Weniger Wut, mehr Mut – FÜHRUNGSKRÄFTE UND IHRE ROLLE IN DER KRISE
Keine guten Nachrichten: das fasst für viele Branchen das Jahr 2020 doch sehr gut zusammen. Dabei kommen wir doch gerade aus einer Phase, wo so viel richtig gut funktioniert hat. Ok, da war was mit Change in der Automobilindustrie. Ja… auch der Klimawandel hat schon ein paar dunkle Wolken vorrausgeworfen. Aber im Großen und Ganzen waren wir gut unterwegs. Und dann das…
Für Führungskräfte eine unglaubliche Herausforderung. Keine Sicherheit kann man seinen MitarbeiterInnen bieten, auf Zulieferer kann man sich nicht verlassen und die Politik verhängt kurzfristig Maßnahmen, die das Arbeiten an Lösungen erschweren. Sein Team da noch zu motivieren und stärken fordert viel, das aber noch online zu schaffen, scheint fast unmöglich.
Um diese Ausgangssituation ging es am 14. Dezember beim TÜV SÜD Online Impuls „Führungskräfte und ihre Rolle in der Krise“.
Leadership während und nach Corona Mut machen auch ohne gute Nachrichten
Moderiert von Gudrun Ghezzo diskutierten: Benedikt Binder-Krieglstein, CEO, Austria & Germany @ Reed Exhibitions Viktor Metz TÜV SÜD LGÖ GmbH Wolfgang Scheibenpflug, Vice President Real Estate and Landside Management – Vienna Airport Matthias Winkler, CEO, Sacher Hotels Betriebsgesellschaft mbH
Als Einstieg in die Diskussion berichtete Sacher CEO Matthias Winkler darüber, wie es dem Traditionshaus in der Corona Zeit ergangen ist. Und seine Bilanz ist erwartungsgemäß schlimm: 25% weniger MitarbeiterInnen, 75% weniger Umsatz. Realistisch gesehen wird es – dass haben uns die letzten Krisen gelehrt – 7 Jahre dauern, bis die Wirtschaft auf Vorkrisen-Niveau ist. Für die stark vom internationalen Gast abhängige Stadthotellerie braucht es dann nochmals 2 Jahre mehr.
Stunde der Possibilisten
Trotzdem hält es Matthias Winkler mit Stefan Zweig: JEDE KRISE IST EIN GESCHENK AN DEN SCHAFFENDEN MENSCHEN! Er sieht die Stunde der Possibilisten gekommen – der Möglichmacher, ein Begriff den er sich vom Genetiker Univ.-Prof. Mag. Dr. Markus Hengstschläger ausleiht. Es gilt, etwas zu tun, Dinge zu wagen und anders zu machen als bisher. Ideen der MitarbeiterInnen umzusetzen hat Sacher einiges an Umsatz geschafft, z.B. mit dem Sacher Eiswagen, den zu Mini-Restaurants umfunktionierten Suiten und dem Torten-Drive-In.
Neben diesen mittelfristigen Maßnahmen geht es aber auch darum in die Zukunft zu schauen. Und da geht es massiv um das Thema Digitalisierung und um die Chancen, die sich aus der Verschränkung der digitalen und der realen Welt bieten. Genau jetzt kann Zeit sein, sich mit diesem Weg auseinanderzusetzen. Mit einem enormen Budget hat das Unternehmen Sacher auch auf interne Weiterbildungen gesetzt.
„Weniger Wut – mehr Mut – dann wird alles wieder gut“
„Weniger Wut – mehr Mut – dann wird alles wieder gut“, so leitete Matthias Winkler die Online-Diskussion ein: „Wie können Führungskräfte ihren MitarbeiterInnen Kraft und Mut geben?“
Mehr Kommunikation und rasche Entscheidungen
Auch Benedikt Binder-Krieglstein, CEO, Austria & Germany @ Reed Exhibitions hat dieses Jahr einen unglaublichen Umsatzeinbruch hinnehmen müssen. 200 von 600 Leuten mussten das Unternehmen verlassen. Und doch hat Binder-Krieglstein einen unglaublichen Zusammenhalt in seinem Team erleben dürfen. Wichtigste Führungsaufgabe war es den MitarbeiterInnen Kraft für Innovation und Improvisation zu geben – durch mehr Kommunikation als je zuvor, gemeinsame Workshops usw.
Wolfgang Scheibenpflug, Vice President Real Estate and Landside Management am Flughafen Wien, hätte sich auf ein Rekordjahr freuen dürfen, doch jetzt erlebt er eine fast gespenstische Stimmung in einem verlassenen Flughafen.
Scheibenpflug sieht Vertrauen als wichtigsten Faktor, wenn es darum geht MitarbeiterInnen durch die Krise zu führen. Entscheidungen müssen schneller getroffen werden, auch wenn damit Risiko verbunden ist. Und Kommunikation ist auch für ihn essenziell – gerade in Zeiten von Kurzarbeit und Home-Office. Es ist wichtig, eine Vision für danach zu formulieren, darauf kommt es an, damit die MitarbeiterInnen einen Ausweg sehen können und ihre Kraft dem Unternehmen widmen.
Viktor Metz CEO der TÜV SÜD Landesgesellschaft Österreich GmbH hat auch sehr viel auf direkte Kommunikation gesetzt. Mehr gemeinsame Meetings, Weiterbildung, rasche Entscheidungen – so geht der TÜV SÜD mit der Krise um.
Aber natürlich: man kann nicht alle MitarbeiterInnen halten und nicht alle können in der Krise mitgehen. Bei der Entscheidung – wer soll gehen, wer bleiben – haben alle an der Diskussion B Beteiligten eher auf soziale Faktoren gesetzt. ‚Die Besten der Besten halten‘ ist das eine. Soziale Verantwortung das andere. „Wer ohnehin in sozial schwierigen Verhältnissen lebt, bleibt jedenfalls“, hat Matthias Winkler zu seinem obersten Prinzip gemacht. Reed-Messe hat stark auf Coaching und Begleitung gesetzt. Und Viktor Metz hat seinen MitarbeiterInnen klar kommuniziert, dass niemand zurück gelassen werden wird. Jedoch hat er auch den Anspruch geäußert, Arbeitszeit auch für die Zeit aufzusparen, wenn Arbeit wieder da ist.
Führungskräfte müssen auch auf sich schauen
Die Situation ist aber auch für Führungskräfte schwer: Wie schaffen es Führungskräfte selbst auf sich zu schauen und sich zu motivieren? Bewegung, Familie, vielleicht Musik, bewusst mit Freunden Kontakt halten – so kann man auf sich selbst schauen. Benedikt Binder-Krieglstein sagt aber auch: Selbstdisziplin und Lächeln – auch wenn manchmal nur gespielt – sind wichtige Bestandteile.
So lange immer noch was geht, so lange wir noch Möglichkeiten zum Handeln sehen, haben wir es eigentlich gut – das war eine wichtige Conclusio dieser Diskussion. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele neu entdeckte Handlungsfelder, den notwendigen Mut und den Blick für die kleinen und großen Lichtblicke und Freuden, die es ja auch noch gibt.