Konsum im Wandel: Wie man Secondhand, E-Commerce und Nachhaltigkeit vereint

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Kinderkleidung muss nicht neu sein, um wertvoll zu sein. Caroline Schober, die Gründerin von Neworn, hat aus einer alltäglichen Beobachtung eine bahnbrechende Idee entwickelt, die den Markt für Secondhand- und unverkaufte Kinderkleidung revolutioniert. Getrieben von der Vision, den Kreislauf von Überproduktion und Verschwendung zu durchbrechen, bietet Neworn eine Plattform, die nicht nur Ressourcen schont, sondern auch Familien miteinander verbindet. Gudrun Ghezzo hat mit der Unternehmerin über die Geschichte hinter Neworn gesprochen – eine Geschichte von Mut, Innovation und der Überzeugung, dass nachhaltiger Konsum die Zukunft ist.

 

Gudrun Ghezzo: Neworn – eine Mischung aus Newborn und WORN? – was bedeutet der Name, und was steckt in Eurer Plattform?

Caroline Schober: Ja, genau! Unser Name setzt sich aus "Newborn" und "Worn" zusammen, was gemeinsam "Neugetragen" bedeutet. Der Name steht aber auch für die Verbindung zwischen den Secondhand-Artikeln (Worn), die auf unserer Plattform angeboten werden, und der unverkauften Ware von Unternehmen (New). Seit der Einführung der neuen Ökodesign-Verordnung integrieren wir auch diese Produkte und schenken ihnen ein zweites Leben.

Gudrun Ghezzo: Kannst Du uns den Moment beschreiben, wo Du zum ersten Mal die Idee zu dieser Plattform hattest?

Caroline Schober: In meinem Freundeskreis werden gerade rundum Babies geboren, und ich wurde oft gefragt, ob ich jemanden kenne, der Kinderkleidung abzugeben hat oder ob jemand welche benötigt. Gleichzeitig wurde ich durch alarmierende Statistiken über die Verschwendung von Kleidung und die Umweltauswirkungen der Modeindustrie inspiriert. In Österreich werden beispielsweise rund 83 % der Kleidung nicht recycelt und landen auf Mülldeponien, was massiv zum globalen Abfallproblem beiträgt. Die CO2-Emissionen der Modeindustrie übertreffen sogar die des weltweiten Flug- und Schiffsverkehrs zusammen.

Besonders bei Kinderkleidung und Zubehör fiel mir auf, wie problematisch übermäßige Neukäufe und Kleidermüll sind. Kinder wachsen schnell, was dazu führt, dass Kleidung oft nur kurz getragen wird, bevor sie ausgetauscht werden muss – eine enorme Verschwendung. Mein Ziel war es, eine nachhaltige Alternative zum Neukauf zu bieten und gleichzeitig die Umweltbelastung durch weniger Textilabfälle und Ressourcenverbrauch zu reduzieren.

Der Moment, in dem die Idee zu Neworn entstand, war eigentlich ganz alltäglich, aber dennoch ein Augenöffner. Ich war mit einer Freundin unterwegs, deren Kind gerade aus vielen seiner Kleidungsstücke herausgewachsen war. Wir sprachen darüber, wie oft Kinderkleidung nur wenige Male getragen wird, bevor sie zu klein ist, und wie viel Kleidung ungenutzt bleibt. Damals war ich so aufgeregt, dass ich direkt begonnen habe, die App auf meinem Notizblock aufzuzeichnen – die ersten Skizzen von Neworn! Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Es braucht eine Lösung, die den Kreislauf schließt!

Foto: Laurenz Vavrovsky
(c) Laurenz Vavrovsky

Gudrun Ghezzo: Welche Hürden musstest Du nehmen, um die Plattform schließlich online zu bekommen?

Caroline Schober: Um die Plattform online zu bringen, musste ich einige Hürden überwinden. Ich habe meinen sicheren Job gekündigt und ein Investment von Friends & Family gesammelt, die an meine Idee und mich geglaubt haben. Gleichzeitig habe ich auf ein Gehalt verzichtet, mich mit meinen Ersparnissen finanziert und nebenbei auf Events gekellnert. Da wir nur ein kleines Budget für Marketing hatten, mussten wir besonders kreativ sein, um Kunden zu gewinnen. Mit 8.000 Nutzern in weniger als einem Jahr hat sich diese Mühe jedoch definitiv gelohnt!

