6. Ghezzo: Wissen rockt! Immobilientag - die Zusammenfassung

Am 06.05.2025 ist bereits zum 6. Mal der Ghezzo Immobilientag über die Bühne gegangen. Am Flughafen Wien hat das #wissenROCKT Team wieder zu diesem unverzichtbaren Branchenevent eingeladen. „In diesen Zeiten des Wandels, der Unsicherheiten und der Krise – ist es da nicht schön, dass es eine solche Konstante wie den Ghezzo Immobilientag gibt?“ hat Alexander Ghezzo in seiner Begrüßung Bezug auf die positiven Seiten unserer Zeit genommen.
Doch die Herausforderungen für die Branche sind hoch, Worte wie „wir haben als Branche viel zu lange geschlafen“ waren mehrfach zu hören. Also gut: Wohin geht die Reise? Wir haben uns den wichtigsten Themenfeldern angenommen, über 40 Expert*innen auf die Bühne gebeten und mit über 220 Menschen vor Ort den Austausch gesucht. Hier lesen Sie die Zusammenfassung:
Themenfeld Investition & Standort
Christian Crain, CEO von Pricehubble, wartete wieder mit zahlreichen Faktenchecks auf – so zum Beispiel zum Investitionsstandort Wien: „Weder im innerösterreichischen, noch im europäischen Vergleich liegt Wien in Puncto Renditen ganz oben. Aber die Rendite ist nur einer der Faktoren für die Standortattraktivität: Frieden, Sicherheit, wirtschaftliche und politische Stabilität, Wertsteigerungspotenziale, … spielen ebenso eine Rolle.“ Mathias Mühlhofer, Vorstand von Immobilienrendite, betont: „Wien ist nicht wegen, sondern trotz seiner Renditen attraktiv. Doch wir müssen uns anstrengen, dass das auch so bleibt, Ausruhen ist derzeit keine Option.“ Lange Verfahren, strenge Regulatorik, stagnierende Wirtschaft sind nicht gerade die besten Voraussetzungen dafür. Der Unterschied liegt aber auch im Detail: die Prognosen und Einschätzungen wollen auch hinsichtlich der Assetklassen differenziert werden: „Investitionsentscheidungen werden aufgrund der Renditenerwartungen getroffen. Die anderen Faktoren sind gut, aber nicht entscheidend. Die Renditen bei Büros und Gewerbeimmobilien sind im internationalen Vergleich nicht gerade rosig, was aber stark an Energie- und Personalkosten liegt – da können wir nicht mit anderen Städten mithalten“, sagt Katrin Gögele Celeda, Country Manager AT & Adriatic, CPI Europe und weiß, dass es viel persönliche Überzeugungsarbeit braucht, um den Standort Wien auch entsprechend zu bewerben. Blicken wir in Richtung Wohnen: „Gerade beim Immobilienkauf gab es in den letzten Jahren gute Stimmung, die auch institutionelle Investoren genutzt haben“, fasst Daniel Thum, Head of Investment, Erste Immobilien, seine Einschätzungen zusammen. „Die Stabilität des Mietmarkts und die starke Infrastruktur der Stadt spricht für sich, und die Attraktivität ist ungebrochen. Allerdings müssen wir uns die politische Situation genauer ansehen – die aktuelle budgetäre Situation und die dazugehörigen Gesetzesentwürfe lassen uns einige Plätze im Kampf um das institutionelle Kapital einbüßen“, sagt Gabriel Kefer, COO, Invester United Benefits, und nimmt sich für die aktuellen Entwicklungen kein Blatt vor den Mund. Wie sehen unsere Teilnehmer*innen die Situation?
Die unter Druck geratene Finanzierung spielt hier eine entscheidende Rolle. Nicht nur anstehende Bankenabgaben, sondern auch die Verteuerung des Geldes und die starken Regulative des Finanzmarkts sind stark spürbar. „Wir sind dafür verantwortlich, Risiken am Finanzmarkt zu minimieren, und da spielt die Wertentwicklung von Immobilien eine wesentliche Rolle. So ist es nicht überraschend, dass wir in unserem Leitfaden auf physische Klimarisiken und auch auf Transaktionsrisiken Bezug nehmen“, weist Georg Lehecka, Hub Manager Sustainable Finance, FMA, auf die wichtige Arbeit der Finanzmarktaufsicht hin.
