Begrünt, energieliefernd, kreislauffähig: Was die Gebäudehülle leisten muss/kann und wie sich Preis und Lieferzeiten entwickeln

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Was sind die Themen, die die Immobilienwirtschaft besonders bewegen? Preisexplosion, Lieferketten, ESG und Nachhaltigkeit, alternative Energien, Klimawandel – jedes dieser Themen betrifft insbesondere die Gebäudehülle. Stephan Messner ist Head of Relationship Management und Prokurist der Alukönigstahl GmbH beschäftigt sich mit diesen Herausforderungen und Chancen. Sein Resümee: bei Preisen und Liefersicherheit empfiehlt sich das ‚Fahren auf Sicht‘ und in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz bzw.- Resilienz gibt es viele technische Möglichkeiten bis hin zur Kreislauffähigkeit der Gebäudehülle. Im Interview geht Stephan auch auf begrünte Fassaden, auf Chancen für Bestandshalter, Zertifizierungen und auf eine ausgewogene Nutzung aller  vorhandenen Ressourcen ein.

Ghezzo: Preisexplosion ist das große Thema, das jetzt alle massiv beschäftigt.Wie steht es damit bei dem Thema Fassaden?

Messner: Einfach gesagt, es beschäftigt uns auch! Ein enormer Anstieg bei den Rohstoffen in den letzten 1 ½ Jahren und die, vor allem aus aktueller Sicht, noch relevantere Entwicklung der Energiekosten, führt bei vielen Bauprodukten und Systemen zu höheren Kosten. Es trifft somit praktisch alle Gewerke. Nachdem die Gebäudehülle in einem Projekt einen hohen Kostenanteil beansprucht, betrifft es die Fassade natürlich besonders. Wir sehen, dass vor allem bei komplexen Fassadenlösungen die Verhandlungen aktuell schwierig sind und sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Das beeinflusst auch die Geschäftsverläufe aller Beteiligten. Es ist auch erkennbar, dass Projekte aus diesem Grund aktuell gebremst oder gar gestoppt werden, was für die Bauindustrie insgesamt zu einer Herausforderung werden kann.

Bei den Rohstoffen sehen wir aktuell eine Entspannung, allerdings bewegen sich andere kostenrelevante Faktoren, vor allem durch Energiekosten beeinflusst, noch immer nach oben. Diese Aussage kann vielleicht morgen schon wieder falsch sein. Es ist also schwierig und heikel und es lässt sich auch kein neuer Trend erkennen. Aktuell ist es praktisch unmöglich eine Einschätzung über einen längeren Zeitraum zu treffen. Langfristige Einschätzungen und Aussagen wären sogar fahrlässig. Alukönigstahl hat mit dem Prinzip „Fahren auf Sicht“ einen Weg etabliert, bei dem wir Anforderungen und Entscheidungen in kürzeren Zyklen hinterfragen und prüfen um damit unseren Kunden und auch den Projekten die Chance einer Optimierung offenlassen. Wir versuchen also transparent und kurzfristig auf die Bewegungen am Markt zu reagieren. Gemeinsame Optimierungsprozesse sowie eine genaue Definition der Bestellabläufe können dazu beitragen, die Kostensituation zu optimieren. Alukönigstahl ist nach Kräften bemüht, für jedes Projekt und jeden Kunden ein optimales Paket zu entwickeln und als verlässlicher Partner und Lieferant aufzutreten.

Ghezzo: Wie geht Ihr mit der Situation rund um Lieferketten um?

 Messner: Alukönigstahl konnte sich bis dato sehr gut auf die Veränderungen und Schwierigkeiten der Lieferketten anpassen, aber auch dieses Thema kann täglich neue Herausforderungen bringen. Die Preisentwicklungen am Markt sind das eine, aber eigentlich haben die Lieferketten einen noch größeren Einfluss auf die Wirtschaft. Die Themen hängen auch zusammen. Aber, stehen die Lieferketten, steht alles. Wir sehen, dass Lieferanten anderer Gewerke wesentlich größere Probleme haben oder Kunden anderer Gewerke teilweise kein Material bekommen. Ich denke in diesem Zusammenhang gibt es jede Ausprägung. Alukönigstahl ist bemüht, die Situation mit seinen Partnern und Lieferanten permanent zu prüfen und zu besprechen, um in jedem Fall lieferfähig zu bleiben. Auch wenn sich Lieferzeiten teilweise stark verlängert haben, können wir behaupten die Situation aktuell gut im Griff zu haben. Wir alle wissen, dass die Industrie und damit auch Lieferketten stark von der Versorgungssicherheit mit Energie abhängig sind, Stichwort Gas. Was uns hier längerfristig erwartet ist also nicht einschätzbar. Ich bin aber überzeugt, dass in diesem Zusammenhang, vor allem bei Großprojekten, ein kontinuierlicher Austausch wichtig ist, um Sicherheit im Projekt und dem gesamten Projektverlauf zu bekommen. Alukönigstahl steht gerne als Ansprechpartner zum Status Quo und zur weiteren Einschätzung zur Verfügung. Sofern möglich, geben wir alles, um das Rad am Laufen zu halten.

