Mediation: Alternative Konfliktlösung bei Immobilienprojekten

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Wenn Geld teuer und die wirtschaftliche Lage schwieriger wird, wird leider auch mehr gestritten. Dabei sind die Konflikte oft mehr emotionsgeladen als faktenbasierend. Das Ergebnis ist verbrannte Erde und lange juristische Verfahren. Da lohnt es sich, über alternative Formen der Konfliktlösung nachzudenken. Anela Blöch ist Rechtsanwälten bei ATB.LAW, die sich auf den Immobilienbereich fokussiert. Ihrer Erfahrung nach, ist Mediation in vielen Fällen eine gute Möglichkeit, Konflikte zu lösen, ohne sich dauerhaft zu verkrachen. Wann und wie das funktioniert, haben wir die Rechtsexpertin in Vorbereitung des Immobilientag: Starke Regionen gefragt.

Alexander Ghezzo: In Krisenzeiten streitet man auch öfter: Wie erlebst Du die aktuelle Situation?

Anela Blöch: Krisenzeiten, wie wir sie derzeit erleben, bringen oft Unsicherheiten, Ängste und finanzielle Belastungen mit sich, die gleichzeitig zu mehr Streitigkeiten führen können. Dies merke ich auch in meiner täglichen Arbeit als Rechtsanwältin und Mediatorin. Die Anzahl an Personen, die rechtliche Hilfe suchen, sei es bei der Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen, der Klärung von mietrechtlichen Problemen oder auch bei finanziellen Diskussionen im nahen Umfeld, ist klar gestiegen.

Gerade aber auch vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Herausforderungen, erlebe ich als Mediatorin derzeit eine verstärkte Nachfrage nach alternativen Methoden der Konfliktlösung. Viele Mandant:innen sind offen dafür, Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen, um Zeit und vor allem auch Kosten zu sparen. Ich sehe daher die aktuelle Situation auch als Gelegenheit, die Vorteile der Mediation hervorzuheben, insbesondere wenn es darum geht, die emotionalen Belastungen der Parteien zu reduzieren und Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen aller gerecht werden.

Alexander Ghezzo: Mediation bei Bauprojekten: Wann kann man auf diese Methoden setzen und wann passen sie gar nicht?

Anela Blöch: Bei Bauprojekten sind Konflikte oft unausweichlich. Aufgrund der vielen Beteiligten gibt es nicht nur mehrere Vertragsebenen, sondern auch arbeitstechnische Verflechtungen und Abhängigkeiten. Dadurch besteht ein erhöhtes Risiko, dass Probleme aufgrund von fehlerhaften Abstimmungen sowie schlechten Koordination zwischen den Gewerken entstehen und dadurch zu Verzögerungen und im schlimmsten Fall zu Baustillständen führen.

Vor allem, wenn sich das Verschulden nicht eindeutig klären lässt – beispielsweise aufgrund einer unklaren Ausschreibung – hat sich meiner Erfahrung nach Mediation bewährt. Diese ermöglicht einen offenen und konstruktiven Dialog zwischen den Parteien, um Missverständnisse auszuräumen und eine weitere Zusammenarbeit zu sichern. Dies ist besonders wichtig, um den reibungslosen Ablauf des Projekts sicherzustellen und unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Mithilfe von Mediation sollen Konflikte auf der Baustelle rasch und gemeinsam gelöst werden, damit die Geschäftsbeziehung auch über das jeweilige Projekt hinaus erfolgreich bestehen bleiben kann. Es geht letztlich darum eine wirtschaftliche Lösung zu finden, mit der beide Seiten zufrieden sind.

Trotz der vielen Vorteile von Mediation gibt es aber auch Situationen, in denen sie möglicherweise nicht die beste Option ist. Zum Beispiel, wenn ein Konflikt die Sicherheit auf der Baustelle gefährdet oder eine Partei gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt, sodass unverzügliche rechtliche Maßnahmen erforderlich sind. Ebenso kann Mediation schwierig sein, wenn eine der beteiligten Parteien nicht bereit ist, freiwillig an der Mediation teilzunehmen oder nicht gewillt ist, konstruktiv an der Lösung des Konflikts mitzuwirken. In solchen Fällen müssen möglicherweise andere Wege zur Konfliktlösung gefunden werden.

Alexander Ghezzo: Mediation kennt man aus vielen Bereichen, oftmals aus dem privaten Umfeld: Wie unterscheidet sich das Mediationsverfahren in der privaten und in der Business Welt?

Anela Blöch: In der Geschäftswelt können Konflikte oft komplexer sein als im privaten Umfeld. Oftmals umfassen sie verschiedene rechtliche, finanzielle und geschäftliche Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Dies erfordert eine gründlichere Analyse und eine detailliertere Vereinbarung, um eine umfassende Lösung zu finden. Dabei stehen oft geschäftliche Interessen und Prioritäten im Vordergrund, während im privaten Umfeld persönliche und emotionale Aspekte eine größere Rolle spielen können.