Weiterführende Infos zum Nachlesen:
Leistbares Wohnen im Fokus
In den letzten Jahren haben sich allein die Baukosten stark nach oben entwickelt. Baustoffe, Lohnkosten und Finanzierungskosten tragen zu einer Preissteigerung von 25% in den letzten 5 Jahren bei. Auch die strengeren Normen und Bauvorschriften tragen dabei zu einer Kostensteigerung bei.
Green Asset Ratio, Kreditvergabe, Bau- und Grundstückskosten, Klimarisiken, Normenlandschaft, langwierige Prozesse, … von vielen Kostentreibern haben wir an diesem Konferenztag gehört. Ist Leistbarkeit also abgesagt? Wohin steuern wir?
Georg Niedermühlbichler, Landtagsabgeordneter und Präsident der Mietervereinigung, leitet ein: „Klar habe ich in puncto Leistbarkeit und Mieten eine klare Position, und seitens der Stadt Wien tun wir auch alles, um leistbares Wohnen zu ermöglichen. Aber wenn wir mit unseren Forderungen die Vermieter und Investoren, sowie die Developer ganz ausblenden, haben wir bald nicht mehr das Problem der leistbaren Wohnungen, sondern har keine Wohnungen mehr.“ Und dass der Run auf die Mietwohnungen in den letzten 24 Monaten extrem angestiegen ist, ist auch nicht verwunderlich, sagt Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin, Heimat Österreich: „Die Leute wurden ins Mieten gedrängt, das Eigentum quasi gekappt – das ist eine natürliche Folge der KIM Verordnung und der Zinsentwicklung. Der Markt zeigt uns auch, dass dadurch die freifinanzierten Mieten davongaloppieren.“ Niederösterreich lässt sich in vielen Punkten NICHT mit Wien vergleichen, stellt Doris Molnar, Vorstand der GEDESAG, klar: „Leistbarkeit ist auch eine gesellschaftliche Frage. Wenn Betreuungseinrichtungen für Kinder, Mobilitätsangebote und Infrastruktur fehlen, gehen Frauen nicht oder nur in Teilzeit arbeiten. Hier stecken vor allem Frauen in einer Armutsfalle.“ Gleichzeitig bringt auch der Wunsch nach Flexibilität einen Run auf die Mietwohnungen: Flexible Grundrisse sind irgendwie nett und schön, aber am Ende lösen die Menschen ihre ändernden Bedürfnisse durch das Mieten unterschiedlicher Wohnungen. „Wir sehen einen wahren Run auf 1-2 Zimmer-Mietwohnungen und haben in letzter Zeit auch nur Mietwohnungen gebaut“, sagt Peter Berchtold, Leiter Vertrieb, BUWOG, und spricht damit die Dynamik der Bedürfnisse an. „Wir sehen gleichzeitig eine hohe Fluktuation bei Mieten“, ergänzt er. Und Sebastian Nitsch, Wohnimmobilienexperte, nimmt die öffentliche Hand in die Pflicht: „Wir sehen keinen Trend zur Miete, sondern einen Drang. Gleichzeitig ist das Bauen von Mietwohnungen nicht einmal mehr kostendeckend. Wien und die Bundesländer sind daher gefordert, die eigenen Grundstücke nicht zu hohen Preisen zu veräußern, sondern selbst zu bauen und für leistbaren Wohnraum zu sorgen!“
Welche Faktoren sind heute bestimmend, sich für eine Wohnung zu entscheiden? Das haben wir im Publikum nachgefragt. Erstaunlich dabei: der Preis und die Betriebskosten kommen erst an zweiter und dritter Stelle, die Nachhaltigkeit nimmt den letzten Platz ein.
Fazit zum Thema leistbares Wohnen: Grundstückspreise und Baukosten sind harte Gegner für leistbares Wohnen – sowohl im Eigentum als auch in der freien Miete. Die Zweckbindung der Wohnbauförderung steht zumindest im Regierungsprogramm, aber das allein wird nicht reichen. Es braucht weitere Förderungen und Zuwendungen, um auch in Zukunft Leistbarkeit sicherzustellen.
Weiterführende Informationen:
Neue Technologien, Digitalisierung und KI als Hoffnungsträger
KI und Digitalisierung sind DIE Treiber und Hoffnungsträger für die Steigerung von Effizienz, Effektivität und Transparenz.