Eine der größten Herausforderungen besteht nach wie vor darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Marktplatz zu erreichen, insbesondere weil die KäuferInnen und VerkäuferInnen oft zwei sehr unterschiedliche Zielgruppen sind. Es ist schwierig, beides gleichzeitig zu skalieren und sicherzustellen, dass genügend hochwertige Artikel verfügbar sind, während gleichzeitig genug KäuferInnen aktiv sind, um die Produkte auch wirklich abzunehmen. Dies erfordert viel Feingefühl und Planung, um beide Seiten zufrieden zu stellen und ein stetiges Wachstum zu ermöglichen.

Gudrun Ghezzo: Was hat Dir in der Startup-Phase Mut gemacht?

Caroline Schober: In der Startup-Phase hat mir vor allem das positive Feedback der ersten NutzerInnen Mut gemacht. Zu sehen, wie Menschen die Idee annehmen und begeistert von der Nachhaltigkeit und Einfachheit unserer Plattform sind, hat mir gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zudem hat mich der Glaube und die Unterstützung von Freunden und Familie enorm bestärkt. Außerdem hat der Austausch mit vielen anderen Startup-GründerInnen, die mich unterstützt haben und mit denen ich mich regelmäßig austauschen konnte, mir sehr viel Kraft gegeben und Mut gemacht. Ihre Erfahrungen und ihr Feedback waren eine wertvolle Quelle der Inspiration.

Gudrun Ghezzo: Wo steht Neworn heute?

Caroline Schober: In weniger als einem Jahr haben wir bereits über 8.000 NutzerInnen gewonnen und ein engagiertes Netzwerk von über 50 Partnerunternehmen aufgebaut. Unsere App ist im Apple App Store und Google Play Store verfügbar und bietet Eltern eine benutzerfreundliche Plattform, um gebrauchte Kinderkleidung und -zubehör zu kaufen und verkaufen. Durch die Integration von unverkaufter Ware von Kindermode-Labels reagieren wir auf die neue Ökodesign-Verordnung und schaffen eine nachhaltige Lösung für überschüssige Bestände. Unser Ziel, die Lebensdauer von Kinderkleidung zu verlängern und Kleidermüll zu reduzieren, wird durch das wachsende Interesse und die positive Resonanz unserer Community unterstützt.

Gudrun Ghezzo: Wer sollte Deine Plattform nützen?

Caroline Schober: Neworn ist für alle Eltern, die Wert auf Nachhaltigkeit legen und/oder hochwertige Kleidung zu kleinen Preisen für ihre Kinder suchen. Besonders Familien, die ressourcenschonend leben möchten und dabei ihr Budget im Blick haben, sind bei uns genau richtig! Eltern können entrümpeln, dabei Geld verdienen und all das in einer Community von vertrauenswürdigen und gleichgesinnten Eltern. Secondhand Käufe sollten so einfach sein wie ein Neukauf, und genau das ist unser Ziel.

Gudrun Ghezzo: Welche Zukunftspläne hast Du mit Neworn / generell?

Caroline Schober: Zunächst wollen wir unsere Plattform weiter ausbauen, um noch mehr Eltern zu erreichen und die Anzahl der NutzerInnen und Partnerunternehmen in Österreich zu steigern. Ein wichtiger nächster Schritt ist die Expansion nach Deutschland, um unsere Wirkung auf den gesamten DACH-Raum auszudehnen. Außerdem möchten wir die Integration von unverkaufter Ware von nachhaltigen Modelabels weiterentwickeln und ausbauen, um den Kreislauf zu schließen und noch mehr Kleidung vor der Entsorgung zu retten. Langfristig streben wir an, Neworn als führende Plattform für nachhaltige Kinderkleidung zu etablieren und das Einkaufsverhalten von Eltern nachhaltig zu verändern

Gudrun Ghezzo: Was wünschst Du Dir von unserer Gesellschaft, um mehr Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft umzusetzen?

Caroline Schober: Ich wünsche mir, dass unsere Gesellschaft bewusster konsumiert und sich mehr mit den Auswirkungen unseres Kaufverhaltens auseinandersetzt. Es sollte normal sein, Kleidung länger zu nutzen, zu tauschen oder Secondhand zu kaufen, anstatt immer Neues zu konsumieren. Vor allem bei kurzlebigen Artikeln wie Kinderkleidung sehe ich großes Potenzial, durch Kreislaufwirtschaft massive Ressourcen zu sparen. Gleichzeitig braucht es mehr Unterstützung für Unternehmen, die nachhaltige Lösungen anbieten, sowie politische Maßnahmen, die den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft fördern und belohnen. Zusammenarbeit, Aufklärung und eine Veränderung im Mindset sind entscheidend, um eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.

Treffen Sie Caroline Schober auf unserer Konferenz für Kreislaufwirtschaft „Close the Circle IV“ am 01.10.2024 im Palais Eschenbach.

Mehr über die Plattform NEWORN erfahren Sie auf https://www.neworn.com/

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