Weitere Unterschiede zum privaten Bereich sind vor allem die größere Beteiligtenzahl sowie die Tatsache, dass Teammediationen oftmals von Vorgesetzten initiiert werden und nicht von den Konfliktbeteiligten selbst. Die hierdurch möglicherweise eingeschränkte - für die Mediation aber notwendige – Freiwilligkeit könnte dadurch leiden und muss daher im Rahmen des Mediationsprozesses berücksichtigt werden.  Der grundsätzliche Ablauf einer Mediation ist in aber in allen Anwendungsgebieten gleich.

Alexander Ghezzo: Gibt es Risikos in einem Mediationsverfahren? Wie gehst Du mit diesen um?

Anela Blöch: Als Mediatorin bin ich grundsätzlich eine unabhängige und neutrale Vermittlungsperson ohne Entscheidungsbefugnis. Meine Aufgabe ist es beide Konfliktparteien durch den außergerichtlichen Mediationsprozess zu führen und ihnen dabei zu helfen, eine Einigung zu erzielen bzw. ihre Interessen in Einklang zu bringen. Die Eigenverantwortung für die Lösung der bestehenden Streitigkeiten bleibt jedoch weiterhin bei den Parteien. Dies ist sicherlich der Vorteil von Mediation, kann aber zugleich ein gewisses Risiko bedeuten. Denn mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens einer oder mehrerer Parteien sowie ein Ungleichgewicht der Machtverhältnisse können dazu führen, dass trotz aller Bemühungen keine Einigung erzielt wird und das Mediationsverfahren somit nicht funktioniert. Oftmals möchten sich Parteien auch nicht mit den tatsächlichen Problemen auseinandersetzen, sondern "einfach" Lösungen finden. Dies ist jedoch nicht Inhalt bzw Aufgabe einer Mediation.

Als Mediatorin gehe ich proaktiv mit diesen Risiken um. Dazu gehört eine klare und transparente Kommunikation mit den Parteien über den Ablauf des Mediationsverfahrens, ihre Rollen und die Ziele der Mediation, nämlich Klarheit für alle Seiten zu schaffen. Durch neutrale Vermittlung bemühe ich mich darum, ein Gleichgewicht zwischen den Parteien aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass alle Parteien fair behandelt werden. Mir ist es wichtig die Kooperation zwischen den Parteien zu fördern und sie zu dahingehend zu ermutigen, aktiv am Mediationsprozess teilzunehmen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen und Konflikte konstruktiv zu lösen.

Alexander Ghezzo: Welche Erfahrungen hast Du bereits gemacht?

Anela Blöch: Mediation ist ein freiwilliges Verfahren und dementsprechend kann niemand gezwungen werden mitzumachen. Nicht selten gibt es zu Beginn von zumindest einer Partei Skepsis oder sogar Ablehnung, vor allem wenn die Mediation von jemandem anderen initiiert wurde. Meiner Erfahrung nach waren dann aber gerade diese Parteien im Laufe der ersten Sitzungen besonders aktiv und offen im Mediationsprozess. Denn sie erkennen, wie offen und wertschätzend Kommunikation sein kann, wenn es darum geht, gemeinsam Lösungen zu suchen, um die weitere Zusammenarbeit zu gestalten und nicht darum, herauszufinden, wer die Sündenböcke sind.

Insgesamt habe ich gelernt, wie wichtig es ist, flexibel, einfühlsam und neutral zu sein, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Dynamiken von Konflikten gerecht zu werden. Jede Situation ist einzigartig und erfordert individuelle Herangehensweisen. Gleichzeitig können Konflikte aber oft Chancen für persönliches Wachstum und positive Veränderungen bieten, sowohl für die beteiligten Parteien als auch für mich als Mediatorin.

Alexander Ghezzo: Was macht eine gute Mediatorin aus?

Anela Blöch: Die wichtigste für eine erfolgreiche Mediation ist sicherlich das Vertrauen aller Konfliktbeteiligten zur Mediatorin. Dieses Vertrauen erhält die Mediatorin, indem sie keine Seite einnimmt und alle Beteiligten fair und gleichwertig behandelt. Zudem bedarf es eines guten Einfühlvermögens sowie eines Verständnisses für die Gefühle, Bedürfnisse und Perspektiven aller Konfliktparteien. Nur durch Empathie kann die Mediatorin eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen, in der die Parteien offen über ihre Anliegen sprechen können. Eine gute Mediatorin muss darüber hinaus gut kommunizieren und aktiv zuhören können, zumal es ihre Aufgabe ist, eine offene und konstruktive Kommunikation zwischen den Streitparteien zu fördern, effektiv zwischen ihnen zu vermitteln und allfällige Missverständnisse aufzuklären. Zu guter Letzt muss eine gute Mediatorin auch gewissermaßen kreativ sein, um innovative Wege aufzuzeigen, um die scheinbar unvereinbaren Interessen miteinander in Einklang zu bringen.

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Treffen Sie Anela Blöch persönlich auf dem 3. Immobilientag: Starke Regionen

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