Schon in der Planungsphase einen gemeinsamen Datenstand über alle Gewerke hinweg zu haben, integrierte Informations- und Planungssysteme, die von allen Beteiligten genutzt werden können, ist noch Zukunftsmusik, aber hat extrem starkes Potenzial zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung. „Wir müssen aufhören, nur in unserem Fachbereich zu denken, wir müssen uns breit für alle Gewerke und Kompetenzen interessieren, wir müssen Simulationen von vorn herein mit nützen – das Berufsbild des Planers / der Planerin wird sich dramatisch ändern – und hier ist die Dimension, die über Kreislaufwirtschaft noch hereinkommt, noch gar nicht berücksichtigt. So gesehen liegt eine Mammutaufgabe vor uns“, sagt Theres Göschl, die bei Swietelsky Development die Großprojektentwicklung verantwortet.
Schauen wir zu den Digitalisierungsmöglichkeiten und den Daten: Hier tut sich die nächste Baustelle auf: Daten und Informationen werden dezentral gesammelt und auf vielfältigen Medien. Das One-Point-Of-Truth Prinzip hat hier keine Chance. „Allein in Österreich haben wir über 500 unterschiedliche Softwareanwendungen am Markt, die sich mit der Baustelle befassen. Unser Ziel ist es, zunächst einen zentralen Datensatz zu schaffen, der dann über Schnittstellen mit den relevanten Softwareprodukten funktioniert, sodass Daten nur einmal erfasst, aber in allen nötigen Anwendungen verwendet werden können“, beschreibt Franz Hillebrand, CEO, Tesofy FlexCo, seine Herangehensweise für Effizienzsteigerung.
Die tollsten und schönsten Daten und Inhalte helfen nicht, wenn wir sie nicht sichtbar machen können. Digital Signage, interaktive Screens und Informationsaufbereitung in Echtzeit helfen nicht nur zu informieren, sondern auch zu steuern: „Die Technologie steht längst bereit – egal ob Gebäudeleitsysteme, Verbrauchsdaten in Echtzeit, Besucherstrom-Lenkung, Interaktion – der Fantasie für kluge Anwendungen sind keine Grenzen gesetzt. Was es braucht, sind klare Strategien, und Menschen, die das auch umsetzen können“, betont Robert Lang, Business Developer bei DSin4me, eindrucksvoll in seinem Vortrag.
Und wie werden uns KI Anwendungen helfen? Wie weit verbreitet sind denn KI Anwendungen schon in unserem Arbeitsalltag? „Dokumentenerfassung, Datensatz-Generierung, personal Assistant, Meeting-Management, … das sind schon ganz typische Anwendungen, wie wir sie in der 3SI schon nützen. Meine Vision der Zukunft lautet aber, dass auch das ganze Baustellenmanagement, Baufortschritt, Dispositionen von Teams und Materialien, etc. massiv durch KI Anwendungen profitieren werden. Doch an die unbemannte Baustelle mit Robotik glaube ich nicht“, sagt Merlin Trampert, Baumanagement, 3SI. „Im Gegensatz zu BIM sind die meisten KI Anwendungen viel leichter zu verwenden, und es funktioniert für kleine Anwendungen sehr niederschwellig. Wo KI BIM doch fördern könnte, sind beispielsweise Grundrissoptimierungen. In Echtzeit kann eine KI tausende Varianten durchsimulieren und den besten aller Grundrisse generieren“, nennt Michael Sandriesser, CEO, ATE Holding, weitere funktionierende Anwendungen. Kommt BIM nun durch KI doch noch in die Gänge?
Übergreifend über alle Anwendungsgebiete haben wir unsere Teilnehmer*innen nach der Häufigkeit von KI-Nutzung gefragt:
Auch die Immobilienvermittlung steht unter Leistungsdruck: Doch gerade hier wird deutlich, wie wichtig der persönliche Austausch bei aller Digitalisierungsunterstützung auch in Zukunft bleiben wird. Egal ob Wohnen, Kaufen, Mieten, Zinshaus, Retail oder Büro… Digitalisierung und KI können nur den Human Touch unterstützen, aber nicht ersetzen. Anthony Crow, Leiter Gewerbeimmobilien bei OTTO Immobilien fasst zusammen: „VR, Renderings und digitale Begehungen sind schon Standard und beschleunigen auch die Entscheidung. Aber die persönliche Beratung, die Begleitung der Kunden über den gesamten Prozess und die physische Besichtigung werden dadurch nicht ersetzt werden können.“ Vermittlung bleibt über alle Assetklassen hinweg ein People’s Business – High Tech trifft Human Touch. Das sehen auch unsere Teilnehmer*innen so.
