Mobilität für alle: Wie auch ländliche Bereiche öffentlich erreichbar werden

Mobilität für alle - öffentlich, leistbar und überall verfügbar: Ist das eine Illusion? Eine wichtige Errungenschaft für ein lebenswertes Land - in ALLEN Regionen? Leider (NOCH) beides - aber die Postbus AG arbeitet mit Hochtouren daran, dieses Ziel zu erreichen: Und dabei geht es um einen wirtschaftlichen und sinnstiftenden Mix der Modalitäten. Wie genau das funktioniert, welche Herausforderungen es noch zu lösen gilt und welche Ideen noch dahinter stecken, lesen Sie in diesem Gespräch mit Robert Potocsnyek, Key-Account-Management & Marketing-Koordination On-Demand Mobility bei Postbus AG.
Gudrun Ghezzo: Österreich ist ein Autoland. Wer nicht im Ballungsraum wohnt, fährt Auto. Wo in Österreich ist das besonders stark spürbar, und wo könnte sich das bald ändern?
Robert Potocsnyek: Der Motorisierungsgrad in Österreich lag Ende 2024 bei etwa 570 PKW pro 1.000 Einwohner*innen, mit einem leichten Anstieg zum Vorjahr. Städtische Zentren wie Wien oder Graz weisen niedrigere Zahlen auf, dehnen sich jedoch zunehmend in der Fläche aus und bilden Ballungsräume. Diese im Vergleich zur Kernstadt dünner besiedelten Bereiche sind öffentlich schwerer zu erschließen und daher stark auf das Auto angewiesen. Die Suburbanisierungstendenzen erklären gleichermaßen den Anstieg an Autos pro Einwohner. Genau in diesen immer schneller wachsenden Bereichen ist der öffentliche Verkehr mit alternativen Lösungsansätzen gefordert.

Gudrun Ghezzo: Ländliche Idylle steht im klaren Kontrast zu öffentlicher Erreichbarkeit. Welche Lösungsansätze gibt es hier?
Robert Potocsnyek: Ländliche Idylle wird oft mit Abgeschiedenheit und geringerer Siedlungsdichte gleichgesetzt. Öffentlicher Verkehr sowie die restliche infrastrukturelle Erschließung wie Strom, Kanal und Glasfaser werden hier schnell unleistbar und ineffizient. On-Demand-Verkehre liefern hier einen wertvollen Beitrag, da sie öffentlichen Verkehr in kleineren Gefäßen auf Abruf ermöglichen. Die effiziente Erschließung mit öffentlichem Verkehr wird durch die Digitalisierung erstmals möglich. Ein weiterer Schritt wird das autonome Fahren sein, wodurch On-Demand-Systeme noch leichter und zugänglicher in suburbanen und ländlichen Regionen eingesetzt werden können.

Gudrun Ghezzo: Gemeinden wollen attraktiv für ALLE sein. Welche Aufgaben fallen demnach der Gemeindepolitik bezüglich Mobilität zu?
Robert Potocsnyek: Mobilität ist und war immer ein Standortfaktor. Regionen ohne öffentlichen Anschluss werden im Wettbewerb der Regionen zunehmend abgehängt. Gerade in Zeiten von Städtewachstum ist es essentiell, idyllische Wohngemeinden mit arbeitsattraktiven Stadträumen zu verknüpfen. Dies wird durch On-Demand-Systeme erstmals möglich. Gemeinden sind gefordert, die Anbindung an übergeordnete öffentliche Verkehrssysteme wie Schiene und Bus sicherzustellen, um bestmögliche Erreichbarkeit zu schaffen.
Gudrun Ghezzo: Die vielzitierte first & last mile wird immer als „Problem“ gesehen: Welche Lösungen und Kooperationsmöglichkeiten bietet Ihr hier?
Robert Potocsnyek: Die Last Mile entscheidet über die Attraktivität des höherrangigen öffentlichen Verkehrs. Wenn Personen diese Distanz bereits mit dem Auto zurücklegen, steigen sie nicht mehr auf den höherrangigen öffentlichen Verkehr um. Wird die Last Mile nicht abgedeckt, sind Einwohner*innen auf das private Auto angewiesen. Postbus ist Teil des MaaS (Mobility as a Service) Ökosystems der ÖBB, wonach die letzte Meile auf unterschiedlichste Art und Weise zurückgelegt werden kann. Postbus Shuttle deckt besonders in ländlichen und suburbanen Regionen den Bedarf gut ab, in städtischeren und dichteren Gebieten sind aber auch Scooter- und Bikesharing-Systeme sehr effizient.

