1. TÜV SÜD Leadership Symposium am 03. April 2019 in Wien – ein Rückblick

by Alexander Ghezzo

Autorin: Gudrun Ghezzo, Partner bei Ghezzo GmbH, Moderatorin, Führungskräftecoach
Menschen – Werte – Management lauteten die Schlagworte, um die es an diesem Tag ging. Genauer gesagt haben wir hier die Top Herausforderungen für die Führungskräfte bearbeitet, die wir gemeinsam mit einem Advisory Board identifiziert haben:

Enger zusammenarbeiten und Grenzen abbauen

Zusammenarbeit verbessern gelingt nur dann, wenn man bestehende Grenzen überwinden kann. „Hinterfrage gegebene Strukturen, hinterfrage Barrieren anstatt sie einfach zu akzeptieren“, gibt uns Stefan Rentsch, CEO TÜV SÜD Region CEE mit. Andererseits kann man Grenzen nicht einfach per Dekret aufheben, wo sie jahrelang Bestand hatten: Jeder Mensch hat andere Gründe, warum er an Grenzen festhält – genau diese gilt es zu erspüren und damit umzugehen, weiß Mark Winkler, Head of Innovation bei Kapsch. „Vertrauen nach innen und außen aufbauen, und einfach mal machen dürfen!“ sehen Florian Schwillinski (economixs) und Marc Guido Höhne (Geschäftsführer, Drees und Sommer Österreich).

„Willst Du in Deinem Unternehmen etwas völlig anders machen, dann lasse es zu, dass völlig anders Denkende das Wort ergreifen und respektiere ihre Entscheidungen.“

Digitalisierung und KI

Neue Möglichkeiten der Interaktion sind über Digitalisierung und KI (ein einheitliches Verständnis, was KI eigentlich ist, gibt es nicht!) nicht aus Gegenwart und Zukunft wegzudenken. Wir werden die Chancen nützen und mit sozialer, emotionaler und logischer Intelligenz damit umgehen, lautet der Appell, den Mark Winkler (Kapsch), Paul Kleinrath (Signon), Emanuel Führer (Wohnnet), Christian Lämmerer (Top Media Verlagsservice) und Wolfgang Spitz (RE/MAX Austria) unterstreichen.

Digitale Kommunikation ist aus keinem Kontext mehr wegzudenken, Funktionalität und Bequemlichkeit scheinen sogar vor Datenschutz und Sicherheit zu stehen. Paul Kleinrath (Signon) zitierte die DSGVO gar als „Konjunkturpaket für Rechtsanwälte“, und Matheo Buzzi, der stellvertretende Schulsprecher der HTL Mödling gab zu bedenken, dass sich 95% der jungen Menschen in seinem Umfeld erst gar keine Gedanken über Datenschutz machen. „Vielleicht kommt das bei uns in ein paar Jahren ins Bewusstsein, wenn die Firmen, bei denen wir uns bewerben, schon alles über uns wissen, weil wir unser Leben gepostet haben“ überlegt er. Und während sich eingesessene Unternehmen noch Gedanken darüber machen, wie sie mit Online Bewertungen überhaupt umgehen sollen, zeigt sich die Jugend deutlich entspannter: „Wir lassen eben ab und zu Dampf ab im Internet, das fällt uns leichter als face to face. Das Internet ist manchmal toxisch, aber das soll man doch nicht überbewerten, nur weil einmal jemand einen schlechten Tag hatte!“

Thema Nachhaltigkeit: Müssen / können Unternehmen die Welt retten?

„Wir brauchen die Welt nicht zu retten, wir sind schon am richtigen Weg. Und wenn wir nur die 3 göttlichen Prinzipien Glaube, Hoffnung, Liebe und die vier Kardinaltugenden Tapferkeit, Bescheidenheit, Klugheit, Gerechtigkeit in unserem Handeln walten lassen, dann machen wir die Welt jeden Tag ein kleines bisschen schöner“, ist Martin Rohla, Nachhaltigkeitsinvestor und CEO von Goodshares überzeugt. Besonders gefreut hat mich, dass Bundesministerin Elisabeth Köstinger zwar nicht persönlich dabei war, aber eine exklusive Nachricht an die Führungskräfte per Video aufgezeichnet hat: „Gute Führungskräfte zeichnet aus, dass sie Werte wie Nachhaltigkeit leben, neue Wege dazu beschreiten und auch MitarbeiterInnen auf diesen Weg mitnehmen.“

Menschen begeistern: „Ist der Arbeitgeber einfach nur der Brötchengeber, oder ist er soziale Heimat und Kraftquelle?“

Diese Frage wurde vom Publikum mit reger Beteiligung und nur einer Gegenstimme eindeutig zugunsten der sozialen Heimat beantwortet. Nathalie Bertl, Schulsprecherin der HTL Mödling ist positiv überrascht darüber: „Wir erwarten im Job eine soziale Heimat, wir wollen nicht einfach nur ständig wechseln. Aber wir sind eben auch neugierig auf Herausforderungen, und wenn wir die bei einem Arbeitgeber nicht finden, dann suchen wir uns eben was Neues.“

Begeistert war sie auch von der Idee des Mitgestaltens, wie sie Denis Marinitsch, HR und Organisationsentwickler bei Attensam vorgestellt hat. Michael Altrichter, Business Angel und Impact Investor erlebt die jungen Menschen wie folgt: „sie sind so unheimlich begeisterungsfähig, das ist ein riesen Asset, wenn sie eine Idee mal echt cool finden, dann zeigen sie richtig viel Einsatz und Risikobereitschaft.“

„Gestern haben sich Menschen bei Unternehmen beworben, heute bewerben sich Unternehmen bei den Menschen“ – so lässt sich diese Podiumsdiskussion am besten zusammenfassen, an der sich außerdem noch Klaus Fronius und Heike Trammer (Audit berufundfamilie) beteiligt haben.