Abseits der Digitalisierung tut sich auch in der Bautechnologie einiges: Vorfertigung, modulares Bauen, Kreislaufwirtschaftslösungen, etc. sind nach wie vor wichtige Themenfelder für Wirtschaftlichkeit UND Kostenreduktion: „Wir werden in Zukunft nicht mehr so bauen können, wie heute, sonst werden Developer keine Gewinne mehr machen können. Wir werden viele Produktionsschritte von der Baustelle ins Werk verlagern, das wird Kosten sparen“, sagt auch Dietmar Reindl, CEO, Baumhouse. Modularisierung und Standardisierung sind auch die Aspekte, die UBM in seinen Holzbauprojekten verfolgt: „Wir haben jetzt 300.000 m² Holzbau in der Pipeline, und mit den richtigen Partnern und Innovationen ist das auch zu schaffen“, sagt Bernhard Egert, Director & Head of Timber Construction, UBM Development.
Innovationen sind gefragt – und wir haben in der Branche noch einiges vor: Nicht nur eine innovationsaffine Stimmung und Kultur, sondern auch eine Entrümpelung des Normenwesens werden hierbei zur Sprache gebracht. Wie hier der Gebäudetyp E letzten Endes ankommt und welche Chancen er bietet, diese Erfahrungen stehen noch aus.
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Übergreifende Zusammenarbeit für heute und morgen
In der Planung liegen nach den Einschätzungen unserer Teilnehmer*innen die größten Einsparungspotenziale, was die Baukosten angeht. „Wenn früh im Planungsprozess schon alle Gewerke mit berücksichtigt werden – auch solche, die oft erst viel später eingebunden werden – dann erhöht das zwar momentan die Anzahl der Player, macht die Planung aber in Summe effizienter und die Errichtung kostengünstiger“, erklärt Thomas Hagenauer, Geschäftsführer TECE Österreich, wie er mit seinen modularen Sanitärschächten zur Kostenreduktion in Planung UND Errichtung beiträgt.
Nicht nur zwischen den einzelnen Gewerken und Playern in der Branche braucht es eine bessere Zusammenarbeit, sondern auch mit Behörden und Verwaltung. „Lange Verfahrensdauern, unterschiedliche Genehmigungsverfahren für die jeweiligen Gewerke und fehlende Kompetenzen treiben die Komplexität und damit die Kosten massiv in die Höhe“, sagt Brana Mladenovic, Head of Real Estate Partnership & Sales, A1 und ist damit eine von Vielen, die die Geschwindigkeit und Komplexität der Verfahren kritisch anspricht. Dass gute Zusammenarbeit mit Bevölkerung, Nutzer*innen und Behörden auch Früchte tragen kann, berichtet Claudia Brey, Geschäftsführerin, ÖBB Immobilien: „Im Areal des Hauptbahnhofs ist uns das über 3 Stufen der Quartiersentwicklung wirklich toll gelungen, und die Ergebnisse können sich sehen lassen.“
Spezialist*innen mit einbringen in die Beschleunigung von Verfahren ist ein weiterer Punkt, den Thomas Drozda, Vorstandsvorsitzender, ARWAG Holding, noch einbringt. „Baukostenexplosion, Inflation, Lohnkostenentwicklung machen die Finanzierung schon massiv schwieriger, und wenn dann noch in den Verfahren von Umwidmung bis Baugenehmigung einige Jahre hinzukommen, dann wird das irgendwann nicht mehr zu stemmen sein.“ Er appelliert hier sowohl an politische Reformen, als auch an die Eigenverantwortung.
Weitere Anregungen in Richtung Politik kommen insbesondere zur lange geforderten Mietrechtsreform, sowie zur Fokussierung auf die Gebäudesanierung, damit Bestandsimmobilien besser, effizienter und effektiver renoviert werden können. Und auch Parkplätze sollten stärker in den Fokus rücken: „wir haben in Österreich 500 Millionen m² ungenutzte Immobilien, die man umwidmen könnte und 45 km² Parkplatzflächen, die sich für Entsiegelung, Retentionsdächer oder Energiegewinnung nützen ließen. Doch auch da muss der Staat aktiv werden, damit wir leistbaren Wohnraum und schaffen können“, sagt Erich Benischek, Eigentümer und Geschäftsführer der Blauen Lagune. Und Alexander Kopecek, Geschäftsführer der Kerbler Holding, bringt konkrete Vorschläge, wie man nun Geld in den Markt speziell für nachhaltige Technologien bekommt: „Bis die nachhaltigen Technologien auch wirklich kostengünstiger sind, braucht es noch etwas Entwicklungszeit und vor allem den economy-of-scale-Effekt. Aber wer soll nun investieren? Der Staat muss haushalten, und die Reichen warten zu. Hier könnte der Staat doch Anreize schaffen, und speziell für große Investitionsvolumina attraktive Steuerbegünstigungen schaffen“, meint er.