Gudrun Ghezzo: Kannst Du das Postbus Shuttle näher beschreiben?
Robert Potocsnyek: Das Postbus Shuttle ist die Lösung für die letzte Meile. Die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen verändern sich und individuelle, flexible und digitalisierte Mobilitätslösungen im öffentlichen Verkehr sind gefragt. Um diesen Bedürfnissen bestmöglich gerecht zu werden, wurde mit dem Postbus Shuttle ein neues Angebot speziell für den ländlichen und suburbanen Raum geschaffen. Das Postbus Shuttle ergänzt den klassischen Linienverkehr und ermöglicht dort ein Angebot, wo es derzeit keines gibt: mit kleineren Bussen (in der Regel 9-Sitzer) und ganz ohne Fahrplan, also on demand. Mit dem Postbus Shuttle sind wir in ganz Österreich unterwegs, sorgen für nachhaltige, leistbare Mobilität und sind der perfekte Zubringer zu Bus & Bahn.

Gudrun Ghezzo: Wo ist dieses Service verfügbar, und wie kommen die Nutzer*innen konkret dazu?
Robert Potocsnyek: Die Buchung erfolgt einfach und bequem über die Postbus-Shuttle-App, das Shuttle-Interface, eine Buchungsplattform für Betriebe in der Region oder telefonisch über das ÖBB Kundenservice. Im Hintergrund sorgt eine intelligente Software mit einem Bündelungsalgorithmus dafür, dass Fahrgäste sich ihre Fahrt teilen – ein wesentlicher Unterschied zum Taxi. Das Ziel: eine höhere Fahrzeugauslastung und effizientere Nutzung der Ressourcen im Vergleich zum klassischen Individualverkehr. Fahrten sind von Haltepunkt zu Haltepunkt möglich. Diese Haltepunkte sind mit einer eigenen Postbus Shuttle Haltepunkttafel gekennzeichnet und sind fußläufig erreichbar. Dank den Haltepunkten wird jeder Siedlungsraum, Infrastruktureinrichtungen sowie touristische Ziele angebunden und Mobilität in der Fläche ermöglicht. Der Fahrtpreis orientiert sich dabei immer an den Tarifen des klassischen Öffentlichen Linienverkehr. Da wir für ALLE Menschen Mobilität ermöglichen wollen, werden in unseren Projektregionen barrierefreie Fahrzeuge eingesetzt und zusätzlich besteht für mobilitätseingeschränkte Personen die Möglichkeit eine persönliche Hausabholung zu beantragen. Diese Personen werden in weiterer Folge direkt von zuhause abgeholt und können dadurch wieder selbständig am sozialen Leben teilhaben.
Gudrun Ghezzo: Nicht nur für Personen, sondern auch für Logistik gibt es das Thema der first & last mile: Ist auch das ein Aufgabengebiet, dem Ihr Euch widmet? Immerhin kommt der Postbus ja ursprünglich aus diesem Bereich 😉
Robert Potocsnyek: Unser Produkt Postbus Shuttle kommt klassisch aus dem Personentransport, allerdings ereilt uns immer öfter der Ruf nach Gepäcksmitnahme und Fahrradtransport, dem wir gerne nachgehen. Gerade im touristischen Kontext wird das Thema immer wichtiger.
Gudrun Ghezzo: Mobilitätslösungen sollen gleichermaßen zugänglich sein für alle Mitglieder der Gesellschaft. Was tut Ihr dafür – und welche Aspekte berücksichtigt Ihr dabei?
Robert Potocsnyek: Postbus Shuttle ist barrierefrei und steht als öffentlicher Verkehr auch öffentlich zur Verfügung. Wenn wir Projekte planen, binden wir die Perspektiven von Menschen mit Behinderung in unsere Planung ein. Alle unsere Betriebssysteme sind demnach auch barrierefrei nutzbar.
Gudrun Ghezzo: Wenn Du 10 Jahre in die Zukunft blickst: wie wird sich Mobilität dann verändert haben?
Robert Potocsnyek: Die nächsten 10 Jahre werden stark durch die Trends der Automatisierung und künstlichen Intelligenz geprägt sein. Künstliche Intelligenz wird Fahrzeuge dort bereitstellen, wo der Bedarf am größten ist. Fahrten werden autonom und bedarfsorientiert durchgeführt werden, idealerweise nicht mehr nur auf Regionsebene, sondern auch darüber hinausgehend und vernetzt mit höherrangigem öffentlichen Verkehr. Dabei wird es eine starke Kund:innenzentrierung geben – die Mobilitätsform wird sich nach dem tatsächlichen Bedarf richten.
Treffen Sie Robert Potocsnyek bei der Municipal Trends Konferenz am 03.06.2025 in St. Pölten!
Diese Konferenz für Kommunal- und Regionalentwicklung richtet sich an alle, die die Gemeinden und Regionen Österreichs gestalten - die Anmeldung ist kostenlos für Bürgermeister*innen und kommunale Verantwortungsträger*innen. Hier können Sie sich direkt anmelden!