Ghezzo: ESG und Regulatorien in Richtung Nachhaltigkeit machen Druck auf die Bestandshalter. Welche Maßnahmen empfiehlst Du?

Messner: Das oder diese Themen betreffen die Bauherren, Investoren, Projektentwickler und Besthandhalter noch sehr unterschiedlich. Man spürt auch Unsicherheit in dem Zusammenhang, da einfach noch die Erfahrung fehlt, die Themen aber in aller Munde sind. Wichtig ist sich damit zu beschäftigen; das gilt auch für die Industrie. Wir müssen Produkte und Informationen liefern können, die ESG-Kriterien aber auch die Nachhaltigkeit von Immobilien beeinflussen oder unterstützen. Alukönigstahl beschäftigt sich sehr intensiv mit diesen Themen und ist auch gut vorbereitet. Empfehlen würde ich zum einen, sich verstärkt mit Gebäudezertifikaten zu beschäftigen, z.B. dem ÖGNI, da diese Themen im Rahmen der Zertifizierung behandelt werden, sowohl für Neubau aber speziell auch für Bestandsprojekte. Speziell im Zusammenhang der Immobilienbewertung werden Zertifikate zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Zum anderen sollte der Fokus auf ressourcenschonende, langlebige und vor allem kreislauffähige Bauprodukte gelegt werden. Mit unseren SCHÜCO-Aluminiumsystemen können wir hier auch einen nachhaltigen Beitrag leisten. Speziell die Gebäudehülle bietet bereits sehr viele technologische Möglichkeiten, um Projekte in diesem Zusammenhang zukunftssicher zu machen. Die Immobilien-/Bauwirtschaft sollte auch vorsichtig sein, dass der eine oder andere Trend, z.B. der auffällige Trend aktuell alles mit/in Holz bauen zu wollen oder zu müssen, nicht zum nächsten Problem führt, Stichwort Kosten und Ressourcen. Wir werden für die Immobilien der Zukunft jede Ressource benötigen und, je nach Projekt bzw. Nutzung, einen guten Ressourcenmix für ein nachhaltiges Gleichgewicht finden müssen.

Ghezzo: Alternative Energien integriert in Fassade, Fenster und Dach: Wie seht Ihr das Thema? Welche Möglichkeiten gibt es?

 Messner: Das Thema ist sehr spannend und vielseitig, für uns als Systemlieferant aber nicht mehr neu. Nachdem der Druck immer größer wird, Gebäude auch als Energieproduzenten zu nutzen, es wird ja auch bis zu einem bestimmten Grad vorgeschrieben, kommt jetzt langsam Bewegung in das Thema. Alukönigstahl hatte – gemeinsam mit unserem Partner Schüco – bereits vor vielen Jahren, wie das Thema Photovoltaik boomte, Lösungen für gebäudeintegrierte Photovoltaik im Zusammenhang mit der Gebäudehülle, also Dach und Fassade. Ein PV-Modul ist ja nichts anderes als eine Scheibe und kann somit wie jede andere Scheibe in jede Art einer Rahmenkonstruktion (Fenster, Tür, Fassade, Dach, Brüstung) eingesetzt werden. Technisch stellt das keine Herausforderung dar. Wichtig ist die standortspezifische Analyse des Projektes in Bezug auf Effizienz und der Wirtschaftlichkeit als Entscheidungsgrundlage. Wir können hier bereits auf viele Referenzen zurückgreifen, die wir auch über unsere Beratung einbringen können. Die Technologie hat sich auch so weit entwickelt, dass die architektonisch hochwertigen Glas-Glas-PV-Module annähernd an die Effizienz der einfachen Standardmodule herankommen. Der Vorteil, viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben, sehr große und individuelle Module herstellen zu können, verbindet alternative Energiegewinnung und hochwertige Architektur bei Immobilienprojekten.

