzuhalten! Die Absturzkante kann hier den Gebäudeumriss darstellen, aber auch Öffnungen in der Dachfläche meinen (Lichtkuppeln, RWA-Anlagen, Innenhöfe etc.) Wenn dieser Bereich betreten wird, MUSS die Person entsprechend gesichert sein! Natürlich liegt der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter immer in der Hand des Arbeitgebers. Dieser hat mit seiner Gefährdungsbeurteilung diese Gefahrenquellen zu erkennen und mit geeigneten Sicherungsmaßnahmen abzusichern und auch dafür sorgen, dass seine Mitarbeiter sich daran halten. Die Bereitstellung dieser Sicherungsmaßnahmen hat allerdings der Bauherr oder Gebäudeeigentümer zur Verfügung zu stellen oder zumindest zu bezahlen. Dieser muss auch sicherstellen, dass die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen eingehalten werden!
Ghezzo: Wer haftet wenn etwas passiert?
Schäfer: Hier muss man etwas unterscheiden: Grundsätzlich haftet der Arbeitgeber natürlich im Rahmen des Arbeitsschutzes. Aber auch Bauherr/Eigentümer oder entsprechend Delegierte wie Hausverwaltungen haften im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Die Haftung ist persönlich haftend! Gerade bei Gesellschaften durchaus ein wichtiger Punkt!
Ghezzo: Was sollte man auf seinem Dach also umsetzen?
Schäfer: Die perfekte Lösung ist hier immer ein kollektiv wirkendes Sicherungssystem. Das heißt jede Person ist beim Betreten der Dachfläche dauerhaft gesichert und hat auch keine Möglichkeit sich auszusuchen ob er persönliche Maßnahmen trifft oder nicht. Dies kann zum Beispiel ein selbsttragendes, auflastgehaltenes Geländersystem sein wie unser Securail ® 2.0.
Ghezzo: Außenräume werden durch Corona an Bedeutung gewinnen, also auch das Dach. Welche Tipps geben Sie Entwicklern, Bauherrn und Bauträgern mit?
Schäfer: Die Nutzung des Daches hat in den letzten 20 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Noch in den 90er Jahren war ein Dach meistens nur der Schutz des Gebäudes vor äußeren Einflüssen. Mittlerweile werden Dachflächen immer mehr zu Verkehrswegen. Installationen wie PV-Anlagen, Solarthermie und Lüftungsinstallationen sind mittlerweile nahezu Standard. Teilweise werden diese Dachflächen sogar vermietet für Mobilfunkantennen oder PV-Anlagen. Aber auch die zunehmende Begrünung von Dachflächen im Rahmen von Flächennutzungsausgleichen hat eine enorm hohe Bedeutung gewonnen. Daher kann ich Entwicklern, Eigentümern und Planern nur mitgeben im Rahmen der Planungsleistungsphasen entsprechend frühzeitig die Ausstattung von Sicherheitseinrichtungen auf Dachflächen in Ihre Planung miteinzubeziehen. Wir bieten einen entsprechenden Service für Planer und Eigentümer an! Gemeinsam legen wir die Ausstattungsklasse fest und begleiten Sie von der Planung bis zur Abnahme. Dies spart Kosten, da direkt von Anfang an eine funktionierende, sichere Lösung geschaffen wird und keine aufwändige Änderung, während und nach der Bauphase , nötig ist.
Ghezzo: Wieviel Innovation steckt eigentlich in einem modernen Dach?
Schäfer: Für mich sind moderne Dachflächen „High-Tech“. Die Materialien haben sich in den letzten 10-15 Jahren so stark weiterentwickelt. Angefangen von Hightech-Dämmstoffen mit entsprechend guten Wärmeleitgruppen, hohen Schmelzpunkten für den Brandschutz bis hinzu Abdichtungsbahnen die in der Lage sind Stickoxide aus der Luft zu binden. Aber auch die Nachhaltigkeit rückt immer mehr in den Fokus, auch hier gibt es mittlerweile sehr gute Produkte. Auch im Bereich der Sicherheit sind wir nicht stehen geblieben. Zum Beispiel können wir mit unserem Thermorant®, die erste wärmegedämmte, thermisch entkoppelte Stütze anbieten. Grade auf modernen Dachflächen mit hohen Dämmstoffaufbauten vermeiden wir so potentielle Wärmebrücken und eine „Durchlöcherung“ der Dämmflächen. Aber auch in puncto Design hat sich viel getan. Wir sind der Meinung, dass Sicherheit und Design keine Gegensätze sein müssen! Auch hierzu haben wir Lösungen um Sicherheitssysteme in das Design der Gebäudehülle einzupassen.
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