Close the Circle II: Rückblick zur Konferenz für Kreislaufwirtschaft und Energiewende

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Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns Ghezzos sicher eines der präsentesten überhaupt. Wir arbeiten seit fast 2 Jahrzehnten daran, es in den führenden Köpfen der Wirtschaft zu verankern, bieten Plattformen für Wissenstransfer an und schaffen Platz für Austausch und ein Netzwerk von Gleichgesinnten. Fast bitter-süß ist es, dass – kaum hat sich der gesetzliche Rahmen geändert – nun das Interesse an unseren Konferenzen für Kreislaufwirtschaft durch die Decke geht. Am 27. September fand unsere Konferenz CLOSE THE CIRCLE in Kooperation mit dem ÖGV statt. Im Palais Eschenbach trafen sich um die 100 Entscheider*innen, Vordenker*innen – schlicht Menschen, denen beruflicher Erfolg UND die Zukunft des Planeten wichtig ist.

Download der Unterlagen

 

Einer davon war Martin Rohla, der den Vortragsreigen mit einem überraschenden Geständnis eröffnete: er, der als Impact-Investor und Vorzeige Green-Entrepreneur gilt, hat zuerst einfach nur Greenwashing betrieben. LOHAS – Lifestyle of Health and Sustainability – war doch zuerst nur Marketing-Schmäh für den damaligen Apothekerbetreiber. Doch das hat sich massiv geändert und nun brennt Rohla für alle Aspekte der Nachhaltigkeit. Eines seiner Lieblingsprojekte HABIBI & HABARA hat dabei einen besonderen Impact: die Angst vor dem Fremden verschwindet, wenn Kopftuchträger*innen Schweinsbraten servieren und syrische Migrant*innen das Weinglas nachfüllen. Eine Revolution des Kapitalismus bahne sich an, meint er, und um Teil davon zu sein, gilt es, sich folgende 3 Fragen zu stellen: Bin ich tapfer? Ist es gerecht? Ist es klug?

Diese Fragen haben sich vielleicht auch die Verfasser*innen der Vision der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie gestellt, die uns Thomas Jakl vom Bundesministerium für Klimaschutz vorstellt: In Österreich ist eine nachhaltige Gesellschaft und Wirtschaft verwirklicht, die eine materielle und weitestgehend aus erneuerbaren Quellen gespeiste energetische Ressourcennutzung innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit der Erde ermöglicht, sodass die Natur- und Lebensgrundlagen für heutige und zukünftige Generationen sichergestellt werden, sowie einen hohen Wohlstand, Gesundheits- und Lebensstandard und Wohlergehen für die Menschen schafft.

Ein Vorzeige-Unternehmen der Kreislaufwirtschaft ist sicher Refurbed. Dem Gründer Kilian Kaminski geht es dabei nicht nur um die großen Würfe: Wenn wir alle in der Lage sind, uns ein bisschen zu verändern, ist das schon sehr viel wert. Wir brauchen nämlich nicht immer „neue“ Geräte. Unternehmen und Behörden könnten voran gehen und refurbished Geräte verwenden. Ghezzo macht’s vor: wir setzen bei unseren Veranstaltungen Geräte von AfB ein.

Vor jeder Veränderung gilt es erstmals den Statusquo zu kennen, zu messen und zu bewerten. Stephan Nestl-Röschel vom TÜV SÜD hilft Unternehmen den eigenen Carbon Footprint zu kennen. Erdgas-, Stromverbrauch, Mobilität – da kann man schnell Schlüsse ziehen. Bei komplexen Produktionsabläufen usw. helfen Benchmarks und wissenschaftliche Publikationen. Dann kann man sich daran machen, das Potential zu finden um die eigenen Emissionen zu senken.

Wenn das nicht geht, heißt es: Kompensation. Damit dies verantwortungsvoll passiert, gibt es gemeinnützige Unternehmen wie myclimate. Christof Fuchs berichtet mit wieviel Sorgfalt die Projekte zur Kompensation ausgewählt und betreut werden. Notwendig ist die Kompensation, weil die Emissionen in Europa immer noch jährlich enorm ansteigen.

Dreh und Angelpunkt der Kreislaufwirtschaft ist Abfallwirtschaft. Josef Scheidl von Brantner fordert erstmal die Ärmel hochkrempeln, um Veränderung zu schaffen. Sein Appell: Ordentliche Mülltrennung ist das Wichtigste. „Wir können aus eurem Biomüll euren Kompost herstellen, aber nur, wenn sauber getrennt wird. Wir wollen den Kreis(-lauf) enger schließen und mehr Sekundärprodukte produzieren.“

Praxis

Was machen mit dem Altplastik? Die Frage stellt sich Wolfgang Hofer von OMV. Und er hat auch eine Antwort: RECYCLEN und WIEDERVERWENDEN! Wichtig ist, dass die Endprodukte wieder in den Kreislauf fließen.  Dazu gibt es das Projekt ReOil. Wolfgangs Erfahrung dazu: Innovation wird zuerst belächelt, dann bekämpft und dann als selbstverständlich angesehen.