Weitere wichtige Allianzen, die es zu stärken gilt, ist auch die Kommunikation zwischen Eigentümer*innen und Nutzer*innen – und auch hier hat Wolfgang Scheibenpflug, Senior Vice President Real Estate, Flughafen Wien AG mit der Airport City schöne Beispiele zu berichten: „Ob über direkten Dialog, über Apps, über den Einbezug der Bürgermeister*innen der Umlandgemeinden, … zufriedene Mieter*innen sind erfolgsrelevant! Die vitale Community führt dazu, dass wir eine ehrliche und transparente und offene Kommunikation AUCH zu kritischen Themen führen können.“ Und genau so können wahre Allianzen für eine gemeinsame, lebenswerte und leistbare Zukunft entstehen. Welche Tugenden es dazu braucht? Auch das haben wir im Publikum abgefragt:
Elmar Hagmann, Geschäftsführer von Sedlak Bau, hat uns an diesem Tag mit einen Wake-Up-Call zum Nachdenken angeregt: „Wenn wir die letzten Jahre daran gearbeitet haben, dass unsere Ansprüche sich in Normen und Gesetzen wiederfinden, dann dürfen wir uns jetzt nicht wundern, warum Verfahren lange, aufwändig und teuer sind.“ BÄÄÄM.
Tugenden, Kompetenzen, Kultur und Werte
Die Branche muss in Summe veränderungsfreudiger werden – ein Attest, das uns viele Speaker mitgeben. Alte Traditionen, Renditeerwartungen inklusive, müssen hinterfragt und verändert werden. Helmut Flögl, Leiter Department für Bauen und Umwelt, Donauuni Krems, fasst seine Erfahrungswelt zusammen: „Die Branche braucht eine neue Baukultur. Wir müssen künftig im Team an komplexe Themen herangehen, einander vertrauen, und interdisziplinär handeln. Wenn wir noch dazu weniger neu bauen und mehr sanieren, braucht es noch mehr individuelle Lösungen. Der Blick durch die rosa Brille wird schnell ernüchternd, wenn wir nicht über den Tellerrand schauen“.
„In meinem Verantwortungsbereich, der Vermittlung von Wohnimmobilien, gab es in den letzten 4 Jahren mit der KIM-Verordnung, mit dem Bestellerprinzip, mit den sich ändernden Arbeitswelten etc. laufend neue Herausforderungen, die strategische Kreativität von uns gefordert hat“, beschreibt Karina Schunker, Geschäftsführerin, EHL Wohnen, ihren Arbeitsalltag und fragt sich, wo die Normalität bleibt. Doch vielleicht ist gerade das unsere Normalität, mit der wir umgehen müssen!