Mario Strasser (St. Stephens) fügt dem noch hinzu: „Erst wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Unternehmen begeistert sind, werden sie zu echten Botschaftern. Und Botschafter sind die neuen Verkäufer!“

Welche Bedeutung haben Zertifizierungen, und welchen Nutzen?

„Zertifizierungen nach weltweit anerkannten Standards mit weltweit anerkannten Experten führen dazu, dass sich in einem globalisierten Unternehmen alle Standorte auf dieselben Standards und aufeinander verlassen können – auch die Kunden!“ nennt Otto-Wilhelm Herschmann von AVL List die wesentlichen Vorteile von zertifizierten Managementsystemen. Die HTL Mödling hat sich durch Schweißzertifizierung die Möglichkeit eröffnet, Produkte aus der schuleigenen Werkstatt auch als statisch tragende Elemente im eigenen Schulareal nützen zu können. Bei so viel Reglementierung könnte die Zertifizierung auch zur anonymen und austauschbaren Dienstleistung werden. „Wir brauchen einen verlässlichen Zertifizierungspartner, die alle Sprachen sprechen, die normübergreifende Kompetenzen haben und die uns auch einen echten Mehrwert bieten. Das finden wir beim TÜV SÜD!“

Erfolge und Misserfolge meistern

Gerhard Scheucher, Buchautor und Speaker gab uns über das Scheitern mit: „Scheitern ist kein Ereignis, sondern ein Prozess, und erst rückblickend erkennt man, ob man gescheitert ist oder erfolgreich war. Lasst uns also kein großes Drama daraus machen, dass wir scheitern. Wenn wir die Biographien von Nobelpreisträgern lesen, sind das durchwegs Biographien des Scheiterns – bis zu den wenigen Augenblicken, in denen sie wirklich erfolgreich sind. Das einzige Erfolgsrezept, das wir alle beachten sollen, lautet: Einmal öfter aufstehen, als du hingefallen bist!“ Oliver Kahn spricht die selbe Sprache: „Im Sport ist es ganz normal, dass Du lernst, zu verlieren, daraus zu lernen und damit umzugehen. Warum ist das in Gesellschaft und Wirtschaft noch so schwierig?“ Man muss aber auch wissen, aus welchen Misserfolgen man lernen kann und aus welchen nicht. „Wir alle kennen die Situationen, in denen wir einfach sagen können ‚shit happens‘ und daraus kannst du nicht viel mehr lernen. Da ist nur wichtig zu wissen, was mache ich jetzt? Wie sieht mein nächster Schritt aus? Und wie geht’s dann weiter?“ präzisiert Oliver Kahn. Und bezüglich Misserfolg und Erfolg weiß er als Sportler und Unternehmen auch, wovon er spricht. „Erfolg ist zu 95% die Fähigkeit, sich zu fragen, wo möchte ich anders sein und was kann ich besser machen? Und die 5% Zufall und Glück nehme ich dankbar an“ – so fasst Oliver Kahn die Erfolgsgeschichte seines Lebens zusammen.

Werte leben – Rahmen und Grundlage unseres Handelns und inhaltlicher Rahmen unseres Symposiums

Die einzige Möglichkeit, meine Werte zum Ausdruck zu bringen, ist: sie in meinem Verhalten wieder und wieder zu verankern und zu zeigen. Werte müssen sich in unseren Worten und Taten wiederspiegeln, um nicht wertlos zu sein.
Wir haben in die Runde gefragt: „Welche Werte sind Ihnen in Ihrem Unternehmen besonders wichtig?

„Jeder Mensch sollte am besten auf 5 Füßen stehen: Freunde, Familie, Beruf, Hobby und Humor. All das in Balance zu halten ist eine Grundvoraussetzung für Erfolg in allen Dimensionen des Lebens.“
Die Führungskraft sollte stets wissen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen viel mehr wissen, und dass es Zeit ist, sich immer mehr in die Rolle des Coaches zurückzuziehen. Nur so können neue, kreative Ideen im Unternehmen auch wachsen.
In diesem Sinne lassen wir das erste TÜV SÜD Leadership Symposium ausklingen. Was mich rückblickend an diesem Tag am tiefsten bewegt hat, ist die positive, menschliche und kraftvolle Stimmung, die Inspiration und Mut gezeigt haben, dass wir alle zusammen auf einem sehr, sehr guten Weg sind, eine ethische Führungskultur zu leben und Erfolg NEU zu schreiben: wirtschaftlich, gesellschaftlich und moralisch. Vielen herzlichen Dank an alle, die diese Geschichte mitschreiben!

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