Jemand, der sich schon früh mit Kreisläufen beschäftigt hat, ist Reinhard Backhausen. Er begleitet u.a. Unternehmen wie Wolford, dessen kompostierbaren BH er als ein schönes Beispiel für eine gelungene Umsetzung sieht. Ein weiteres Beispiel bringt Sabine Nadherny-Borutin, Obfrau ÖCC², bei der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Ursula Oberhollenzer: die steirische Weinflasche seit Ende der 90er. In dieser Runde – ergänzt durch Stefan Blachfellner, Managing Director, Circular Economy Forum Austria und Christian Müller-Guttenbrunn, CEO MGG, ist das Resümee: wenn Politik, Wirtschaft und Bevölkerung an einem Strand ziehen sollen, braucht es eine gemeinsame Sprachregelung, Austausch und einen Bildungsschwerpunkt.

Die Transformation in der Baubranche schaut Erich Bensichek (Blaue Lagune) an. Im Jahr 2023 neu eröffnenden Bauzentrum wird man die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten bewundern können.

Mit Recht EU-Taxonomie und Co

Den Nachmittag der Konferenz hat Eva Aschauer, Head of ESG | Partner Advisory der TPA, eröffnet. Sie hat starken Banken-Background und berichtet: Die Nachfrage nach nachhaltigen Anlageformen hat sich in den vergangenen Jahren massiv erhöht (privat und institutionell). Bei der Finanzierung schlagen u.a. durch SFDR -Sustainable Finance Disclosure Regulation EU-Taxonomie Europäische Finanzmarktrichtlinie UN Principles for Responsible Investment und -Banking Gundula Weber (AIT) und Klemens Marx (Viridad) schauen sich die EU-Taxonomie näher an: Die EU-Taxonomie ist Teil eines kohärenten Regelwerks, das auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ausgerichtet ist. Diese ist für Unternehmen nur durch einen Transformationsprozess entlang der Wertschöpfungskette und durch konsequente Digitalisierung bewältigbar.

Mit der praktischen Umsetzung ist Fritz Ploier (6B47) befasst: „Besser jetzt anfangen mit einer gewissen „Unsicherheit“, als gar nicht.“

Energiewende

Die Energiewende hat nicht nur Klimaschutz zum Ziel. Wir sehen, dass die Abhängigkeiten von Fossilen Brennstoffen gerade in Europa sehr problematisch ist. Dazu diskutierten auf der Close the Cirlce II Josef Hackl, CEO, Wild Gruppe, Stephan Messner, Prokurist, ALUKÖNIGSTAHL, Harald Proidl, Leiter Ökoenergie und Energieeffizienz, E-Control und Wolfgang Scheibenpflug, Senior Vice President Real Estate and Landside Management, Flughafen Wien AG.

Harald Proidl weiß: wir werden über den Winter kommen, aber sowohl Unternehmen, als auch die Politik müssen sich um alternative Energien bemühen. Spannende Perspektiven gibt es im Wasserstoff und in der Geothermie.

Mindset

Kooperation ist das wichtigste Mittel um Kreisläufe zu schaffen. Dabei gilt nicht: Kreislaufwirtschaft macht es billiger. Aber das darf auch nicht der Anspruch sein. Zusammen findet man jedoch Lösungen, die nachhaltigen unternehmerischen Erfolg schaffen. Zu diesem Schluss kommt ein Podium bestehend aus Reinhard Backhausen, Josef Scheidl, Martin Schiefer, Schiefer Rechtsanwälte, und Dieter Eichinger, Head of Standardization and Innovation, Secretary-General of BISFA.

Doch da gibt es den Mind-Behaviour Gap. Wir machen es anders als wir sollten und wissen das auch.  95% unserer Handlung werden von dem unbewussten Teil des Gehirns gesteuert. Gute Nachricht von Jeanny Gucher und Teresa Zimmermann (ourpatterns): In den nächsten 5-15 Jahren erwartet uns ein globaler Mindset Shift. Der wird zwar nicht friktionsfrei sein, wird aber einen Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben.

Zum Abschluss kam noch einmal die Wirtschaft zu Wort. Wie kommen wir zu einer Kreislaufgesellschaft auf Basis einer Kreislaufwirtschaft. Es diskutierten Günter Grabher, Smart-Textiles Platform Austria, Gerald Kerbl, Steuerberater und Partner, TPA und Georg Stadlhofer, Geschäftsführer, Drees & Sommer. Es zeigt sich, dass momentan die Legislative und Regulierung der große Motor ist. Das Bewusstsein hinkt hinterher.

Wir wollen den Change weiter fördern. Dazu hat Gudrun Ghezzo ein Kinderbuch geschrieben, das die Firma Gugler für uns nachhaltig gedruckt hat und Sie gegen eine Spende an die Caritas Katastrophenhilfe bei uns bestellen können (info@ghezzo.at).

Zusammen mit Martin Schiefer haben wir den CTC-Award ins Leben gerufen, der ab September 2023 Projekte in Sachen Kreislaufwirtschaft auszeichnet und vorstellt.

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