Nachbericht: Municipal Trends #5 – Konferenz für kommunale Entwicklung

Was bringt Gemeinden wirklich weiter?
Pflege, Wohnraum, Mobilität, Digitalisierung, Klimaresilienz, Gemeindefinanzen, Partizipation – bei der fünften Ausgabe der Municipal Trends ging es um Handlungsfähigkeit, Perspektiven und Herausforderungen der Gemeinden. Kommunale Entscheidungsträger*innen diskutierten offen, was funktioniert, wo es hakt und was dringend politisch verändert werden muss.
Herausforderungen ernst nehmen – ohne zu jammern
Bürgermeister Matthias Stadler eröffnete mit einem klaren Blick auf die Realität: schrumpfende Spielräume bei gleichzeitig wachsendem Erwartungsdruck. Gemeindefinanzen, Pflege, Infrastruktur – das ist kein Zukunftsthema, sondern aktueller Überlebenskampf. Und er erinnerte: 2026 feiert St. Pölten 40 Jahre Landeshauptstadt – eine Gelegenheit für mutige Weichenstellungen.
Im Panel „Wenn Gemeinden nicht mehr können“ wurde das deutlich: Erich Gosch, Helga Rosenmayer und Peter Spicker berichteten aus der Praxis – über Sozialausgaben, die Gemeinden „das Genick brechen“, über fehlende Einflussmöglichkeiten und über Maßnahmen, die längst ausgereizt sind.
Praxis in den Gemeinden, Mobilität und Wohnen
Mobilität war eines der zentralen Themen:
Tibor Jermendy, Daniela Trauninger, Wolfgang Schroll, Herbert Pfeffer und Peter Weidlinger diskutierten leistbare, altersgerechte Mobilität – zu Fuß, per Rad, On-Demand und klimafreundlich.
Die Botschaft: Mobilität muss flexibel, einfach und realistisch sein – und nicht an Fahrplänen vorbeigeplant werden.
Gudrun Kartnig ergänzte: Die erste und letzte Meile ist kein Anhängsel – sondern entscheidend für Lebensqualität.
Quartiersentwicklung war ein weiteres Praxisfeld:
Erich Benischek, Manfred Korzil, Patrick Strobl und Raphael Soukup zeigten: Wenn alle alles wollen – Dichte, Freiflächen, Parkplätze, Leistbarkeit – bleibt nur der Kompromiss. Entwicklung bedeutet: das Mögliche gut machen.
Der Hafenspitz in Melk wurde von Patrick Strobl als Erfolgsbeispiel präsentiert: Tourismusfinanzierung trifft Lebensraum – so kann Synergie funktionieren.
Klimaresilienz & Hochwasserschutz
Max Oberleitner berichtete eindrucksvoll aus Schwertberg: Seit dem Jahrhunderthochwasser 2002 arbeiten 27 Gemeinden gemeinsam an Schutzmaßnahmen – mit Dämmen, Retentionsflächen, bienenfreundlichen Wiesen statt Beton. 2016 zeigte ein weiteres Extremwetterereignis: Resilienz ist keine Option, sondern Pflicht.
Mirko Warzecha zeigte mit digitalen Zwillingen, wie Gemeinden Risiken sichtbar machen können – vom Starkregen bis zur Versorgungskrise. Priorisierung statt blindem Aktionismus – dank Datentransparenz.
Manuel Stanglechner und Robert Weitlaner von HELLA Sonnen- und Wetterschutztechnik haben die Auswirkungen des Klimawandels auf öffentliche Gebäude und Einrichtungen untersucht und festgestellt, dass Klimaresilienz noch viel zu wenig mitgedacht wird.
Energie und Beteiligung: Was allen gehört, schützt man besser
Gabriel Brandstetter, Christian Pillwein, Doris Staudinger und Martin Voggenberger diskutierten über Energiegemeinschaften, smarte Gebäude und die Kraft der Mitbestimmung. Wenn Bürger*innen mitgestalten – nicht nur zahlen –, funktioniert auch Nachhaltigkeit.
Digitalisierung als Werkzeug, nicht als Heilsversprechen
Bernhard Auinger, Georg Hubmann und Karl-Heinz Koll diskutierten offen: Digitalisierung braucht politischen Rückhalt, klare Prozesse und Verwaltungsmitarbeitende, die mitgenommen werden – nicht überrollt.
KI in der Verwaltung, automatisierte Protokolle, transparente Entscheidungswege – das sind nur Werkzeuge. Im Mittelpunkt: die Menschen.
Roman Eckschlager fragte: Welche Kompetenzen brauchen Menschen in einer Welt der KI und Unsicherheit? Seine Antwort: die 4K – Kommunikation, Kreativität, Kritisches Denken und Kollaboration.
Seine übervolle Folie mit KI-Tools war mehr als ein Gag – sie war ein Symbol: Orientierung ist gefragt. Bildung muss befähigen – nicht nur prüfen.
Beteiligung funktioniert – wenn sie ernst gemeint ist
Theresa Hannig betonte: Menschen wollen keine Politik-Show, sondern greifbaren Fortschritt. Beteiligung ist mehr als ein Beteiligungsprozess – sie schafft Identifikation.
Im Panel „Dialog als Knotenpunkt der Zukunft“ diskutierten Katrin Auer, Daniela Limberger, Guido Miklautsch und Albrecht Oppitz über echte Beteiligungskultur:
- Unternehmen nicht nur als Zielgruppe, sondern als Mitgestalter*innen
- Bürgerinnen nicht als Publikum, sondern als Verantwortungspartnerinnen
- Opposition als Teil des demokratischen Prozesses
Abschlussrunde: Anforderungen, Angebot und Ressourcen in Einklang bringen
Markus Brandstätter, Theresa Hannig, Romina Jenei und Florian Korn fassten zusammen, was den Tag prägte:
- Bürger*innen wollen funktionierende Verwaltung, nicht Zukunftsversprechen
- Technologie braucht Prioritäten, nicht Hype
- Zusammenarbeit mit Unternehmen gelingt nur, wenn Angebote zu Ressourcen passen
Nicht jede Gemeinde wird digitaler Leuchtturm – aber jede kann besser werden
Municipal Trends #5
Die Municipal Trends #5 zeigte:
Kommunen sind längst nicht mehr nur Verwaltungseinheiten. Sie sind Zukunftslabore unter Realbedingungen – mit begrenzten Mitteln, aber viel Verantwortung.
Ob bei Mobilität, Energie, Pflege oder Digitalisierung: Gemeinden leisten enorm viel. Aber sie brauchen politische Rückendeckung, echte Kooperation und praxistaugliche Werkzeuge.
Wer Beteiligung ernst meint, wer mutige Verwaltungen unterstützt und wer auf Lösungen statt Etiketten setzt – der*die stärkt nicht nur den Staat, sondern das Vertrauen der Menschen in ihn.
Denn: Die Stadt gehört uns allen.
Und Zukunft wird lokal entschieden.
Vorträge:
- Mensch und Maschine: Klimaresilienz dank GIS - Stadt Schwabach
- Stadt Melk: Hafenspitz & Mole Melk
- Stadt Schwertberg: Hoch- und Hangwasserschutz in Schwertberg