„Die Attraktivität der Maklerei für neue Mitarbeiter*innen ist in letzter Zeit sowohl durch die Regulatorik, als auch durch das Ende des Immobilienbooms stark gesunken. Wir müssen als Unternehmen eine starke und sichere Marke sein, um noch attraktiv zu sein“, sagt Martina Hirsch, Vorstand, s Real. Aus seiner Perspektive des Zinshausmarktes sieht Thomas Gruber, Geschäftsführer Plenus Immobilien, die Lage etwas anders: „In unserem Bereich ist wieder Know-how gefragt, tiefes Verständnis für Kunden, deren Bedürfnisse und die dazu passende Immobilie. Wir müssen uns wieder eingehend mit allen fachlichen Belangen beschäftigen, und das macht auch mehr Spaß!“
„Gerade im Wandel haben wir viele Möglichkeiten, auch zu gestalten. Klar ist das Tempo gerade hoch, und wir fahren mit 180 km/h über rumpelige Landstraßen“, fasst Peter Ulm, CEO, Allora Immobilien, die Situation zusammen. Doch genau hier bieten sich auch extrem viele Chancen, Gestaltungsmöglichkeiten und Mut und Visionen können hier richtig zur Geltung kommen. Dem stimmt auch Gerald Beck, Geschäftsführer der BIG, zu: „Die spannendste Zeit ist JETZT, wo der Wandel voll im Gange ist, und gerade die Immobilienbranche ist so vielfältig, dass es eigentlich nichts Besseres und nichts Spannenderes gibt, als hier aktiv zu gestalten.“ Franziska Kollitsch, Kollitsch Invest, repräsentiert die nächste Generation der Führungskräfte: „Was da mit Digitalisierung & Co auf uns zukommt, bereiten wir jetzt mit Hochdruck vor, damit wir so rasch wie möglich startklar sind. Gleichzeitig müssen wir unseren Teams inspirierenden Purpose, Motivation, aber auch Stabilität bieten“, ist sie überzeugt. Andreas Köttl, Geschäftsführer Next Value One, unterstreicht eine weitere Tugend: „Reagieren ist immer schlecht. Wir wissen oft sehr gut, was auf uns zukommt, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen. Wenn beispielsweise schon seit Jahren keine Wohnungen gebaut werden, ist klar, wohin das führen wird. Sich dann zu wundern und zu reagieren, wäre verfehlt.“
Die alt-tradierte Führungskultur des starken strengen Mannes liegt eindeutig hinter uns, das wurde mehrmals bekräftigt und bestätigt. Welche Tugenden werden nun Einzug halten? Hier die Umfrage-Ergebnisse aus dem Publikum:
„Flexibilität, Offenheit, Transparenz, Wertschätzung, etc. sind die Attribute, die die Führungskräfte für den Wandel brauchen. Aber wo sehen wir diese in der Politik? Wo sind die Signale, die diese Tugenden ausdrücken?“ adressiert Karin Kiesslinger, Geschäftsführerin EGW, die kulturelle Seite der Politik und weist damit darauf hin, dass die Politik auch bezüglich der gelebten Werte und Tugenden eine wesentliche Rolle spielt.
Nachhaltigkeit und ESG
„Zwischen dem dystopischen und dem utopischen oder wünschenswerten Bild der Zukunft liegt das, was wir tun.“ So klar bringt Jürgen Obmauer, Key Account Manager bei Belimo, unsere Verantwortung auf den Punkt. Doch immer steht die Frage im Raum: was bringt es denn? Was kann ich denn tun? Und da gibt Belimo klare Antworten: „9 von 10 Bestandsgebäuden sind nicht energieoptimiert – und immerhin sind 16% des CO2 Fußabdrucks in HKLS zu finden!“ Und schon minimalinvasive Lösungen, die bei der Optimierung der Steuerung ansetzen, statt die kompletten Systeme zu tauschen, haben ein enormes Wirkungspotenzial.
„Können wir uns den Klimaschutz noch leisten?“ ist eine sehr wesentliche Frage, der wir an diesem Tag nachgegangen sind. Der Green Deal, der als große Errungenschaft in den letzten gehandelt worden sind, ist in den Hintergrund getreten. „Es geht aber nicht darum, dass wir nachhaltige Bestrebungen und Verpflichtungen jetzt abschaffen, sondern dass wir Nachhaltigkeit mit Wettbewerbsfähigkeit verbinden“, weiß Karl Zimota, Sustainability Manager Real Estate, TÜV SÜD – und auch, wie das gelingen kann. Immerhin sind wir in Europa nicht ganz allein, große Städte wie New York oder Singapur haben ebenfalls strenge Gesetze für den Klimaschutz eingeführt. Die Omnibus Bestimmungen der EU sind keine Einladung zum Ausruhen: Die Klimarisiken bleiben weiter brisant, ebenso die Bestimmungen für den Finanzmarkt, daher müssen wir mutig und entschlossen handeln. „An der EU Taxonomieverordnung kommen wir nicht vorbei, dem müssen wir uns als Branche stellen.