Das Thema ist aber noch breiter, da man auch Themen wie Kühlen und Lüften nicht vergessen darf. Mit der Automatisierung von Öffnungselementen und einer intelligenten Steuerung kann man kontrollierte Fensterlüftung oder Kühlung (Stichwort Nachtauskühlung) durchführen und entlastet damit die Haustechnik eines Gebäudes. Durch technische Lösungen Energie zu sparen und natürliche Ressourcen zu nutzen gehört auch zu diesem Thema. In diesem Zusammenhang muss man auch den Sonnenschutz erwähnen, ohne den eigentlich kein Gebäude mehr funktioniert. Es würde hier auch noch weiter gehen, z.B. mit Doppelfassaden. Die weiteren Lösungen werden aber komplexer und aufwändiger. Wichtig ist in diesem Zusammenhang bereits sehr früh in der Planung alle Möglichkeiten zu analysieren und zu diskutieren, um Schritt für Schritt ein optimales, auf das Projekt, die Nutzung und den Nutzer abgestimmt Konzept, zu entwickeln. Hier gehören die wesentlichen Planer (Architekt, Bauphysik, Haustechnik, Fassade) sehr früh an einen Tisch. Wir unterstützen diese Prozesse mit unserem Knowhow und unserem Portfolio an Lösungen und Produkten sehr gerne.

Ghezzo: Ein weiterer Trend ist Fassadenbegrünung. Wie steht es bei Euch damit?

 Messner: Durch dichte Bebauung und wärmespeichernde Beton- und Asphaltflächen leiden viele Großstädte unter dem Heat-Island-Effekt, bei dem die Luft kaum zirkulieren kann und die Temperaturen in den Städten immer mehr steigen. Autoabgase und die Abwärme von Klimaanlagen tragen ebenfalls zur Aufheizung und Luftverschmutzung bei. Deshalb gibt es diesen Trend zu grünen Gebäuden mit Pflanzen an Fassaden, auf Terrassen, Balkonen und Dächern. Wir, Alukönigstahl, begegnen diesem Trend mit einer neuen Fassadenlösung, der Schüco AF UDC 80 Green Façade, bei der die Pflanze praktisch direkt in der Fassade wächst, also keine bodengebundene Lösung.

Bepflanzte Fassaden bieten viele Vorteile: Sie verbessern das Stadtklima durch die Aufnahme von CO2 und säubern die Luft von Feinstaubpartikeln und Schadstoffen. Gleichzeitig produzieren grüne Fassaden Sauerstoff, gleichen Grünflächenverluste aus und beleben und verschönern das Stadtbild für mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig trägt die begrünte Fassade auch zum Schallschutz und der Lärmminderung bei, da die Bepflanzung Schallwellen schluckt und damit die Geräuschkulisse in Großstädten positiv beeinflusst.

Begrünte Fassaden sind also sicher ein wertvoller Beitrag für den Klimaschutz und vor allem das Klima in Städten. Eine große Chance hat das Thema aus den vorgenannten Gründen in der innerstädtischen Bestandssanierung. Wir werden sehen, wie es hier weitergeht und unterstützen hier gerne alle Projektbeteiligten, Architekten, Fachplaner und auch den Bauherren. Speziell die Bauherren sind entscheidend und müssen von diesen neuen Möglichkeiten überzeugt sein.

Ghezzo: Die Kreislauffähigkeit von Fassaden wird zu einem extrem wichtigen Punkt. Wie sieht das bei Euren Produkten aus? Wird das in der Praxis auch umgesetzt?

 Messner: Es gibt immer mehr Projekte, national und international, bei den dieses Thema auch eine Anforderung darstellt. Über z.B. Cradle-2-Cradle-Nachweise ist das Thema auch bei den Bauprodukteherstellern angekommen und wird bereits in der Praxis gefordert. Alukönigstahl hat auch dieses Thema angenommen und entwickelt, gemeinsam mit unserem Partner SCHÜCO, kreislauffähige Produkte Basis des Cradle-2-Cradle (C2C) Prinzips. Beim Werkstoff Aluminium setzt dieses Prinzip bereits beim Produktionsprozess an und umfasst den gesamten Produktzyklus: Gewinnung und Verwertung der Rohstoffe, Verarbeitung und Lebensdauer sowie Recyclingfähigkeit. Insbesondere in der Rezyklierung hat Aluminium wesentliche Vorteile gegenüber anderen Materialien. Denn: Um Alt-Aluminium aufzubereiten, werden nur etwa fünf Prozent der Energiemenge benötigt, die für die Herstellung von Primär-Aluminium notwendig ist. Es ist an der Zeit, das Bewusstsein für das herausragende Potenzial von Aluminiumprodukten in Fassaden zu Schärfen und bereits vorhandene Lösungen unmittelbar verstärkt zu nutzen. Innerhalb unseres Portfolios können wir bereits für die meisten Produkte aus dem Fenster-, Tür- und Fassadenbereich C2C-Zertifikate vorweisen, um kreislauffähige Projekte mit den entsprechenden Nachweisen und Zertifikaten optimal begleiten zu können.

Treffen Sie Stephan Messner persönlich auf unserer Konferenz Ghezzo Immobilientag Starke Regionen.

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