Fritz Mühlener, Geschäftsführer des IfEA, Institut für Energieausweis, fundiert diese Einschätzungen mit einer Veröffentlichung des World Economic Forums: „In 10 Jahren werden die TOP 4 globalen Risiken umweltbezogen sein. Pause beim Klimaschutz wird das nur verschärfen.“
Peter Engert, Geschäftsführer der ÖGNI, findet dazu klare Worte: „Wer Gesetze und Verordnungen braucht, um Nachhaltigkeit zu realisieren, hat die Verantwortung der Immobilienwirtschaft für die bebaute Zukunft Österreichs nicht verstanden.“
„Beim Gebäudebestand der BIG haben wir ein ambitioniertes Dekarbonisierungsziel. Um das zu erreichen, setzen wir auch hier KI Tools ein, die über Datenerfassung und -analyse einen CO2-Reduktionspfad inklusive Maßnahmen vorschlägt, die wir priorisieren und umsetzen“, zeigt Susanna Dinkic, Projektleiterin für nachhaltiges Bauen, BIG, konkrete Anwendungen auf.
Welche ganz konkreten Beispiele für nachhaltige und wirtschaftlich vorteilhafte Technologien wurden geliefert? Mehrfach genannt wurden Kreislaufwirtschaftsprinzipien wie längere Nutzungszeiten, Schaffen reversibler Materialverbindungen, Massenreduktionen bei dem, was verbaut wird, aber auch: „Wir verlegen Hochleistungsinfrastruktur für Daten in Böden und in Wände – Glasfaser verbraucht dabei nur ein Viertel der Energie im Vergleich zu Kupfer, bei gleichzeitig einem Vielfachen an Leistungsfähigkeit“, streicht Alfred Pufitsch, CEO von ÖGIG, seinen Beitrag zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit hervor. Auch GF Building Flow Solutions übernimmt Verantwortung, wie Nikolaus Lorbeer, Key Account Manager bei GF beschreibt: „Net Zero 2040 ist unser klares strategisches Ziel, und hier haben wir bereits große Schritte gesetzt: in ausgewählten Bereichen verwenden wir biobasiertes PVC aus Tallöl, einem Abfallprodukt der Papierindustrie, was einen um 90% geringeren CO2 Fußabdruck hat, als herkömmliches. Gleichzeitig arbeiten wir an gesteigerten Lebensdauern unserer Produkte und höheren Recyclatquoten bei unseren Produkten.“ Bleibt eine Befürchtung im Raum stehen: dass nachhaltige Technologien nicht wirklich billiger werden, sondern nicht nachhaltige einen wahren Kostensprung nach oben machen, sodass wir erst dann bereit sein werden, die derzeit „hohen“ Preise zu bezahlen. Was entspricht wohl eher der Kostenwahrheit?
Schon klar – wenn wir nichts tun, dann werden wir dem Klimawandel nicht begegnen können. Und das wird erst recht mit hohen Kosten einhergehen. Also was sind die nächsten Schritte, die nun umgesetzt werden? Das sagen unsere Teilnehmer*innen:
Und was wird die Stadt Wien tun? „Auch im neuen Regierungsprogramm geht’s ganz stark um die Themen Kreislaufwirtschaft, Klimawandelanpassung, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Wir müssen auch mit knapperen Budgets Vorbild sein – denn bei aller Krisenstimmung dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass es uns immer noch sehr gut geht!“ Bernhard Jarolim, Stadtbaudirektor von Wien, appelliert auch an die gesellschaftlichen Werte.
Gesamtgesellschaftlich haben wir den klaren Auftrag: Wirtschaftlichkeit UND Nachhaltigkeit müssen stärker zusammengeführt werden und im gesellschaftlichen Bewusstsein bleiben. „Als Bestandshalter und Entwickler tragen wir die Verantwortung für Klimaschutz, Betriebskostensenkung, und Anpassung an den Klimawandel. Diese nehmen wir wahr, und sprechen offen darüber“, sagt Paul Grassel, Geschäftsführer, IG Immobilien.
Wie geht es also in die Zukunft? Ist Nachhaltigkeit schon Geschichte, oder geht’s jetzt erst richtig los? So haben unsere Teilnehmer*innen zu dieser Frage Stellung genommen:
Fazit: Nachhaltigkeit IST unsere Zukunft. Die ganz großen Schritte liegen noch vor uns, doch wir gehen sie besser jetzt, als auf weitere Klimakatastrophen zu warten. Denn verglichen mit der globalen Situation: Es geht uns doch gut, wir haben doch so viele Chancen und Möglichkeiten, wir haben die Technologien, die Menschen, die Tugenden, die Überzeugungskraft – und auch das Geld, die Dinge nun anzupacken. Auf dass wir auf unseren nächsten Konferenzen weitere Leuchttürme auf die Bühne bringen, und die ganze Welt bald durch diese Leuchttürme erhellt ist!
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